Direkt zum Hauptbereich

The Blair Witch Project

Man kann sich schon vorstellen, warum "Blair Witch Project" 1999 so einen gigantischen Hype nach sich zog. Die Produzenten, zwei stinknormale Filmstudenten, erfanden eine ganze Legende und stellten diese übers Internet als wahr hin. Sie preisten das von drei verschollenen Dokumentarfilmern stammende Material als wirklich gefunden an... und als die Leute bereits im Kino saßen und es ein Genre namens "Found Footage" in Hollywood so noch nicht gab, da konnten sie sich nicht sicher sein, ob dies alles nur ein Film oder doch die zusammengeschnittene Realität ist. Manchmal ist der Hype aber eben doch größer als das Werk an sich...

THE BLAIR WITCH PROJECT


Die drei Filmstudenten Heather (Heather Donahue), Josh (Joshua Leonard) und Mike (Michael C. Williams) machen sich auf die Reise nach Maryland, um dort eine Dokumentation über die "Hexe von Blair" zu drehen, welche in den Wäldern ihr Unwesen treiben und Kinder entführen soll. Nachdem sie sich mit den Einheimischen unterhalten haben, schlagen sich die drei selbst in die Wälder, um vor Ort alles unter die Lupe zu nehmen. Doch schon bald schlägt die Freude und die Inspiration in blanke Panik um, als sie sich im dichten Geäst verlaufen und eines Nachts seltsame Geräusche die Ruhe stören...

Ja, die Produzenten haben gut daran getan, ein solch riesiges Mysterium um den Film zu stricken. Zu Zeiten, als nicht jedes Jahr ein neuer "Paranormal Activity"-Film in die Kinos kam und für die Zuschauer Found Footage eben etwas ganz und gar Neues war, da war das etwas besonderes und man kann verstehen, wieso sie sich so vor dem Gezeigten fürchteten. Auch heute noch ist "Blair Witch Project" in dieser Hinsicht gut gemacht, leidet aber natürlich unter der heutigen Masse an Filmen des gleichen Genres und sticht nur noch dadurch heraus, dass er eben der allererste war und somit etwas Neues bot. Ansonsten haben wir hier die mittlerweile bekannten Zutaten: Wackelkameras, Protagonisten, die zumindest nach Namen sich selber spielen, seltsame nächtliche Ereignisse, Panik, Geschrei, kein Soundtrack, starke Toneffekte. Der Film lebt aber gar nicht mal so sehr von seinem Horror, denn dieser wird hier sehr sparsam und bis zum regelrecht ernüchternden Finale auch nur sehr beliebig eingesetzt. Viel mehr überzeugend fällt das Spiel der drei Hauptdarsteller aus, welche sich im Wald verirren. Die Konflikte, die dabei entstehen, die Psychen, die aufeinanderknallen und schließlich vollkommen durchdrehen, das ist schon spannend zu sehen und sorgt dafür, dass wir uns zwar nicht 80 Minuten in den Sessel krallen, aber das Geschehen immerhin einigermaßen interessiert verfolgen. Leider wird diese Freude dadurch getrübt, dass die Charaktere (auch wenn ziemlich gut gespielt) allesamt ziemliche Unsympathen sind. Einzig der lange sehr ruhig und selbstreflexierend agierende Joshua dient ein wenig als Identifikation, doch Mike und Heather nerven schon sehr bald mit ihren ständigen Ausbrüchen. Besonders die einzige Frau in der Clique hätte in der Realität wohl mehrfach eine vor den Latz bekommen, so wie sie ihren Mitverschollenen hier mit dem ständigen "Kamera-ins-Gesicht-halten" und Rumgeeiere auf den Senkel geht. Insgesamt tut sich in Sachen Story auch nur sehr wenig, denn bis auf die erwähnten Konflikte dreht sich diese genauso im Kreis wie die drei Protagonisten bei ihrem Weg nach einem Ausgang aus den Wäldern. Die schlechte Bildqualität ist dabei zwar sehr nützlich, damit das Geschehen "echt" wirkt, aber auf Dauer ist es eben doch anstrengend, wenn man bei all dem Flimmern und den blassen Farben kaum etwas erkennt. Da nützt es wenig, dass die Darsteller tatsächlich im Wald augesetzt wurden, die Dialoge improvisiert und somit wirklich realitätsnah angegangen wurden... der Film an sich ist dann eben doch nur eine Luftblase und hat erstaunlich wenig zu bieten. Kein schlechter Streifen, in Sachen Horror kommt dabei aber nicht mehr rum als ein seltenes Frösteln. Aber wie gesagt: Damals war das neu und beeindruckend und hat sich somit definitiv einen Ehrenplatz in der Horrorgeschichte verdient. Dort tummeln sich ja immerhin noch schlimmere Rohrkrepierer, die ebenfalls einen Klassiker-Ruf innehaben. "Freitag, der 13." zum Beispiel.

Note: 4+


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr...

Meine Erstsichtungen vom 08.07.24 bis zum 14.07.24

Girl You Know It's True: Musiker-Biopic von Simon Verhoeven, mit Tijan Njie, Elan Ben Ali, Matthias Schweighöfer, Bella Dayne, Mitsou Young und Graham Rogers Dem Film über das umstrittene Musik-Duo Milli Vanilli gelingt das Kunststück, einerseits ungemein unterhaltsam zu sein und andererseits einen der größten Skandale der Musikgeschichte zu erzählen, ohne ihn großartig auszuschlachten. Stattdessen gibt der Film den beiden verrufenen Künstlern ihre Würde zurück, indem er die Hintergründe des Aufstiegs und Falls der beiden Ikonen genau dezidiert und dabei nicht wütend mit dem Finger auf einen bestimmten Schuldigen zeigt - das ist dann auch für Kenner noch hochinteressant, bisweilen spannend und mit einigen emotionalen Tiefschlägen ausgestattet. Trotz einiger Längen hält Simon Verhoevens Regie den Film durchweg am Leben, die Musikszenen sind energetisch inszeniert. Zudem wissen nicht nur Tijan Njie und Elan Ben Ali in den Hauptrollen durchweg zu überzeugen, sondern auch Matthias Schw...

Cold Comes the Night

Die alleinerziehende Mutter Chloe (Alice Eve) leitet ein heruntergekommenes Motel, wo immer wieder zwielichtige Gäste eintrudeln und sogar die örtlichen Prostituierten ein Zimmer nehmen, um sich mit ihren Kunden zu vergnügen. Für Chloes Tochter Sophia (Ursula Parker) ist dies kein geeigneter Wohnort, findet das Jugendamt, und droht deswegen sogar damit, sie Chloe wegzunehmen. Als eines Abends ein mysteriöser Reisender (Bryan Cranston) um ein Zimmer für eine Nacht bittet und sich bereits am Empfang merkwürdig verhält, wird Chloe bereits hellhörig. In der Nacht fallen plötzlich Schüsse und zwei Bewohner der Appartements werden tot aufgefunden. Doch ist dies erst der Beginn einer wahren Tortur, durch welche Chloe in den nächsten Stunden noch wird gehen müssen... Es gibt durchaus einige Filme, bei denen ich mich nachträglich mehr als gewundert habe, warum diese nicht das Licht der Leinwand erblickt haben, sondern direkt für den Heimkinomarkt ausgewertet wurden - noch vor Zeiten von großen ...