Annalise Keating (Viola Davis) versucht weiterhin, ihre ehemalige Affäre, den Polizisten Nate Lahey (Billy Brown), den sie zuvor selbst durch Manipulation von Beweisen ins Kreuzfeuer schickte, als Angeklagten im Mordfall Sam Keating (Tom Verica) zu entlasten. Dafür engagiert sie ihre ehemalige Freundin und Kommilitonin Eve Rothlo (Famke Janssen), um Nate rauszuboxen, was jedoch zu weiteren Verstrickungen führt. Nach dem Mord an Rebecca (Katie Findlay) versucht Annalise zudem, den Täter der schrecklichen Tat zu finden. Sie verdächtigt ihre rechte Hand Frank Delfino (Charlie Weber), der jedoch aufgrund dessen seltsamen Verhaltens Rebecca's Freund Wes (Alfred Enoch) im Verdacht hat. Die Unruhe in der Truppe der "Keating 5" wächst, als Annalise erneut als Verdächtige im Mordfall ihres Mannes ins Rampenlicht tritt... und besonders Wes scheint ihr nun keinerlei Vertrauen mehr entgegenzubringen.
Den Siegeszug, den die erste Staffel dieser hochspannenden Thrillerserie mit ihren tollen Charakteren, den überraschenden Wendungen und den feingeistigen, menschlichen Momenten noch hatte, kann die zweite Season in dieser Form leider nicht wiederherstellen. Denn der Pfad, den ansatzweise die letzten Folgen der ersten Staffel vorgaben, dass sich "How to Get Away with Murder" in eine Art Mega-Krimi verwandeln würde, der überall und zu jedem Zeitpunkt etliche Plots eskalieren lässt, wird nun vollends betreten. Der erzählerische Ballast, den man sich zuvor aufgeladen hat und der nun noch einmal mindestens doppelt so viele Handlungen zusätzlich auflädt, gerät zum Nachteil der Serie. Ständig ist irgendetwas los, überall gibt es neue Enthüllungen, Verstrickungen, dunkle Geheimnisse. Dort wird jemand ermordet, hier jemand belogen, da jemand verfolgt. Wie ein brüllender Fitnesssportler, der pausenlos gigantische Gewichte stemmt, dabei aber vergisst, auch mal kurz eine Minute zu pausieren, um wieder zu Atem zu kommen. Das ist alles andere als gut für die Gesundheit und kann bis zum Kollaps führen - und die zweite Staffel der zuvor so verflixt guten ABC-Serie ist mehr als einmal ganz kurz davor, unter diesem Tohuwabohu vollends zu ersticken.
Es reicht nun nicht mehr, Annalise, ihre Mitarbeiter und natürlich die "Keating 5" in einen prekären Fall, der sich zu ihrem Leidwesen selbstständig macht, zu verstricken. Nun kommen Familiengeheimnisse ans Licht, ein Psychokiller ist auf dem Weg, ein schwieriges Mandantenpaar verlangt Aufmerksamkeit, Depressionen, neu durchgewürfelte Liebespaare, ein vertuschter Mord... Aufgrund all dieser Plots kann die Serie natürlich zu keinem Zeitpunkt stillstehen. Da aber nahezu immer irgendein Drama passiert, gehen die sensiblen Momente, diese wunderbaren Charaktereigenschaften, der süffisante Humor und auch das Überraschungsmoment beinahe vollends verloren. Hauptfiguren handeln plötzlich völlig out of character, da das Drehbuch sie in aller Eile in die benötigte Richtung treiben muss - ob das nun passt oder handlungstechnisch Sinn ergibt, erscheint zweitrangig. Da werden sogar Tode von handelnden Figuren nur noch als reine Überraschungen eingestreut, während man gefühlsmäßig auf sehr kalten Pfaden wandelt. Natürlich tauchen wir tiefer in die Charaktere ein, doch geschieht dies kaum auf einem dramatischen Weg, sondern nur auf einem, der die nächste Wendung parathalten soll, um das Publikum wachzuhalten. Das Gegenteil wird dadurch erreicht, denn da wirklich jede Subtilität in dem sich ständig drehenden Rad abhanden kommt, interessieren wir uns immer weniger für die Figuren. Einige werden uns mit ihrem asymmetrischen Verhalten gar regelrecht unsympathisch und das Drehbuch findet in all dem psychotischen Hickhack schlichtweg keinen nachvollziehbaren Zugang mehr zu ihnen.
Deutlich wird dies schon früh im Hinblick auf den Cliffhanger rund um Rebecca, der das Ende der ersten Staffel beschloss und der hier ziemlich mau aufgelöst wird - nur ein einzelner Plotpoint, der irgendwie abgehakt werden muss. Dass man darüber hinaus keinerlei Zeit hatte, um noch ein wenig kreativer in gewisse Neuheiten abzudriften, zeigt die Wiederholung des "In der Zukunft passiert etwas Schreckliches"-Konzepts, welches hier recht unverschämt erneut abgespult wird, dabei stets viel zu viel von dem vorwegnimmt, was der Zuschauer für sich selbst entdecken könnte und dabei auch zu keinem Zeitpunkt die gleiche hypnotische Spannung wie im vorherigen Versuch entfaltet. Dass die Serie ihre Figuren oder zumindest das, was sie über ihre Funktion als reine Plotvehikel ausmacht, aus den Augen verliert, wird auch deutlich, wenn sie sich mal außerhalb des Handlungsradars befinden. Im einen Moment psychotische Ausraster, die irgendein weiteres Drama in Gang bringen, im nächsten Moment wieder lustige Sprücheklopfer. Wo essentielle Figuren wie Alfred Enoch's Wes Gibbins noch eine recht eloquente Wandlung erfahren, werden andere nur noch als Spielbälle für die Geschichte mitgeschleift, was durchaus schade ist. Besonders schlimm hat es hier Michaela erwischt, die im Grunde nichts weiter zu tun hat, als ständig ihren Bettpartner zu wechseln, um dabei irgendwie für Unruhe in dem sozialen Miteinander zu sorgen.
Aber gut, ich möchte diese Serie in der zweiten Staffel nun auch nicht vollends verreißen. Denn obwohl sie nun einen mehr als deutlichen, beinahe ärgerlichen, weil völlig verkopften, verwilderten und unfokussierten Abstieg hingelegt hat (der hoffentlich durch die noch folgenden vier Seasons irgendwie relativiert werden kann), soll nicht vergessen werden, dass es noch immer gute Seiten gibt und auch davon nicht wenige. Der Cast macht seine Sache weiterhin hervorragend - Viola Davis als knallharte Frau an der Front ragt weiterhin heraus, macht aber auch immer wieder dem Ensemble Platz. Die Leichtfüßigkeit und der finstere Charme sind verloren gegangen, aber immer wieder traut sich die Serie auch mutige Weiterentwicklungen zu und steht dabei nicht auf der Stelle. Dass diese Ideen nicht immer zünden, mag man angesichts der Tatsache, dass die Macher hier lieber mit Fortschritten als mit dem Durchkäuen der ewig gleichen Themen, wie sie ja viele Serien angehen, aufwarten, doch etwas leichter verzeihen. Die temporeiche Inszenierung ist ebenso wie der grandiose Soundtrack geblieben und immer wieder liefert die Serie auch richtig starke Einzelmomente, wobei das "Fall der Woche"-Prinzip, welches noch für manche Folgen durchgehalten wird, einige starke Augenblicke herbeizaubert, die endlich wieder Raum und Luft erhalten. Die Enttäuschung ist am Ende zwar dennoch groß, aber diese Show ist auch noch nicht tot - man wird sehen, ob man diesen hyperaktiven Weg weiter beschreitet oder sich auch wieder auf frühere Stärken besinnt. Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, denn dafür liebe ich die Serie und ihre Figuren noch immer viel zu sehr.
Fazit: Mit der zweiten Staffel verfängt sich diese Serie in einer hyperaktiven Inszenierung, die nur noch um ihrer eigenen Wendungen selbst existiert. In wahnwitzigem Tempo wird unglaublich viel erzählt, Subtilität und richtige Spannung werden zu Fremdwörtern. In wesentlich weniger Momenten läuft die zweite Season noch zu dramatischen Höhepunkten auf und verschenkt viel Potenzial zugunsten jeder Menge Krach.
Note: 3-
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