Direkt zum Hauptbereich

Wild Card

Nick Wild (Jason Statham) arbeitet als knallharter Bodyguard in Las Vegas. Eigentlich hat er nach Jahren des gleichen Trotts genug von der Wüste Nevadas und will der Hauptstadt der Spieler den Rücken kehren - um seine Freiheit zu erobern, fehlt ihm jedoch das nötige Geld und um dieses zu bekommen, braucht er mehr Glück an den Spieltischen. Als seine Ex-Freundin Holly (Dominik Garcia-Lorido) von drei Männern brutal missbraucht und verprügelt wird, möchte Nick erst nicht eingreifen, da er die Bande für zu gefährlich hält. Letztlich wird sein Gewissen geweckt und er begibt sich auf die Suche nach dem Mann, der Holly dies angetan hat. Dafür wagt er sich jedoch, wissend von den Männern, denen der Täter angehört, in die Höhle des Löwen...

Eigentlich ist "Wild Card" eine Mogelpackung und genau deswegen hat er ein interessantes Potenzial. Denn die Popcornkino-Fans, die sich einen Statham-Film ohne viel Vorabinformationen ansehen, weil sie einen stylischen, actiongeladenen No-Brainer erwarten, dürften hier recht deutlich in die Röhre gucken. Der Actionquotient ist nämlich sehr niedrig, die einzelnen Scharmützel sind kurz und knackig und stechen allenfalls aufgrund der etwas schmierigen Inszenierung, die Superzeitlupen mit merkwürdig abgespeedeten Fights abwechselt, heraus. Darüber hinaus erzählt der Film nämlich eigentlich eine ruhigere, persönlichere Geschichte über seine Hauptfigur - über einen Mann, der nur noch raus aus dieser Wüste will und sich diese Chance erschwert, indem er sich mit den gefährlichsten Typen der Stadt einlässt... und das aus einem nachvollziehbaren Grund. Das klingt erstmal ziemlich clever, leider macht "Wild Card" letztendlich aber zu wenig aus diesem unerwarteten Blickwinkel und bleibt somit am Ende weiterhin eine Mogelpackung, deren Ersatzprogramm auch nicht fesselt.
Tatsächlich bleibt das Drama rund um diesen wortkargen und in sich verlorenen Mann nämlich viel zu oberflächlich, um über die fehlende Action über weite Strecken des Films hinwegzutäuschen. Das Drehbuch spricht vieles an, vergisst aber, all diese Plots und Stimmungen auch kohärent zu verweben oder zumindest mit einem Unterbau zu versehen. So platzt Nicks Gier an den Spieltischen im Grunde wie eine reine Behauptung aus ihm hervor, während die freundschaftliche Beziehung zwischen Nick und seinem neuen Klienten Cyrus zwar sympathisch erscheint, aber auch relativ beliebig wirkt. Ebenso schwammig die Vergangenheit zwischen Nick und seiner alten Flamme Holly - letztere wirkt wie ein bloßer Katalysator der Handlung, um gewisse Dinge ins Rollen zu bringen. Das könnte man in einem bloßen Action-Vehikel noch als dramaturgische Schwächen abtun, da das Drehbuch aber so viel Zeit darauf verwendet, eben diese Geschichten zu untermauern und dabei dann doch erschreckend wenig Substanz und Dynamik herausspringt, fragt man sich alsbald, was uns "Wild Card" eigentlich erzählen will. So mutig die ständigen Abschweifungen abseits des Hauptplots (der als solcher ebenso mau wie unspannend gerät, was auch an den schwachen Antagonisten liegt, die nie wirklich bedrohlich wirken), sie müssen auch erzählerischen Mehrwert haben oder zumindest unterhalten, was sie hier nur zu wenigen Zeitpunkten tun.
Jason Statham kann man indes keinen Vorwurf machen, denn der agiert auch in den leisen Momenten, in denen sein Nick Wild Schwäche zeigen kann und muss, bemerkenswert feinsinnig. Und darüber hinaus ist Statham einfach immer noch eine der coolsten Säue, die im Filmbusiness so rumlaufen, weswegen man ihm schlicht und einfach gern zusieht. Die in den Werbekampagnen groß angekündigten Auftritten von diversen namhaften Stars sollte man indes ebenfalls zur Mogelpackung zählen. Denn Sofia Vergara, Jason Alexander und "Lucky Number Slevin"-Star Stanley Tucci sind zwar allesamt mit von der Partie, agieren aber nur in Kurzauftritten, die nur wenige Minuten der Filmlaufzeit ausmachen. Dementsprechend bleibt es eine (fast) reine Statham-Show, was als solches schon in Ordnung geht, wenn der Hauptdarsteller so gut aufgelegt ist wie hier. Und auch das Experiment, einen Film in Trailern und Postern als den neuen, obligatorischen Action-Haudrauf zu bewerben, obwohl er dies nicht ist, ist interessant... nur eben auch gescheitert, da der Film diese Lücken nicht zu füllen vermag. Einen erneuten Versuch in diese Richtung, diesmal vielleicht ohne unnötige Publikumsverarsche (denn das hätte "Wild Card" schlichtweg gar nicht nötig gehabt) würde ich aber schon gerne sehen, denn ein gewisses Potenzial liegt in dieser Geschichte. Sie muss eben nur besser erzählt werden.

Fazit: Eine Mogelpackung, die durchaus interessant hätte sein können - die Action fehlt über weite Strecken, bekommt aber leider kein wirklich überzeugendes Ersatzprogramm, was dem Film deutlich das Genick bricht. Statham überzeugt zwar, doch ansonsten bleibt ein unrunder Film, der viel zu wenig von dem vertieft, was er eigentlich erzählen will.

Note: 4









Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se