Im Jahr 1989, kurz vor dem Fall der Mauer, nimmt Ost-Berliner Alexander Kerner (Daniel Brühl) an einer Demonstration für mehr Freiheit teil. Dabei erblickt ihn seine Mutter Christiane (Katrin Sass), eine unermüdliche Sozialistin, als dieser gerade von der Volkspolizei festgenommen wird, und erleidet auf offener Straße einen Herzinfarkt. Christiane fällt ins Koma und erwacht erst acht Monate später - nach dem Fall der Mauer und dem Ende der DDR. Da Alexander, auch nach Ratschlägen des medizinischen Personals, befürchtet, dass seine noch gefährdete Mutter die vielen neuen Informationen und die für sie sehr plötzliche Veränderung ihrer gesamten Welt, nicht verkraften könnte, fasst er einen aufwendigen Plan. Er bezieht seine Schwester Ariane (Maria Simon), Christianes Krankenpflegerin Lara (Tschulpan Chamatowa) und viele weitere Bekannte ein, die ihm helfen, in der gemeinsamen Wohnung die DDR wieder aufleben zu lassen, um so zu tun, als sei der Fall der Mauer nie geschehen. Diese wilde Täuschung zum Schutz seiner Mutter stellt Alexander vor ungeahnte Herausforderungen und bringt auch Konflikte mit seinen Nächsten mit sich, die seinen Plan zwiespältig sehen...
"Good Bye, Lenin!" gilt auch heute noch als einer der besten und kultigsten deutschen Filme - sogar über die nationalen Grenzen hinaus, bis nach Russland und die USA führte der Erfolg und brachte dem Werk einen echten Kultstatus ein. Beinahe ein Frevel also, dass ich diesen Film bislang nie gesehen habe. Doch nun war es endlich soweit und erwartungsgemäß habe ich mich über beinahe zwei Stunden sehr gut unterhalten gefühlt... allerdings mit Abstrichen. Tatsächlich funktioniert der Film von Regisseur Wolfgang Becker, der für seine Leistung vom Gros der Kritiker anfangs milde gelobt und letztendlich, nach den euphorischen Reaktionen des Publikums, enorm abgefeiert wurde, sowohl als Komödie als auch als Drama und gerät zwischen diesen beiden Genres niemals ins Schlingern. Der Film ist sich der historischen Bedeutung, die seine Thematik mit sich führt, durchaus bewusst, lässt sich damit aber nie zu viel Last auflegen und kann immer wieder Lacher erzeugen. Kleine Highlights sind dabei aufwendige Aktionen, mit welchen Alexander seiner Mutter die weiterhin existente DDR vortäuschen will - über die Möblierung des Zimmers bis hin zu gespielten Nachrichtensendungen.
Wie sich Alexander und seine Freunde immer wieder mit unvorhersehbaren Ereignissen, die außerhalb ihrer Kontrolle liegen, arrangieren müssen, um ihren Plan nicht scheitern zu lassen, ist sehr solide Komödienarbeit, die niemals in penetrante Albernheiten abdriftet. Darüber hinaus erzählt er zudem eine sehr sympathische Liebesgeschichte, welcher gern ein wenig mehr Raum hätte zugestanden werden dürfen, als auch ein treffsicheres Familiendrama, welches besonders in den letzten Minuten des Films für einige sehr emotionale Momente sorgt. Die Besetzung ist dabei durchweg grandios: Daniel Brühl wurde durch seine energetische, glaubhafte und charmante Darstellung zum Star und schaffte schließlich (sicherlich auch dank dieses Films) den Sprung nach Hollywood - mittlerweile ist er sogar ein wichtiger Teil des bislang größten Kino-Franchises unserer Zeit, dem Marvel Cinematic Universe. "Sweethearts"-Star Katrin Sass umgeht die Gefahr, in ihrer Rolle weitestgehend passiv in jegliche Verwicklungen hineingeschubst zu werden und bringt eine ganz eigene Präsenz auf. Für zahlreiche Humorelemente ist zudem ein wunderbarer Florian Lukas zuständig, der als Alexanders Arbeitskollege immer wieder in die Bresche springt; und Tschulpan Chamatowa glänzt in ihrem Part als Christianes Krankenpflegerin, in welche sich Alexander schließlich verliebt, mit so viel Charme und Natürlichkeit, dass es absolut kein Wunder ist, dass der kreative Jungspund sein Herz an sie verliert.
Aber nein, am Ende war ich trotzdem nicht ganz zufrieden. Sicherlich dürfte das Ausbleiben einer ganz und garen Freude über diesen Film auch damit zu tun haben, dass mir die historische Thematik etwas fern ist. Die DDR habe ich selbst persönlich nie miterlebt, da ich erst in den 90ern geboren wurde, weswegen einige Anspielungen und Verwicklungen entweder an mir vorbeigingen oder zumindest nicht die gleiche Energie auslösten wie bei den Zuschauern, die persönlich wirklich in dem Thema drinsteckten. Doch auch darüber hinaus verliert "Good Bye, Lenin!" über gewisse Strecken immer wieder ein wenig an Tempo, Längen traten auf. Der zentrale Konflikt, der darin besteht, ob man Christiane weiterhin belügen oder auch aus moralischen Beweggründen das falsche Spiel auflösen sollte, dreht sich bisweilen ein wenig im Kreis. Manch ein weiterer, persönlicher Konflikt zwischen zwei oder mehr Personen, der daraus resultiert, wirkt etwas effekthascherisch oder beliebig aufgezogen. Trotzdem gelingt es dem Film immer wieder, noch rechtzeitig in die Spur zu finden und sowohl auf dramatischer als auch komödiantischer Ebene interessante Eckpfeiler zu setzen. Treibend entwickelt sich auch die wundervolle Musik von "Die fabelhafte Welt der Amelie"-Komponist Yann Tiersen, der von melodischen Pianospielen bis hin zu wilden Streichelementen das Geschehen hervorragend untermalt.
Fazit: Für viele Deutsche war "Good Bye, Lenin!" der ganz große Hit der Kino-Neuzeit - ich habe, auch aufgrund der Thematik, die mir persönlich natürlich fern ist, einen ziemlich guten Film gesehen, der das Herz treffsicher angesprochen hat. Trotz toller Schauspieler und vieler spaßiger und gefühlvoller Momente blieben Längen und manch ein dramaturgischer Holperer aber nicht aus.
Note: 3+
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