Manche Filme rattern einfach an einem vorbei. Leider sind dies dann meist übersehene Perlen, die nur deswegen wenig Aufmerksamkeit erhalten, da sie irgendwie zu "intelligent" und zu "mutig" scheinen, da sie sich gegen das mittlerweile oft so banale Hollywood-Kino auflehnen und erfrischend anders sind. Dies alles vereint "Snowpiercer" in sich, der für die US-Kinos bereits um zwanzig Minuten gekürzt werden sollte, da man ihn als zu komplex und heftig ansah. In Deutschland kommen wir aber zum Glück in den Genuss der ungekürzten Variante.
SNOWPIERCER
Unsere Welt ist im Jahr 2031 von Eis und Schnee bedeckt, ein Leben draußen ist unmöglich, da jedes Lebewesen innerhalb von Minuten erfrieren würde. Die letzten noch lebenden Menschen befinden sich in einem langen Zug, welcher von dem Maschinenexperten Wilford (Ed Harris) seit achtzehn Jahren durch die Welt gesteuert wird. Im letzten Waggon, in welchem Armut, Hunger und Unterdrückung herrschen, befindet sich Curtis (Chris Evans), der einen Aufstand gegen die wohlhabenden Menschen an der Zugspitze anzetteln und das Gefährt übernehmen möchte, um Gleichheit zu schaffen...
Ja, "Snowpiercer" ist wirklich erfrischend anders. Auch wenn die Story als Ganzes jetzt nicht allzu originell daherkommt (die Klassenunterteilung beim nahenden Weltuntergang kennen wir ja auch schon aus dem Hollywood-Kino a la "2012" oder "Land of the Dead"), so ist die Umsetzung dennoch mal wirklich etwas anderes. Man begnügt sich hier nicht damit, perfekt choreographierte und harte Actionszenen zu zeigen, die allein als solches schon genügend Futter bieten würden, man sorgt auch innerhalb noch mit visuell wirklich einfallsreichen Ideen für mehr Spektakel. Ein Kampf findet im vollständigen Dunkel statt, ein anderer erstreckt sich während einer Kurvenfahrt über mehrere Waggons. Optisch bietet "Snowpiercer" trotz eher mittelmäßiger Effekte während der raren Außenaufnahmen, die eher an ein Videospiel erinnern, so einiges und lässt nie zu, dass eine einzige Idee genügt... derer haben wir immer mindestens zwei oder drei auf einmal, was angesichts der starken Kameraarbeit auch nie zu Übersättigung oder Überfüllung führt. Natürlich erinnert der Film, in welchem sich die Protagonisten von einem Zugabteil ins nächste durchschlagen und dabei immer neue Hindernisse überwinden müssen, an eine Game-Levelstruktur, er macht sich diese allerdings zu eigen und wartet dabei mit immer neuen visuellen und storytechnischen Überraschungen auf. Wie jeder neue Waggon ein ganz neues Leben, eine ganz neue Optik enthüllt, das ist schon etwas Besonderes und sorgt immer wieder für Staunen. Auch dass es neben den häufigen, überzeugenden Actionszenen immer wieder angenehme, aber niemals zu lange Ruhepausen gibt, gibt dem Film ein angenehmes Tempo und hält die Spannung hoch. Die Charaktere sind zwar nicht allzu vielschichtig, aber sehr sympathisch, sodass wir auch immer wieder mal traurig sind, wenn einer von ihnen in dem extrem hohen Bodycount sein Leben lässt. Ein wenig mehr emotionale Tiefe wäre hier aber schön gewesen, so werden wirklich interessante Figuren innerhalb von Sekunden abgefertigt, was etwas schade ist. Mit der Tiefe kommt "Snowpiercer" auch erst am Ende so wirklich aus sich heraus, wenn große Antworten gegeben werden müssen. Diese fallen zwar erschöpfend und rund, aber auch etwas unbefriedigend aus, was sich um Schlussakt aufs Tempo auswirkt. Die spektakulärsten Szenen haben wir bis dahin in einem Schul- und einem Saunawaggon bereits gesehen, die Dramatik hatte ihre Höhepunkte bereits... hier kann das Finale nicht mehr mithalten und entlässt uns mit einem zwar konsequenten, aber dennoch etwas enttäuschenden Schluss. Die Schauspieler machen ihre Sache indes fast alle gut, über Jamie Bell, John Hurt, Ed Harris, Ewen Bremner und Alison Pill gibt es in kleinen und großen Rollen nichts zu meckern. Einzig Tilda Swinton nervt in dieser Vorstellung leider mit extremem Overacting und Chris Evans bleibt als konturloser Held etwas blass. Das sind alles kleine Mankos in einem ansonsten konsequenten, harten und erstaunlich anderen Film, der besonders visuell einiges bietet, während in Sachen Storytelling und Dramatik mehr drin gewesen wäre.
Note: 3+
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