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Goodbye June

Die drei Schwestern Helen (Toni Collette), Julia (Kate Winslet) und Molly (Andrea Riseborough) sind gerade mit vollen Händen mit ihren eigenen Leben beschäftigt, als der Anruf ihres Bruders Connor (Johnny Flynn) sie aus jenem herausreißt. Ihre Mutter June (Helen Mirren), die schon seit drei Jahren gegen den Krebs kämpft, ist nach einem Zusammenbruch ins Krankenhaus eingeliefert worden und diesmal sieht es wirklich schlecht aus. Die Ärzte glauben, dass June das nahende Weihnachtsfest in nur zwei Wochen nicht mehr erleben wird. Mit dieser Information müssen die vier Kinder nun umgehen und entscheiden, was sie ihrer Mutter und auch ihrem gesundheitlich ebenfalls angeschlagenen Ehemann Bernie (Timothy Spall) erzählen wollen. Und ob sie wirklich einfach die Hände in den Schoß legen und ihre Mutter endlich sterben lassen sollen oder nicht doch noch nach einem weiteren Ausweg suchen, um ihr Leben möglicherweise zu verlängern...

Schauspielerin und Oscarpreisträgerin Kate Winslet gab mit diesem Film ihr Regie-Debüt und spielte zudem auch noch eine der Hauptrollen. Dabei ist ihr ein berührendes Drama gelungen, welches gerade mit dem Thema des nahenden und prinzipiell nicht mehr abwendbaren Todes sehr filigran umgeht und das ein ums andere Mal sehr zu bewegen weiß. Aber nicht immer trifft Goodbye June, der rund zwei Wochen in den US-Kinos lief, um sich für die kommende Oscar-Saison zu qualifizieren, und anschließend pünktlich an Heiligabend auf Netflix veröffentlicht wurde, den richtigen Ton. So wirken einige Charaktere in ihren etwas zu krassen, nahezu nur auf Konflikte hingebauten Spleens ein wenig over the top. Der sanfte Humor mag dabei auch zu solch einem traurigen Thema passen, hier und da übertreibt man es aber auch. Insbesondere die Figur der völlig verstrahlt wirkenden Helen fällt hierbei negativ auf - auch da der Film im weiteren Verlauf kaum weiß, was er mit dieser noch anstellen soll und eine brillante Schauspielerin wie Knives Out-Star Toni Collette damit weitestgehend verbrennt.
Generell ist das hier aber durchaus packendes Schauspielkino. Keiner der Anwesenden vollbringt hier die Leistung seines oder ihres Lebens, doch gut sind sie alle, was angesichts der großen Namen in Haupt- und Nebenrollen kaum verwundert. Beinahe etwas undankbar ist da natürlich die Rolle der großen Helen Mirren, die hier fast durchgehend ans Bett gefesselt ist und nur mit minimaler Ausdruckskraft agieren darf. Aber Mirren wäre nicht Mirren, wenn sie nicht auch noch in diesen höchst komplizierten Szenen absolut brillieren würde - da können selbst Kate Winslet und Battle of the Sexes-Star Andrea Riseborough, die weitestgehend ihre eigenen Konflikte ausfechten, nicht mithalten. Die zweite, ganz große Leistung vollbringt zudem Timothy Spall, der sich rühmen darf, die berührendsten Momente des ganzen Films auf seine Kappe gehen zu lassen. Zudem agiert auch Johnny Flynn hier mehr als solide, da er einen durchweg sympathischen Charakter verkörpert, mit dem man hier (fast als einzigen) wirklich mitgeht und der dabei neben der sterbenden June so etwas wie das Herz des gesamten Streifens darstellt.
Ein Streifen, der zwar ehrlich zu Herzen geht, dem etwas weniger Sentimentalität aber auch gut getan hätte. Klischees wie große Reden, die meist unter Tränen aufgesagt werden und langjährige Konflikte somit rasch begraben, finden sich auch hier - bei solch einem realistischen, auch rohen Thema ist das etwas schade. Hier wird dann das ein ums andere Mal doch zu heftig auf die Tränendrüse gedrückt, was die eigentlich wichtigen und bisweilen auch düsteren Themen des Films zu oft nach unten presst und diese nicht mehr ganz austarieren lässt. Womöglich hatte man aber auch Angst, das Publikum mit einem eindeutigen Weihnachts-Drama zu sehr zu fordern. Die Fähigkeiten Winslets auf dem Regiestuhl sind derweil durchaus solide, auch wenn sie aus dem ohnehin sehr engen Rahmen der Inszenierung, wobei man sich weitestgehend in sterilen Krankenhausfluren bewegt, nicht viel mehr herausholen kann als den guten Standard. Wer mit dem Thema aber bereits im echten Leben seine Erfahrungen gemacht hat, wird sicherlich einige Szenen wiedererkennen... oder auch mokieren, dass es ganz so hochgestochen und hollywoodesk dann eben doch nicht zugeht und auch der Kitsch zumeist nicht auf solch eine Art und Weise präsent ist, wenn eine geliebte Person von uns geht.

Fazit: Gut gespielt, durchaus bewegend und mit dem Herz am rechten Fleck. Aufgrund einiger zu simpler und kitschiger Momente und Charakteren, die nicht immer den richtigen Ton treffen, mag der Funke bei diesem Weihnachts-Drama aber nicht durchweg überspringen.

Note: 3



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