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München

Die ganze Welt war schockiert, als während der Attentate um das Münchener Olympiastadion mehrere Menschen starben. Steven Spielberg ist ja nun schon länger dafür bekannt, solch tragische, geschichtlich einschneidende Stoffe filmisch zu verarbeiten, 1993 lieferte er mit "Schindlers Liste" schließlich einen der wichtigsten und erschütterndsten Filme der Geschichte ab. Für "München" schien er also der perfekte Mann zu sein und auch wenn die Ansätze hervorragend sind, ist diesmal leider kein erneutes Meisterwerk dabei herausgekommen.

MÜNCHEN


Nach den schrecklichen Überfällen 1972 in München, bei welchen mehrere Terroristen und alle ihre gefangen genommenen, zivilen Geiseln ums Leben kommen, wird der junge Mossad-Agent Avner Kaufman (Eric Bana) von der Ministerpräsidentin Golda Meir (Lynn Cohen) beauftragt, die sich noch in Europa befindlichen, lebenden Drahtzieher der Operation zu finden und zu eliminieren. Dafür wird ihm ein Team aus vier Spezialisten zur Seite gestellt, welches er anführen soll. Doch mit der Zeit kommen Avner Zweifel an der Operation und es werden Vermutungen laut, dass einer ihrer Mitarbeiter und Geldgeber ein Spitzel sein könnte, welcher die Tötungen sabotiert...

Schon faszinierend, wie geschickt Steven Spielberg die verschiedensten Genres abgeht und dabei dennoch seinem Stil treu bleibt. Er kann Blockbuster ebenso gut wie geschichtliche Dramen, Sci-Fi-Action ebenso gut wie tiefgründige Komödien. Auch mit "München" beweist Spielberg erneut, dass er genau der richtige Mann für diese Art von Story ist, auch wenn sich diesmal einige herbe Schwächen eingeschlichen haben. Positiv zu vermerken ist erst einmal, dass man sich kaum darum schert, eine gewisse Position einzunehmen, sondern eher Fragen stellt und zu Diskussionen anregt. Es wird sich niemals klar auf eine Seite gestellt, sondern es wird gezeigt, wie es stattfand, ohne dabei etwas zu beschönigen. Spielberg bleibt erstaunlich neutral, lässt beide Seiten grausam und kaltblütig handeln und überlässt es dem Zuschauer, daraus seine Schlüsse zu ziehen. Das mag dem ein oder anderen zu einfach und zu unentschlossen scheinen, aber es ist schön, zu sehen, dass man abseits von den Schwarz/Weiß-Zeichnungen auch mal in die Grauzonen hineinschaut. Zudem ist der Film, wie man es auch erwarten durfte, handwerklich phänomenal gemacht. Stammkameramann Janusz Kaminski entwirft grandiose Bilder, die Musik ist passend, die Ausstattung so detailreich und realistisch, dass man sich in die Siebziger zurückwähnt. Zudem wurde auch an realen Orten gedreht und Schauspieler gecastet, welche zu der jeweiligen Abstammung des Charakters passen... so tummeln sich hier neben den Amerikanern massig deutsche, israelische und arabische Schauspieler. Die machen auch allesamt einen guten Job, auch wenn ihnen das Skript nicht allzu viele Tiefen zuschreibt. Denn einzig der gewohnt etwas blasse, überfordert wirkende Eric Bana bekommt eine Art Entwicklung zugeschrieben, während andere bekannte Gesichter wie Daniel Craig oder Ciaran Hinds auf ihre Funktionen beschränkt und somit unter ihren Möglichkeiten bleiben. Dies führt zu weiteren Schwächen, nämlich dass "München" über seine sehr langen zweieinhalb Stunden sehr koordiniert, kühl zur Sache geht und Gefühle und Herz weitestgehend außen vor lässt. Spielberg konzentriert sich mehr darauf, alles so nachzustellen, wie es gewesen ist, auf harten Realismus und geschichtliche Echtheit, er vergisst dabei aber, dass er auch eine fesselnde Geschichte erzählen muss, verstrickt sich in Einzelheiten, verursacht in gedehnten Dialogen viele Längen und kann Spannung und Dramatik nur selten oben halten. Dass man jeden einzelnden der Liquidierungs-Fälle ausgewalzt betrachten muss, auch wenn es die Charaktere und ihre Beweggründe nur selten weiterbringt, ist ein Zeichen dafür, dass Spielberg weniger eine spannende und für den Zuschauer aufrüttelnde Geschichte als viel mehr ein glaubwürdiges Bild zeichnen wollte von dem, was damals wirklich los war. Das reicht dann für sehr markerschütternde, intensive Szenen und einiges an Suspense, aber die Tiefe fehlt dann irgendwie doch. Schade, da Spielbergs Ansätze gewohnt fantastisch sind und in Einzelszenen sein ganzes Genie immer wieder zum Vorschein kommt. Über die gesamte Länge arbeitet er dann aber doch zu kühl.

Note: 3


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