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Die Kunst zu gewinnen - Moneyball

Ich habe nicht die geringste Ahnung von Baseball. Irgendwas mit Strikes, Bases und Homeruns, ich glaube, dass man mir die Regeln tausendmal erklären könnte, wirklich raffen würde ich es nicht. Warum ich mir "Moneyball" dann angesehen habe, ist also schwer zu sagen, wahrscheinlich weil ich hörte, dass Jonah Hill und Brad Pitt darin so fantastisch agieren sollen. Aber Überraschung: Für den Genuss des Filmes ist überhaupt kein Sportwissen notwendig, denn mit seiner intensiven Dialoglastigkeit (im positiven Sinne) und der großartigen Besetzung funktioniert er auch so sehr gut.

MONEYBALL


Die Oakland Athletics sind in den letzten Playoffs gescheitert und die Zugpferde der Mannschaft wechseln zur Konkurrenz über. Manager und ehemaliger Baseball-Spieler Billy Beane (Brad Pitt) soll neue Spieler finden, arbeitet dabei jedoch gegen seine Berater, denn als er den jungen Yale-Absolventen Peter Brandt (Jonah Hill) kennenlernt, erarbeitet er eine neue Strategie. Durch ein Computerprogramm filtern sie die Spieler heraus, welche in langer Zeit vergessen und wegen kleiner Mankos abgelehnt wurden und die sich die Low-Budget-Mannschaft nun leisten kann. Schnell steht Beane im Kreuzfeuer der Medien und auch der Coach der Mannschaft, Art Howe (Philip Seymour Hoffman), lehnt sich gegen ihn auf. Doch Beane zieht seinen Plan durch...

"Moneyball" ist einer der wenigen Sportfilme, die sich kaum auf dem Spielfeld, sondern größtenteils in den Hintergründen abspielen, in den Büros und Trainigslagern, in welchen die Spieltaktiken entworfen werden. Die Spieler und Trainer stehen hier nicht im Vordergrund, diesmal sind die Männer am Drücker, welche die Hebel ziehen und dazu beitragen, dass eine Mannschaft gewinnt oder verliert. Dies wird recht kühl inszeniert, gewinnt durch seine grandiosen Dialoge jedoch überraschend an Fahrt. Trotz einer Länge, welche die zwei Stunden locker knackt, kommt hier kaum Langeweile auf, bis auf den etwas langsamen Beginn. "Moneyball" ist ein vergleichweise kleiner Film, welcher nicht großspurig inszeniert ist und erst am Ende die Spannung auch aufs Spielfeld transportiert. Zuvor sehen wir Billy Beane und Peter Brandt dabei zu, wie sie mit Manipulation und Durchhaltevermögen dafür sorgen, eine Mannschaft zusammenzustellen, mit der niemand rechnete und die eigentlich auch nie hätte gewinnen dürfen. Der Film wird dadurch sehr dialoglastig und dürfte daher den ein oder anderen Fan, welcher sich bereits auf einen Sportfilm gefreut hatte, enttäuschen... dabei werden aber auch seine unabdingbaren Qualitäten verkannt. "Moneyball" ist durchgehend spannend und interessant und sorgt dafür, dass auch die Menschen, die sich mit Baseball eben nicht auskennen (wie ich) mitkommen, und das ohne die Regeln zu erklären. Der Film stellt schlicht und einfach die Menschen vor das Spiel und macht sich so unspektakulärer, aber auch interessanter und tiefer als die Konkurrenz. Da reicht eine kleine Gestik von Brad Pitt, um die ganze Gefühlspalette klarzumachen, die Misere, in welcher er steckt, zu definieren. Der Film nimmt sich Zeit, um die Konflikte, in welchen die Figuren zu stecken, auszuarbeiten, sodass man am Ball bleibt und mit den Charakteren mitgeht. Dass dies dann auch noch auf einer wahren Geschichte beruht (auch wenn hier und da natürlich ein wenig gestrafft und abgeändert wurde), macht die Story noch greifbarer. Brad Pitt spielt sich hier zurückhaltend und nuanciert die Seele aus dem Leib, definitiv eine seiner besten Leistungen in einer achtbaren Karriere. Neben ihm hält Jonah Hill absolut mit und bewies mit diesem Auftritt, dass er weit mehr kann, als nur den Kasper in mal mehr, mal weniger überzeugenden Komödien zu spielen. Und dann wären da noch ein etwas unterforderter Chris Pratt und ein genialer Philip Seymour Hoffman in einer der letzten Rollen seines viel zu früh beendeten Lebens und wir haben eine Besetzung zusammen, die wirklich top ist, dabei aber nie alle Blicke auf sich zieht, sondern schlichtweg die Figuren perfekt zum Leben erweckt. "Moneyball" ist sicherlich nicht für jeden etwas, doch wer sich für starke Dialoge, gute Figuren und zumindest ein bisschen für die Hintergründe einer der größten Sportarten der Geschichte interessiert, der wird sehr gut bedient, trotz ein paar Längen und einer etwas unnötigen Familien-Sidestory.

Note: 2-


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