Wenn ein Film einen Haufen Oscarnominierungen einfährt, dann ist das nicht immer ein Zeichen für unumstößliche Qualität, denn oftmals macht es sich die Academy dann eben doch recht leicht, nominiert aussagekräftige Themen auch wenn der Film an sich dann eben nicht zu den besten des Jahres gehört. "12 Years a Slave" beispielsweise war dafür ein gutes Beispiel oder auch der diesjährige Oscargewinner "Moonlight". Nun ist "The Imitation Game", der 2015 für acht Oscars nominiert wurde, sicherlich ein guter Film, aber zu den besten des vorangegangenen Jahres darf er sicherlich auch nicht so schnell gezählt werden...
THE IMITATION GAME
1939 ist der Zweite Weltkrieg ausgebrochen und Deutschland ist auf dem Vormarsch. In England stehen die Zeichen auf Sturm und die Government Code and Cypher School setzt alles daran, die Funksprüche der Deutschen zu entschlüsseln, um ihnen zuvor zu kommen. Dafür wird auch der geniale Mathematiker Alan Turing (Benedict Cumberbatch) eingesetzt, der mit Hilfe einer selbst gebauten Dechiffrierungsmaschine die Codes knacken soll. Schon bald verliert er, mangels treffsicherer Ergebnisse, das Vertrauen seiner Vorgesetzten und seiner Mitstreiter, da er auch als schwierige und egoistische Person gilt. Einzig seine Kollegin Joan Clarke (Keira Knightley) hält zu ihm, doch auch sie weiß nichts von Alans größtem Geheimnis, welches früher oder später sogar zu einer Gefahr für ihn selbst werden könnte...
Benedict Cumberbatch gehört besonders seit seiner Hauptrolle in der Serie "Sherlock" zu den begehrtesten Schauspielern Hollywoods. Dass er auch zu den talentiertesten gehört, hat er mit seiner Hauptrolle in "The Imitation Game", die ihm auch eine Nominierung für den Hauptdarstelleroscar einbrachte, erneut bewiesen: Cumberbatch strahlt in der Rolle, er reißt jede Szene an sich, ohne sich in den Vordergrund zu spielen und auch wenn seine Figur oftmals mehr zum Klischee verdammt wird als es die Realität zulassen würde, weiß er, diese Seiten für seine Darstellung perfekt zu nutzen. Der namhafte Cast zu seiner Seite hat da weitaus weniger Chancen zu glänzen. Matthew Goode nutzt diese wenigen Gelegenheiten noch mehr als gut und auch Charles Dance überzeugt mit einschüchternder Präsenz, wieso jedoch gerade "Fluch der Karibik"-Star Keira Knightley für ihre Vorstellung ebenfalls für einen Oscar nominiert wurde, ist fraglich, denn ihre Leistung ist sicherlich gut, aber auch keinesfalls überragend, was auch für einen unterforderten Mark Strong gilt.
Auf Handlungsebene ist "The Imitation Game" ebenfalls ein zweischneidiges Schwert geworden. Die reale Geschichte, die sich so tatsächlich während des Zweiten Weltkrieges in England abspielte, ist sicherlich faszinierend und gehört zu einem der spannendsten Kapitel der Weltgeschichte, leider nutzt man diese Stärken aber nicht immer für das Drehbuch aus. Gerade in den schwierigeren Elementen der Geschichte, die nicht nur für ein Mainstream-Publikum gedacht sind, macht das Werk es sich oftmals viel zu einfach, geht oberflächlich über wichtige persönliche Erfahrungen und Konflikte der Figuren hinweg und versucht mehr durch den Einsatz der Musik und durch dringliche Überspitzung manch eines realen Ereignisses Spannung und emotionale Involvierung zu erzeugen.
Das funktioniert immer wieder, hätte mit etwas mehr Mut und mehr Hinblick auf die komplexen Konflikte im Innenleben des Protagonisten aber wohl auch weitaus besser funktioniert. Angesichts der behäben Inszenierung von Regisseur Morten Tyldum, der sicherlich schöne Bilder, aber weniger originelle Ideen liefert, will man nie so ganz eintauchen in diese Geschichte. Man kämpft sich durch einige kleine Längen und ist anschließend immer wieder fasziniert von den Charakteren und dieser unglaublichen Handlung, letzten Endes schafft es der Film jedoch nur, solche Gefühle in prägnanten Einzelszenen zu erwecken und nicht über das gesamte Werk hinaus.
Das klingt nun härter als es ist, denn tatsächlich liefert "The Imitation Game" starke Drama-Kost, die sehr gut gespielt ist und auch immer wieder zu bewegen und zu fesseln weiß. Untermalt mit einem starken Soundtrack von "Harry Potter"-Komponist Alexandre Desplat bleibt man trotzdem dran an der vielschichtigen, in mehreren Zeitebenen erzählten Story, die auch für Mainstream-Zuschauer verständlich erzählt wurde. Um dies zu erreichen, muss man manch eine komplexe Fußnote jedoch zügeln, was alles letztendlich etwas oberflächlich und mutlos wirken lässt und all diese Zusammenhänge letzten Endes als einfacher abtut als sie es in Wirklichkeit wohl waren.
Fazit: Stark gespieltes Drama mit schönen Bildern und einer realen, faszinierenden Geschichte. Leider macht es sich das Drehbuch etwas zu einfach und geht über komplexe Konflikte zu schnell hinweg, sodass zwar ein packender, aber kein wirklich intensiver Film bleibt.
Note: 3+
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