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Geostorm

Man kann von Roland Emmerichs Filmen sicherlich halten was man möchte, aber eines konnte er: Die Welt auf die spektakulärste Art und Weise untergehen lassen. In "The Day After Tomorrow" ließ er die Menschheit einer neuen Eiszeit entgegenblicken und versenkte New York unter Fluten, in "Independence Day" machten Aliens das Weiße Haus platt und in "2012", bis heute die Mutter aller Katastrophenfilme, bot Emmerich über Flutwellen, Vulkanausbrüche und Erdbeben einfach alles auf, um den Planeten Erde von der Liste zu streichen. Emmerich hat sich von diesem Genre mittlerweile abgewandt... was verständlich ist, denn was soll nun noch kommen? Sein langjähriger Produktionspartner Dean Devlin übernimmt nun für ihn und liefert mit "Geostorm" den nächsten großen Blockbuster ab, der unsere Welt an den Rand des Untergangs drängt...

GEOSTORM


Nachdem der Klimawandel im Jahr 2019 seinen Tribut forderte, schlossen sich sämtliche Staaten des Planeten Erde zusammen. Angeführt von den USA und China erbauten sie im Weltraum ein Netzwerk von Satelliten, welche die tödlichen Wettervorkommnisse unter Kontrolle brachte. Erfinder und Bauer dieses Systems ist Jake Lawson (Gerard Butler), der nach seiner fristlosen Kündigung nun erneut zur Arbeit gerufen wird - der Wettersatellit hatte eine verheerende Störung. Lawson bricht ins All auf, um das System zu reparieren, während sich die Anzichten verdichten, dass es kein Unfall war. Auf der Erde geht Jakes Bruder Max (Jim Sturgess), der im Senat arbeitet, der Sache nach und macht eine grausame Enthüllung...

Um es gleich vorweg zu sagen: Ja, Dean Devlin profitiert sichtlich von seinen Erfahrungen, die er bei der Arbeit an Roland Emmerichs Blockbustern sammeln konnte, dementsprechend sind die bereits aus den Trailern ersichtlichen Szenen, in denen Großstädte den verheerenden Wettervorkommnissen zum Opfer fallen, auch hier erneut wahres Augenfutter. Tornados verwüsten Indien, eine Flutwelle rast auf Dubai zu, Hongkong versinkt in Feuer und Asche - auch wenn der letzte, intensive Funke fehlt und die Szenen nie ganz so dramatisch unter die Haut gehen wie in "2012" beispielsweise, weiß Devlin, wie er die Bilder zu inszenieren hat. Besonders während einer Szene, in welcher Rio de Janeiro heimgesucht wird, schleicht sich auch mal Gänsehaut ein, denn hier hat Devlin die Essenz aus starken Bildern, grandiosen Effekten und enormer Spannung angesichts der unaufhaltbaren Naturgewalten einfach perfekt im Griff.
Tatsächlich lässt er sich bis zu diesem Exzess aber ziemlich viel Zeit - der mögliche Weltuntergang rückt erst spät in den Fokus, zuvor konzentriert man sich auf die doch eher lauwarmen Konflikte der ebenso lauwarmen Charaktere und bindet zudem eine Verschwörungsgeschichte ein, die den Hauptteil der 112 Minuten Laufzeit ausmacht. Und hier beginnt das Gerüst dann auch merklich zu wackeln, denn das Skript des Filmes und seine reine Handlung nehmen es mit Logik und nachvollziehbaren Wandlungen und Wendungen nun wirklich nicht so genau. Emmerich konnte solcherlei Fehlpässe zumindest mit einem Spektakel sondergleichen überdecken, in "Geostorm" bekommen wir während der ersten Hälfte allerdings genug Zeit, um über die Zahnschmerzen verursachenden Dialoge und manch einen dramatischen Fehlkniff nachzudenken. Die Charaktere wirken wie vom Reißbrett, ihre Beziehungen untereinander bleiben reine Behauptungen und über die Ziele und Beweggründe der bösen Übeltäter decken wir auch lieber den Mantel des Schweigens - würde Devlin diese nicht auch mit einem kleinen Augenzwinkern präsentieren, wir würden uns im Angesicht des Weltuntergangs förmlich über sie totlachen.
Zum Glück nimmt Devlin dies aber auch nicht immer ernst, sorgt während einer rasanten Taxifahrt durch Florida auch immer wieder für ironische Untertöne, während die Welt um die Protagonisten herum in sich zusammenfällt. "The Day After Tomorrow" bildete die Ausnahme, ansonsten gilt hier, wie auch bei allen Emmerich-Filmen, das Gehirn dringend auszuschalten und sich einfach blenden zu lassen. Wem das gelingt, der dürfte sehr solide unterhalten werden, mit einigen fabulösen Actionszenen, starken Spezialeffekten (nicht alle sind gelungen, aber Ausnahmen bestätigen die Regel) und unterforderten, aber zumindest spielfreudigen Darstellern seinen Spaß haben.
"London Has Fallen"-Star Gerard Butler wird weiter auf seinen nächsten Hit warten müssen, in der Rolle als unkaputtbarer Supermann im All ist er aber nach wie vor gut besetzt. Ed Harris hat hingegen weniger zu tun, während Jim Sturgess und Andy Garcia als seltsam-krude Paarung immer wieder den nötigen Humor und auch ein wenig Dringlichkeit einfließen lassen. Wir Deutschen dürfen uns außerdem freuen, mit Alexandra Maria Lara auch eine Schauspielerin unserer Lande in einer überraschend großen Rolle innerhalb dieses Blockbusters zu sehen. Lara bleibt zwar verhältnismäßig steif und wird von den krachenden Bildern übertönt, aber man will es ja zumindest mal erwähnt haben.

Fazit: Krachender Endzeit-Thriller, der etwas langsam startet, schließlich aber doch die erhofften Actionszenen verbunden mit krachenden Effekten und intensiven Weltuntergangsszenarios bietet. Devlin spart auch nicht an Humor, was wichtig ist, denn Charaktere und genauer Handlungsdetails sind nahezu lächerlich dämlich gezeichnet.

Note: 3







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