"Saw 3" wäre ein recht runder und passender Abschluss der überraschend erfolgreichen, gar ein neues Horror-Genre begründenden Reihe gewesen - kein qualitativ guter, da man hier doch etwas zu sehr auf eher belanglose Querverweise und überbordenden Splatter-Quark setzte, aber immerhin ausgestattet mit einem recht harten Ende und einem konsequenten letzten Spiel. Aber nein, die Kuh muss natürlich weitergemolken werden und so fand sich "Saw 4" bereits während der Produktion des dritten Films in fester Planung. Die Zuschauer fragten sich nun zurecht, wie dies denn nun noch weitergehen soll... die Macher zaubern indes einige neue Mätzchen aus dem Hut, um Jigsaws Spiele fortführen zu können.
SAW IV
John Kramer (Tobin Bell) aka Jigsaw ist tot, ebenso wie seine Verbündete Amanda (Shawnee Smith). Dennoch finden die Spiele kein Ende und die Polizei, die mittlerweile mit dem FBI gemeinsame Sache macht, rätselt, wer denn der Unbekannte sein könnte, der nun Jigsaws Erbe trägt. Nach dem Fund der Leiche von Agentin Kerry (Dina Meyer) glaubt man schließlich, dass ein neuer Täter im Spiel ist... und dieser widmet sich nun SWAT-Teamleader Daniel Rigg (Lyriq Bent). Dieser erhält in einem neuen Folter-Parcour die Chance, am Ende den als verschollen geltenden Detective Eric Matthews (Donnie Wahlberg) zu retten, muss jedoch auch schwere Entscheidungen treffen, die mit weiteren Opfern in Einklang stehen.
Es ist tatsächlich erstaunlich, was sich die Macher und kreativen Köpfe hinter dieser verflixt erfolgreichen Horrorreihe im vierten Anlauf mittlerweile alles aus den Fingern saugen (müssen), um das Spiel noch weiterzutreiben. Nach dem Ableben des Haupt-Antagonisten stand zumindest zu befürchten, dass man sich nun mit noch kruderen Wendungen und Erklärungen hinauswinden wollte, aber auch hier bleiben die Macher ihrem Geflecht treu. Es ist verwirrend und verworren, nicht ganz leicht zu durchschauen, aber dennoch weichen sie Plotholes im weitesten Maße aus, verweben auf gar nicht mal so dumme Art und Weise die bisherigen Figuren, geben ihnen neue Anreize und binden sie in das neue Spiel mit ein.
Auch Tobin Bell, bisher halt immer der heimliche Star der Filme, ist, trotz des klaren Ablebens seiner Figur (dass er doch noch unter den Lebenden weilen könnte, wird direkt zu Beginn in einer ziemlich blutigen Autopsie-Sequenz dementiert), ebenfalls wieder dabei, indem sich die Macher bei dem Kniff der Rückblenden bedienen - im vierten Film erfahren wir nun also durch die Berichterstattung von Kramers Frau Jill Tuck, wie der krebskranke und anfangs noch so gütige Mann zu dem Monster wurde, welches er in den vergangenen drei Filmen darstellte. Diese Szenen sind dann auch überraschend gut gelungen und lösen einige Fragezeichen innerhalb dieser Figur - auch wenn der Wink hin zu einem verklärten Moralapostel, der Leben durch Folter retten möchte, weiterhin recht fragwürdig und gegensätzlich wirkt.
Recht verloren ist man auch dabei, den anderen Figuren noch etwas Leben einzuhauchen. Während die wichtigsten ihr Leben mittlerweile ausgehaucht haben, rückt die zweite Reihe nun nach, was für ein wenig Lethargie sorgt, denn viel Neues ist den Machern diesmal nicht eingefallen. Zwar setzen sie ihre zuvor aufgenommenen Storylines konsequent fort, verstricken sich aber erneut darin, unbedingt alles miteinander verweben zu wollen, was das Finale zu einem recht spannenden, aber auch übermotivierten Kauderwelsch macht. Eine überraschende Wendung gibt es zwar, es wirkt aber dennoch recht wirr... weniger wäre hier sicherlich mehr gewesen, besonders da man sich innerhalb des weiterhin recht üppigen Figuren-Ensembles aus verschiedenen Agenten, Polizeibeamten und Bösen, die eigentlich nur Marionetten sind, weiterhin anstrengen muss, um allen ihr passendes Ziel und ihre Seite zuzuschreiben.
Für wirkliche Spannung sorgt das aber nicht, da Regisseur Darren Lynn Bousman (mittlerweile sein dritter Film der "Saw"-Reihe) diesmal auch in Sachen Inszenierung über die Stränge schlägt, die verschiedenen, sich überlappenden Plotlines mit wildem Schnitt versieht und alles so laut und krachend erzählt, dass man Augen und Ohren nicht verschließen kann. Das ist schon sehr dicke Kost und hätte auch leiser, dafür aber intensiver erzählt werden können, ohne jeden kleinen Blick und Handgriff nicht noch einmal mit etlichen Cuts und lauten, schrillen Toneffekten zu untermalen - in den schlechtesten Momenten wirkt das sogar richtig lächerlich. Auch in Sachen Folterfallen steckt "Saw 4" ein wenig zurück. Zwar sind diese immer noch ausreichend böse, enorm blutig und natürlich langgezogen, aber richtig schocken tun uns diese nicht mehr, da Bousman schlichtweg nur noch sein Figurenensemble verbrät, um einen neuen Test zu etablieren. Das ist dann zwar blutig und wird Gore-Freunde freuen (auch wenn der Schnitt diesmal so fix ist, dass einige Brutalitäten schlichtweg vor den Augen des Zuschauers verschwimmen), aber es hinterlässt keinen emotionalen Punch mehr und bleibt somit ein Splatter-Fest, dem Sinn und Verstand nach wie vor verloren gehen.
Fazit: In cleveren Ansätzen verbindet sich "Saw 4" mit seinen Vorgängern, wirkt anhand etlicher Figurenverbindungen und Querverweisen aber auch arg übermotiviert und verworren. Wendungen um Wendungen willen sind ebenso die Folge wie erneute Fallenspielchen, die sich diesmal in ihrem eigenen Blut sudeln und dabei nicht mehr wirklich zu schocken wissen.
Note: 4
Kommentare
Kommentar veröffentlichen