"Brothers" aus dem Jahr 2009 (startete bei uns erst 2011) ist eigentlich ein Remake des dänischen gleichnamigen Films aus dem Jahr 2004. In vielen Kritiken wurde relativ harsch gehandelt, da dieser wohl gegenüber dem Original deutlich harmloser und unreflektierter zugeht. Ich kenne allerdings nur das US-amerikanische Remake, von daher konnte ich sehr viel freier an den Film herangehen. Die Verharmlosung merkt man zwar dennoch, ansonsten haben wir es hier aber mit einem sehr intensiven Drama zu tun.
BROTHERS
Captain Sam Cahill (Tobey Maguire) dient bei den Murines und wird wegen eines Einsatzes nach Afghanistan geschickt. Nach einem Hubschrauberabsturz über Feindesland wird er für tot erklärt, was seine Frau Grace (Natalie Portman) und die beiden Töchter Isabelle (Bailee Madison) und Maggie (Taylor Geare) in ein tiefes Trauma stürzt. Zu diesem Zeitpunkt nähert sich Sams Bruder Tommy (Jake Gyllenhaal), ein Raubein und frisch aus dem Gefängnis entlassen, der Familie an, die er sonst wegen seines zornigen Vaters Hank (Sam Shepard) gemieden hat, und spendet Trost, wobei sich er und Grace näherkommen. Doch Sam ist noch am Leben und wird in Afghanistan von Terroristen gefangengehalten...
"Brothers" ist rundum gelungen. Dies fängt bei der herzergreifenden, aber niemals in irgendeine Form von Kitsch abdriftenden Geschichte an, die sehr nah und ehrlich erzählt ist. Regisseur Jim Sheridan verweigert sich aller Arten von Überzogenheit wie einem aufdringlichen, tränendrückenden Soundtrack oder epischen Zeitlupen und setzt dafür auf spürbare Härte. Diese wird einzig in den in Afghanistan spielenden Kriegsszenarios etwas abgemildert, was dazu führt, dass man Sams Trauma später zwar nachvollziehen kann, aber von seinen Erlebnissen nicht wirklich getroffen wird. Ansonsten spielt Sheridan besonders in den Dialogen und noch besonderer in den Szenen, in denen keine Worte gewechselt werden, mit voller Tragik. Den drei Hauptdarstellern ist dabei nicht genug zu danken, dass sie mit so wenigen Blicken, kleinen Gesten so viel Leben in ihre Figuren bringen, dass wir 105 Minuten voll mit ihnen mitfühlen können. Da reicht es schon, wenn Natalie Portman in einem plötzlichen Weinkrampf die alten Sachen ihres Mannes aus dem Schrank reißt... wer braucht da noch Worte? Auch das Skript ist sehr rund und läuft niemals Gefahr, in Klischees abzudriften, auch wenn die Geschichte an sich zumindest teilweise etwas vorhersehbar ist. Das ist aber nicht schlimm, denn wir sehen schließlich keinen Thriller, sondern ein unter die Haut gehendes Drama, was bewegen und auch mal schockieren soll... und dieses Ziel wird glänzend erreicht. Trotz eines löblich niedrigen Tempos erleben wir eine Achterbahnfahrt der Gefühle, welches die einzelnen Emotionswelten der Figuren perfekt auslotet. Schwierig ist dabei nur, dass manche Szenarien etwas hastig abgespult werden, so hätte der Konflikt zwischen Vater und Sohn deutlich mehr Brennstoff gehabt und löst sich hier etwas zu schnell in Wohlgefallen auf. Dies liegt auch daran, dass nicht so richtig klar wird, dass tatsächlich mehrere Monaten vergehen in einer Filmzeit, die nur gut eine Dreiviertelstunde beträgt... das ist tatsächlich ab und an etwas verwirrend. Diese Mankos summieren sich aber erstaunlicherweise kaum und verhindern nicht, dass "Brothers" großes Gefühlskino mit Härte und Intensivität darstellt, welches beinahe vollkommen von seinen Darstellern getragen wird. Natalie Portman ist wie immer absolut grandios, Tobey Maguire in seiner Performance so dermaßen krass und tiefschürfend, dass sie wohl eine der besten Darstellungen seiner Karriere sein dürfte. Jake Gyllenhaal wurde in anderen Kritiken etwas zerrissen, doch ich finde, dass er mit seinen beiden Co-Stars in einer ruhigeren, nuancierteren Performance mehr als mithalten kann. Und dann wären da neben einem starken Sam Shepard auch noch die beiden Kinderdarsteller zu nennen, welche ihre erwachsenen Kollegen ab und an mit einer solchen Natürlichkeit glatt an die Wand spielen, dass man nur wieder staunen kann, wo die in Hollywood denn immer diesen talentierten Nachwuchs herbekommen. "Brothers" ist nicht frei von Schwächen, aber es ist intensiv, emotional, tiefgreifend und hervorragend gespielt. Ein starkes Drama, welches auch nach mehrmaligem Ansehen nichts von seiner krassen Wirkung verliert.
Note: 2+
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