Seit dem Selbstmord ihres Ehemannes Owen (Evan Jonigkeit) liegt das Leben von Beth (Rebecca Hall) in Scherben. Kämpfte sie bereits zuvor gegen Depressionen, scheinen die Sinneswandel und die unkontrollierbaren Gefühlsausbrüche nun immer weiter zuzunehmen, sodass auch Freunde und Arbeitskollegen nicht mehr zu ihr durchdringen. Beth kämpft mit aller Macht darum, einen Sinn in Owens plötzlichem Suizid zu sehen, der niemals eine Gefahr in dieser Richtung ausstrahlte. Als Beth in ihrem Zuhause plötzlich Zeugin von seltsamen Vorfällen und Erscheinungen wird, glaubt sie, dass ihr verstorbener Ehemann den Kontakt zu ihr sucht - doch wieso? Hat er ihr noch etwas zu sagen oder steckt eine ganz andere, angsteinflößerendere Wahrheit dahinter?
Beworben wurde "The House at Night", dem ein deutscher Kinostart dieses Jahr vorenthalten wurde, bei seinem Start auf der Streamingplattform Disney Star als einer der erschreckendsten und spannendsten Horrorfilme des Jahres. Natürlich muss man in der Werbung mit solcherlei Worten vorsichtig sein, denn gerade im Horrorbereich startet gefühlt jeden Monat einer dieser neuen Schocker, die so gruselig sein sollen, dass Zuschauer ihn abbrachen oder sogar vollkommen verängstigt durchgeknallt sind. Dass das im Grunde nur leere Worte sind, ist dem Filmfan klar und "The House at Night" schlägt nun ansatzweise in eine ähnliche Kerbe - es ist ein solider Horrorfilm, der abseits simpler Schockeffekte eine tiefere Ebene abzugreifen versucht, dabei letztendlich aber eigentlich nicht viel mehr darbietet als seine Genre-Kollegen und deswegen auch aufgrund seiner höheren Ambitionen recht deutlich scheitert. Wie viele andere Filme zuvor versucht man sich hier nämlich ebenfalls an einer Mischung aus verschiedenen Genres. Was anderenorts jedoch immer wieder funktionierte, geht hier nicht auf, da sich die Drama- und Horrorelemente immer wieder gegenseitig den Wind aus den Segeln nehmen.
Darunter leiden besonders die Horroraspekte. Zwar gelingen Regisseur David Bruckner rein inszenatorisch immer wieder einige Schauermomente, besonders wenn er Beths Haus selbst und einzelne kleine Brotkrumen verwendet, um höchstwahrscheinlich die Präsenz eines ungebetenen Gastes darzustellen. Dafür verzichtet er weitestgehend auf billige Jumpscares und entwickelt eher eine brodelnde, unangenehme Atmosphäre, wobei er jedoch nie so intensiv aufs Gaspedal drückt wie diverse Genre-Kollegen. So richtig entscheiden konnte er sich indes wohl nicht, ob er nun ein Drama oder einen Mystery-Schocker erzählen will, weswegen er letztendlich irgendwo in der Mitte hängenbleibt. Er widmet sich beidem, hat am Ende aber zu wenig Zeit, um beides auch wirklich ausführlich darzubringen. Darunter leidet besonders die letztendliche Auflösung der Geschichte - die ist an und für sich sogar recht clever und schlägt bisweilen manch einen Haken. Für den allerletzten Kniff blieb allerdings viel zu wenig Zeit, um diesen auch passend aufzubauen, weswegen der letzte Schrecken eher wirkungslos verpufft.
Auch als Drama mag "The House at Night" nicht recht überzeugen, da er auf der anderen Seite doch noch zu viel Zeit für diverse Schauerszenen aufwenden muss, während welchen Beth durch finstere Zimmer läuft. Das liegt dann auch an der Protagonistin selbst, über die wir im Grunde nichts weiter erfahren, was über den dramatischen Einschnitt bezüglich ihres Mannes hinausgeht. Trotz ihrer grauenvollen Situation wollen wir mit Beth nicht wirklich mitleiden, da uns der Film zu wenig darüber erzählt, wer diese Frau abseits ihrer Ehe ist - es gibt keinerlei Fallhöhe, die uns aufzeigt, was die Frau verloren hat. Das führt dazu, dass uns Beths Egotrip, obwohl nachvollziehbar, eher anstrengt als packt. Hauptdarstellerin Rebecca Hall hat offensichtlich ebenfalls Schwierigkeiten in diesen Charakter einzudringen und wechselt zwischen bärenstarken Dialogszenen und eher unglaubwürdigen, da etwas zu aufgesetzt wirkenden Angstzuständen - das scheint nicht Halls Schuld zu sein, sondern die merkwürdige Glattzeichnung einer unausgegorenen Hauptfigur. Daneben bleiben auch die Nebencharaktere, über die wir im Grunde gar nichts erfahren, ziemlich farblos.
Fazit: Inszenatorisch weiß "The House at Night" mit einigen cleveren Kniffen zu gefallen. In seinen Überambitionen, sowohl einen wendungsreichen Mystery-Thriller und ein menschliches Drama zu erzählen, setzt sich der Film aber eklatant zwischen alle Stühle und kann dramaturgisch aus beiden Lagern nur noch wenig retten.
Note: 4+
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