Direkt zum Hauptbereich

They Want Me Dead

Owen Casserly (Jake Weber), forensischer Buchhalter mit prekären Informationen, muss zusammen mit seinem Sohn Conner (Finn Little) fliehen. Zwei gnadenlose Auftragskiller, die Brüder Patrick (Nicholas Hoult) und Jack Blackwell (Aidan Gillen), haben sich aufgrund eines Zwischenfalls, der bis in die ranghöchsten politischen Ebenen reicht, an seine Fersen geheftet, um ihn als Mitwisser zu ermorden. Als Conner auf der Flucht von seinem Vater getrennt wird, rennt er in einem großen Wald, weiterhin verfolgt von den Killern, der Feuerspringerin Hannah Faber (Angelina Jolie) in die Arme. Diese kümmert sich um den Jungen und möchte ihm helfen, die Medien zu erreichen, um den Fall publik zu machen. Doch die Killer legen ein Feuer um das Waldstück, um die Flucht der beiden zu vereiteln...

Eine der größten Überraschungen des Thrillers "They Want Me Dead" liegt in der Entscheidung der FSK. Diese gab den Film hierzulande bereits ab zwölf Jahren frei, was einer furchtbaren Fehlentscheidung nahe kommt. Tatsächlich spart der Film nämlich, ganz typisch nach Regisseur Taylor Sheridan, nicht mit eindeutigen Gewaltakten. Und auch wenn diese zumeist sehr schnell erledigt werden, so wäre das eiskalte Töten von unschuldigen Zivilisten sowie eine längere Kameraufnahme auf den zersprengten Hinterkopf schon Grund allein für eine höhere Freigabe... und bei dieser Einzelszene bleibt es nicht. Nun ist eine Fehleinschätzung der FSK aber natürlich keinerlei Qualitätswertung für einen Film, erwähnt haben wollte ich sie dennoch. Darüber hinaus überrascht dann im Grunde aber nur, wie wenig Überraschungen der Film eigentlich bietet. Denn Taylor Sheridan, der ja durchaus für komplexere und tiefgründigere Thriller-Kost wie den bockstarken "Wind River" bekannt ist, liefert hier einen geradlinigen und schnörkellosen Actioner ohne echte Abzweigungen ab. Als dieser macht "They Want Me Dead" dann dank hohem Tempo und solider Actionszenen Laune, teilt sich aber Schwächen mit modernen Blockbustern und zeigt auf, dass Sheridan zumindest für diese Arbeit eindeutig im Mainstream angekommen ist... auch wenn seine eigentliche Ader immer wieder aufblitzt.
Denn in Ansätzen sind sie immer vorhanden, nur nutzt das Drehbuch sie zu selten. So werden die Figuren eigentlich nur marginal skizziert und auf ihre jeweiligen Fähigkeiten reduziert, die sie für die Handlung tragbar machen. Deswegen finden sich altbekannte und hier eher stiefmütterlich behandelte, dramatische Hintergründe einzelner Charaktere und holzschnittartige Bösewichte. Diese kleinen, feinen Sharidan-Momente zeigen sich bisweilen in einer leichten Unruhe zwischen den Antagonisten, doch das darin ruhende Konfliktpotenzial wird pünktlich zum Actionshowdown ebenso fallengelassen wie die dramatische Situation rund um den überforderten, gejagten Jungen. Selbst das "Warum" der Jagd auf Vater und Sohn bleibt bestenfalls schwammig, was aufzeigt, dass sich "They Want Me Dead" zuvorderst auf den Suspense beschränkt. In dieser Form macht er seine Sache aber gut, hat mehrere hochspannende Einzelmomente, knackige Actionszenen und ein spektakuläres Finale mit einer beeindruckenden, visuell stark inszenierten Naturkatastrophe zu bieten. Das Drehbuch muss sich aber bisweilen arg strecken, die Figuren in scheinbar ausweglosen Situationen noch am Leben zu halten. Dementsprechend handeln die Charaktere stets so, wie es das Skript gerade braucht, was sowohl Helden als auch Gegenspieler in vielen Momenten dümmer dastehen lässt als sie eigentlich sein sollten.
Von einem Film, auf dem der Name Taylor Sharidan prangt, erwartet man sich also durchaus etwas mehr als einen sauber inszenierten, temporeichen und spannenden Thriller... was aber natürlich nicht heißt, dass es da qualitativ Abzüge zu machen gilt. Denn auch in diesem Bereich, im Genre des wesentlich leichter zu goutierenden, kurzweiligen Actioners macht "They Want Me Dead" eben eine sehr solide Figur. Das liegt zum einen an Sharidans talentierter Hand hinter der Kamera (auch wenn sein Drehbuch diesmal keine Glanzleistung darstellt), sondern auch den spielfreudigen Stars, die er dafür davor versammeln konnte. Jon Bernthal ist ja ohnehin immer ein Gewinn und kann mehrfach Akzente setzen, während Nicholas Hoult und besonders "Game of Thrones"-Star Aidan Gillen ihren eiskalten Auftragskillern viele hassenswerte Manirismen aneignen - schade, dass das Drehbuch ihnen da nicht noch eine gewisse Extrawürze hat zukommen lassen. In der Hauptrolle agiert derweil Angelina Jolie, die mit bestechender Ruhe, einer Portion Coolness und dem richtigen Maß aus Empathie und Schrecken eine starke Vorstellung liefert. Nein, über hundert Minuten macht dieser Film, trotz diverser Logiklöcher und dramaturgischer Holperer, eine wirklich gute Figur, liefert harte, schnörkellose Unterhaltung. Aber eben auch nicht mehr, was im Grunde okay ist, aber den ein oder anderen Zuschauer auch enttäuschen könnte.

Fazit: Temporeicher Thriller, der sich weniger auf eine ausgefeilte Handlung als auf den Suspense-Charakter seiner geradlinigen Geschichte fokussiert. Das ist dramaturgisch aufgrund eines eher schwachen Drehbuchs eher lau, kann in den fesselnden und teilweise recht harten Actionmomenten aber starke Akzente setzen.

Note: 3+





Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se