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The Iceman

Das Filmangebot bei Amazon Prime ist, wie eigentlich bereits bekannt, ein wesentlich besser gefülltes und interessanteres als bei Konkurrent Netflix. Ein weiterer Vorteil gegenüber dem Streaming-Giganten, der sich besonders durch erstklassige Serienoriginale einen Namen gemacht hat, ist die Liste der Filme, die bald nicht mehr verfügbar sind. Prime bietet dem Kunden somit eine Auflistung an Werken, die schon bald gratis nicht mehr zur Verfügung stehen würden, sodass man die Filme, die man doch dringend noch sehen möchte, noch rasch nachholen kann... und dabei sind oftmals sogar Werke, die man sich sonst vielleicht gar nicht angesehen hätte. Und sich vielleicht auch nicht hätte ansehen müssen, wie der maue "The Iceman".

THE ICEMAN


Im Jahr 1964 lebt der polnische Einwanderer Richard Kuklinski (Michael Shannon) in New Jersey und arbeitet in der Herstellung illegaler Pornofilme. Dort gerät er in Kontakt mit dem Gangster Roy DeMeo (Ray Liotta), welcher den verheirateten Kuklinski schließlich unter seine Dienste stellt und ihn als Auftragskiller arbeiten lässt. Kuklinski geht dieser Arbeit über viele Jahre nach und verliert schon früh das Gefühl von Reue und Schuld. Schon bald muss er jedoch erkennen, dass er unter DeMeos Hand nicht mehr sicher ist...

In Hollywood scheint es schon längere Zeit in Mode zu sein, brutalen Killern und Straftätern, die seinerzeit für erheblich viel Angst und Schrecken sorgten, nach ihrem Ableben ein filmisches Erbe nachgehen zu lassen. Und so beruht auch "The Iceman" auf wahren Begebenheiten, die auch so ziemlich real wiedergegeben werden, da sich der echte Kuklinski später doch recht frei über sein Leben äußerte und auch Details wiedergab. Einen guten Film macht dies natürlich in der Regel noch lange und genau das ist die Krux dieses Werkes, an welchem ich leider kaum ein einziges gutes Haar lassen kann. 
Zum einen liegt dies an der Hauptfigur selbst, zu der ich niemals eine Bindung aufbauen konnte oder wollte, bleibt er uns doch weitestgehend fern und vollkommen unsympathisch. Wieso genau er sich eigentlich ohne größere Nachfragen in die Dienste des gefährlichen Roy DeMeo stellt und was genau beide für eine wacklige Beziehung führten, das bleibt hier enorm schwammig, sodass sich auch deren im Zentrum stehende Konflikt nie wirklich entladen kann, an der Oberfläche kleben bleibt. Das Skript vergisst es zudem, uns zu zeigen, wer dieser Richard Kuklinski eigentlich wirklich auf menschlicher Ebene war, was ihn zum Töten brachte und wieso er dies ohne ein weiteres Augenzwinkern tun konnte. Da werden uns Rückblenden eines ihn schlagenden Vaters zu Kinderzeiten gezeigt und natürlich auch die ruhigeren Momente innerhalb einer Familie... aber das reicht einfach nicht. Was genau Kuklinski antreibt und was in ihm vorgeht, daraus macht "The Iceman" weiterhin ein großes Geheimnis und schafft es daher nicht, uns irgendwie mit der Hauptfigur mitgehen zu lassen oder sie gar zu verstehen. 
Dass "Man of Steel"-Antagonist Michael Shannon diese fesselnd spielt, ist aber nicht von der Hand zu weisen - Shannon ist schließlich viel zu gut, um sich auch in einem solch katastrophalen Skript auch nur ansatzweise eine Blöße zu geben und liefert einige ganz starke Szenen ab. Von dem Rest des Casts kann man dies aber sicherlich nicht behaupten: "Black Swan"-Star Winona Ryder agiert hart am Rande der Überzeichnung und hat als besorgte Ehefrau eh nicht viel mehr zu tun, als sich um ihren Mann zu sorgen; an Chris "Captain America" Evans Darstellung dürfte seine unfreiwillig komische Hippie-Frisur das einzig Bemerkenswerte sein; und neben einem James Franco, der hier nur für einen klitzekleinen Moment auftritt, bleibt sogar der sonst stets so großartige Ray Liotta blass, der hier als Roy DeMeo nur einen klischeehaften Abzug seiner sonstigen Gangster-Rollen spielt... wobei es ihm in diesem Ansatz doch deutlich an Präsenz und Bedrohlichkeit fehlt. 
Das könnte auch die Schuld von Regisseur Ariel Vromen sein, der seine Schauspieler nicht gut genug zu führen weiß und dessen Inszenierung hier über weite Strecken einfallslos und blass bleibt. Er hat der Geschichte, die uns in dem Genre eben auch nichts Neues erzählt, keine prägnanten Bilder entgegenzusetzen, er erschafft keine passende musikalische Untermalung und verfehlt auch mit der Kameraarbeit seinen Sinn - alles wirkt eher wie spontan abgefilmt als passend durchkomponiert. Am Ende bleibt dann ein wirrer, flotter und oberflächlicher Zusammenschnitt eines realen Killers, welcher uns fern bleibt und somit nie einen bleibenden Eindruck hinterlässt - ein Film, der ganz viel erzählen und bieten möchte, dabei aber eine echte Nullnummer landet.
Fazit: Michael Shannon bietet eine Glanzleistung, der Rest des Films ist jedoch furchtbar oberflächlicher und ideenarmer Genre-Kitsch. Schwach inszeniert, ohne fruchtbare Ereignisse, leer und geistlos - da bleiben sogar Könner wie Ray Liotta und Winona Ryder ungenutzt auf der Matte stehen.

Note: 5+




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