Ich war seit fast drei Wochen nicht mehr im Kino! Das dürfte für die meisten Menschen der Normalfall sein, für mich jedoch ist es eine lange Zeit, besuche ich das Lichtspielhaus meines Vertrauens doch im Normalfall mindestens zweimal in der Woche. Schuld war ein Umzug - ich wohne seit drei Tagen in meiner ersten eigenen Wohnung! Diese Umstellung musste natürlich organisiert, geplant und durchgeführt werden, was ungemein viel Zeit und Nerven in Anspruch nahm - da musste sogar mein größtes Hobby zurückstecken. Nun bin ich jedoch zurück und habe mir, um wieder aktuell zu werden, gleich drei Filme im Kino angesehen. Den Anfang macht dabei "Wunder", auf den ich mich schon alleine wegen des herzerwärmenden Trailers gefreut habe...
WUNDER
August "Auggie" Pullman (Jacob Tremblay) kam entstellt zur Welt - nun soll er, pünktlich zur fünften Klasse, zum ersten Mal nicht mehr von seiner überbesorgten Mutter Isabel (Julia Roberts) unterrichtet werden und auf eine öffentliche Schule gehen. Anfangs scheinen sich die Sorgen von Isabel und ihrem Mann Nate (Owen Wilson) zu berechtigen - Auggie muss sich aufgrund seines Aussehens mit fiesen Kommentaren und ihn ignorierenden Schülern auseinandersetzen. Schon bald findet er jedoch Freunde, was die Sorgen seiner Mutter jedoch kaum mindert... dabei gerät auch Auggies ältere Schwester Via (Izabela Vidovic) ins Hintertreffen, die ihren Bruder zwar über alles liebt, jedoch damit hadert, stets nur die zweite Geige für ihre Familie zu spielen.
"Wunder" setzte sich in vielen Ländern sofort an die Spitze der Kinocharts, darunter auch in Deutschland, was aber eigentlich kaum überraschend ist - Filme über Außenseiter, die letztendlich doch gewinnen, was mit viel Familiendrama, leisem Humor und versierten Darstellern verbunden ist, treffen schließlich bereits seit Dekaden den Nerv des Publikums und auch wenn dabei nicht immer wirkliche Meisterwerke hervorkommen, tun sie doch genau das, was wir im Kino erleben wollen: Sie zaubern uns ein Lächeln aufs Gesicht, erwärmen unser Herz und schicken uns mit einem seligen Grinsen wieder in die reale Welt hinaus. Genau dies tut auch "Wunder", nicht mehr und sicherlich auch nicht weniger, wobei er sich zumindest in Sachen Inszenierung noch einige erfrischende Ideen zutraut.
So gibt sich der Film nicht damit zufrieden, nur auf seiner Hauptattraktion herumzureiten - zwar bleibt Auggie über die kompletten 113 Minuten das emotionale und verbindende Zentrum des Films, doch lässt das Werk nach circa einer halben Stunde auf überraschende Art und Weise auch andere Figuren zu Wort kommen. Dabei werden diesen Charakteren etliche Szenen gewidmet, die zuvor bereits gesehene Momente aus einem anderen Blickwinkel betrachten, dabei Konflikte anschieben oder auch mal lösen und das Geschehen auf der Leinwand somit niemals eintönig werden lassen. Ganz besonders stark zeigt sich dabei der Subplot (man mag ihn kaum so nennen, da es eines der zentralen Themen des Films ist) um Auggies Schwester - sie liebt ihren Bruder und trotzdem muss sie immer wieder um die Aufmerksamkeit ihrer Familie kämpfen. Wie das junge Mädchen dabei trotzdem nicht Mut und Kraft verliert, das ist einer der schönsten und zugleich anrührendsten Ansatzpunkte, die uns "Wunder" bietet.
Natürlich kratzt er dabei auch die Themen an, die man sich von solch einer Geschichte erwartet: Der Zusammenhalt der Familie, das Finden von wahren Freunden und wie man für diese einsteht, seine Träume verwirklichen, die erste große Liebe finden und an vorderster Front, wie es ist, wenn man nicht akzeptiert wird. Die Thematik des Mobbings ist einer der Grundpfeiler des Films und auch wenn man sich mit dieser noch ein wenig tiefer hätte auseinandersetzen können, einige vorherrschende Konflikte entweder sehr schnell oder einfach gar nicht zu Ende gebracht werden, was zu einem zwar sehr bewegenden, aber auch etwas kitschigen Ende führt... man kann nicht umhin zu sagen, dass "Wunder" mit vielen Dingen, die er so erzählt, schlichtweg Recht hat. Das ist nichts Neues und das hat man in diesem Genre auch schon mehrere Male gesehen, dafür wird es aber so charmant und reflektiert erzählt, dass man sich dem nur zu gerne ergibt. Der schlagfertige Humor geht dabei Hand in Hand mit manch einer emotional treffsicheren Szenerie, sodass ein Sammelsurium der Gefühle entsteht, dem man sich nur schwer entziehen kann.
Schauspielerisch glänzt dabei natürlich besonders "Raum"-Star Jacob Tremblay - wie der junge Darsteller es sogar hinter der erstaunlich realistischen Maske noch schafft, solch eine enorme Palette an Gefühlen aufzuzeigen, ist einfach unglaublich. Neben einem herrlich gewitzten Owen Wilson, einer charmanten Julia Roberts und besonders den beiden Jungstars Izabela Vidovic als Auggies Schwester "Suburbicon"-Star Noah Jupe ist es aber, nicht gerade überraschenderweise, Mandy Patinkin, der sich als echter Szenendieb erweist. Kein Wunder, beherrscht der bärtige Charakterdarsteller doch auch die Thriller-Serie "Homeland" seit nunmehr sechs Staffeln mit seiner enormen Präsenz, weswegen er auch hier als warmherziger Rektor mit einem wunderbar witzigen Namen jegliche Szene, in welcher er zu sehen ist, ohne Mühen, dafür aber mit enorm viel Ausdruckskraft, an sich reißt.
Fazit: Herzerwärmender Familienfilm, der viele Themen anfasst und sich ihnen mit Charme, Witz und Mut widmet. Die Darsteller überzeugen, auch dass man die präsenten Nebencharaktere mit eigenen Plots ausstattet, funktioniert überraschend gut und sorgt rundum für ein herzliches und unterhaltsames Kinovergnügen.
Note: 2-
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