Dass eine moderne Serienstaffel über zwanzig Folgen beinhaltet, ist heutzutage eine Seltenheit geworden. Zu Zeiten von "Lost" und "Prison Break" war dies noch normal, heute knackt man selten eine Episodenanzahl von fünfzehn Folgen pro Season - was kein Qualitätsmerkmal ist, ganz im Gegenteil. Gerade bei vielen Folgen, die jedoch in der selben Zeitspanne abgedreht werden müssen, ist eine schwindende Qualität im Grunde viel wahrscheinlicher. Das ist jedoch kein Problem für "Blacklist", denn auf inszenatorischer und schauspielerischer Basis ist die Serie weiterhin mehr als zufriedenstellend. Die Schwierigkeiten der Crime-Serie liegen, wie bereits in der Vorgänger-Staffel, in anderen Bereichen...
THE BLACKLIST - STAFFEL 2
"Berlin" (Peter Stormare) ist noch nicht tot und Raymond Reddington (James Spader) steht daher weiterhin im Fadenkreuz. Während er damit beginnt, die einzelnen Drahtzieher von Berlins Männern zu finden und aus dem Weg zu räumen und schließlich das Geheimnis der Jagd auf ihn zu enträtseln, untersteht er auch weiterhin dem FBI. Diesem möchte er jedoch nur noch mit seiner "Schwarzen Liste" aus bislang unbekannten Schwerverbrechern dienen, wenn Elizabeth Keen (Megan Boone) weiterhin seine Partnerin bleibt. Keen jedoch hat eigene Dämonen zu bekämpfen, denn nachdem sie die Rätsel um ihren Ehemann Tom (Ryan Eggold) gelüftet hat, scheinen die Geheimnisse rund um ihre Familie während der Schurkenjagd wie ein dichter Nebel über ihr zu hängen...
Die zweite Runde scheint zu Beginn einiges besser zu machen. Zwar offenbart auch die Storyline rund um Reddingtons großen Erzfeind "Berlin" einige Lücken, dennoch setzt man diesen Plot ebenso spannend fort wie er bereits zum Ende der ersten Staffel war. Das ist auf dramatischer Ebene nicht immer gelungen, aber wesentlich unterhaltsamer und packender als die doch eher banalen Einzelfälle, in welcher nach und nach die titelgebende Blacklist abgearbeitet wird. In diesen Trott fällt aber auch die zweite Staffel nach den ersten Episoden zurück, wobei zwar die Haupthandlung in Form von die gesamte Staffel und Serie überspannenden Plots immer weiter vorangetrieben wird, doch geschieht dies im weiteren Verlauf doch eher schleppend. Die Einzelfälle, die mal mehr, mal weniger mit dem Großen und Ganzen zu tun haben, rücken wieder in den Fokus und hier zeigt sich erneut die Schwäche einer ansonsten sehr solide inszenierten Crime-Serie.
Die einzelnen Fälle können noch so clever und verstrickt sein, sobald sie nur vierzig Minuten Zeit zum Atmen haben (oder weniger, wenn nebenbei auch noch einige andere Plots abgefertigt werden wollen), gerät die Spannung ins Hintertreffen. Ganz gleich ob es sich um einen Giftgasanschlag, eine Terrordrohung oder einen gesuchten Mörder dreht - es läuft eben doch wieder auf eine Spurensuche, auf das Verhören von Zeugen und Verfolgungsjagden sowie die Stellung oder eben Nichtstellung des gesuchten Täters hinaus. Das ist in Einzelfällen spannend und sicherlich gibt es dabei auch bessere Folgen, über zweiundzwanzig Episoden hinweg wackelt dieses Konstrukt jedoch mal wieder bedenklich, beginnt sich erneut zu wiederholen und sorgt dafür, dass die Haupthandlung spürbar auf der Stelle tritt.
Ein klares Merkmal der doch eher schwindenden Ideen, wie man angesichts dieser lauen Einzelplots Spannung erzeugt, ist die Tatsache, dass die Autoren im Grunde in jeder zweiten Folge eine der Hauptfiguren in absolute Lebensgefahr bringen. Es ist kaum noch möglich, an beiden Händen abzuzählen, wie oft einer der wichtigsten Protagonisten mit einer Waffe bedroht, angeschossen oder (was besonders beliebt scheint, rücken die Macher dieses Element doch klar in den Vordergrund) entführt wird. Das soll Spannung erzeugen, ähnlich wie bei der ebenfalls eher mauen Serie "Orphan Black" sorgt dies jedoch für das genaue Gegenteil - ich habe spätestens beim vierten ach so ausweglosen Ereignis nur noch den Kopf geschüttelt angesichts des sicheren Wissens, dass die Autoren erneut keine Konsequenz aus dieser bedrohlichen Lage ziehen und in den meisten Fällen hatte ich auch absolut recht.
Immerhin kommt man gegen Ende wieder ein wenig in die Spur und auch wenn ich gerade einigen Plots hinsichtlich längst totgeglaubter Freunde und Feinde nicht wirklich viel abgewinnen konnte, so wird die endlich wieder an Fahrt aufnehmende Haupthandlung in den letzten Folgen und besonders im Finale doch nochmal ziemlich spannend und man betritt nicht allgemein, aber zumindest für die Serie klares Neuland. Schauspielerisch ist auch die zweite Staffel, ganz im Gegensatz zur doch eher vor sich mäandernden Handlung, wieder gute Kost. James Spader beherrscht das Ensemble weiterhin, bleibt er doch mit Abstand die schillerndste und interessanteste Figur. Der Rest der Besetzung hat, obwohl uns die Figuren mittlerweile deutlich mehr ans Herz gewachsen sind, damit zu kämpfen, dass viele von ihnen unterentwickelt bleiben, oftmals gar nur auf ihre reinen Funktionen begrenzt werden, was vielen im Grunde interessanten Charakteren diverse Möglichkeiten nimmt. Neben Spader fällt dabei im Grunde nur "Matrix"-Star Harry Lennix auf, der seinem FBI-Vizedirektor Connor einige sehr überraschende Seiten abgewinnen kann.
Fazit: Nicht schwächer, aber auch nicht besser als die erste Staffel. Man teilt sich ähnliche Vor- und Nachteile mit Season 1: Das Fall-der-Woche-Prinzip sorgt auch hier für einige Hänger und dramatische Ungereimtheiten, während die Haupthandlung trotz Lücken wesentlich packender und flotter daherkommt und kurzweilige, teils sehr spannende Unterhaltung bietet.
Note: 3
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