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Memento

Christopher Nolan gehört heute zu den meistangesehendsten Regisseuren. Er erschuf Meisterwerke wie "Inception" und die "Dark Knight"-Trilogie, beeindruckte kürzlich noch mit "Interstellar" und kombinierte mit "Prestige" Drama, Thriller und Sci-Fi zu einem starken Film. Den Status eines Genies erreichte er bei vielen bereits im Jahr 2000, als "Memento" in die Kinos kam. Ein Film, den kaum einer auf dem Schirm hatte, der aber schnell den Status eines Kultstreifens erhielt...

MEMENTO


Leonard (Guy Pearce) musste die Vergewaltigung und den Tod seiner geliebten Frau (Jorja Fox) mitansehen. Als er versuchte, den Täter aufzuhalten, erlitt er eine schwere Kopfverletzung, welche sein Kurzzeitgedächtnis außer Kraft setzte: Alles, was mehr als mehrere Minuten vergangen ist, verschwindet aus seinem Kopf. Dennoch ist er weiterhin auf der Suche nach dem Mörder und hilft sich dabei mit Notizen, Fotos und Tattoowierungen, um die wichtigsten Eckpunkte nicht mehr zu vergessen. Das bringt ihn schließlich immer näher an sein Ziel...

Es ist wahrscheinlich kaum nötig, das noch zu erwähnen, da jeder gewiefte Filmfan dies bereits wissen dürfte, aber "Memento" sticht natürlich besonders durch seine eigenwillige Erzählweise aus der Masse an Rache-Thrillern heraus. Denn hier wird uns die vollständige Geschichte rückwärts erzählt. Der Film beginnt mit einer blutigen Tat, die eigentlich am Ende der Erzählung steht und erzählt ab diesem Zeitpunkt kontinuierlich rückwärts, steigt mit der nächsten Szene kurz vor der Tat ein, die darauffolgende findet kurz vor der vorherigen statt und so weiter und sofort. Es fällt uns Zuschauern dadurch schwerer, uns in die Geschichte einzufinden, da wir im Grunde immer genau so wenig wissen wie der an Gedächtnisschwund leidende Protagonist selbst... daraus zieht der Film aber auch sehr viel aus seiner Spannung. Denn natürlich wartet Nolan mit einigen Wendungen auf, natürlich ist am Ende nicht alles so, wie es von Anfang an schien und natürlich werden wir immer wieder auf falsche Fährten gelockt. Das Puzzle setzt sich langsam zusammen und bleibt dabei auch interessant, rückblickend fällt dabei aber auch einiges an Füllmaterial auf und auch, dass die Story abseits dieses cleveren Kniffs nicht so viel hergibt. Sie ist sogar regelrecht dünn und auch die wenigen, in ihr spielenden Figuren bleiben relativ vage und blass gezeichnet... sogar der von Guy Pearce stark gespielte Hauptdarsteller Leonard. Wie in vielen von Nolans anderen Werken stellt der Regisseur die verzwickte Geschichte, die eigentlich vorgibt, intelligenter zu sein als sie letztendlich ist, vor große Emotionen. Wir bleiben den Figuren fern und mitfühlen tun wir nur selten... wenn tut uns Leonard wegen seiner ständigen Gedächtniseinbrüche leid, seine menschlichen Miseren können wir aber selten nachvollziehen, da Nolan ihnen zu wenig Zeit aufwendet, sich anstattdessen lieber mit immer wieder neuen kleinen Hinweisen und Subplots beschäftigt, die am Ende zu einem großen, Ganzen führen. Das ist dann für 113 Minuten letztendlich ebenso dünn wie auch anstrengend, aber es ist ein beeindruckendes Experiment, welches meiner Meinung nach aber auf hohem Niveau gescheitert ist. Denn sobald man sich an den Kiniff gewöhnt hat, nach einigen verwirrenden Minuten in die Erzählstruktur eingestiegen ist, ist es eben doch nur noch ein recht gewöhnlicher Thriller, welcher die Geschichte eben rückwärts erzählt. Viel mehr steckt leider nicht dahinter und da reicht es für mich dann eben nicht für einen Kultklassiker. Eine sehr gute Idee gegenüber ansonsten recht viel Kälte und Sterilität, das wiegt sich nicht auf.

Note: 3-


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