Ich verstehe eigentlich überhaupt nichts von Musik, wenn dann habe ich ein Gefühl für instrumentale Filmmusik. Darüber hinaus vermag ich zu sagen ob mir ein Song gefällt oder nicht, oftmals vergesse ich aber sogar die Interpreten, obwohl ich das Lied in und auswendig kenne. Keine Ahnung, irgendwie bleiben mir solcherlei Infos (ganz im Gegensatz zu allem, was mit Filmen zu tun hat) einfach nicht im Kopf. Die Beach Boys sind mir jedoch auch heute noch ein Begriff, zählen sie doch zu den Meistern der damaligen Popkultur. Dass ihnen 2015 mit einem eigenen Biopic aufgewartet wurde, ist dann aber doch zu viel des Guten und unterscheidet sich dementsprechend nicht wirklich von anderen Filmen des gleichen Genres...
LOVE & MERCY
Kalifornien in den 1960er Jahren: Der junge Songwriter Brian Wilson (Paul Dano) ist auf erfolgreichen Pfaden unterwegs und bringt die Beach Boys mit seinen speziellen und gerade deswegen einschlagenden Ideen ganz nach oben. Dennoch kann er einige schreckliche Ereignisse aus seiner Vergangenheit nicht vergessen, was seine Psyche in Bedrängnis bringt und ihn schließlich in den Drogenmissbrauch treibt. Zwanzig Jahre später ist Brians (jetzt: John Cusack) Karriere ins Stocken geraten. Er lernt die Autoverkäuferin Melinda Ledbetter (Elizabeth Banks) kennen und verliebt sich in sie. Der Beziehung steht jedoch Brians strenger Therapeut Dr. Eugene Landy (Paul Giamatti) im Weg...
Der Film von Regisseur Bill Pohland ist weniger ein Biopic, welches die Entstehung und die Lebensgeschichte der berühmten Beach Boys nutzt, sondern eher ein Film, welcher die Leidens- und Lebensgeschichte von Brian Wilson erzählt, dessen geniale Ideen diese geniale Gruppe erst zu solchen Erfolgen trieb. Im Hinblick darauf macht Pohland seine Sache dann auch gar nicht mal so übel, denn er nimmt seine Figuren ernst und hat gerade in den musikalischen Szenen einige herausragende Ideen. Wenn die Beach Boys zusammen in den Studios stehen und mit eigentlich schwachsinnigen, letztendlich aber doch mehr als cleveren Einfällen ihren Songs den letzten Schliff verleihen, der sie von anderen abhob, dann beweist der Regisseur ebenso viel inszenatorische Gewitztheit wie Charme... und ich habe mich selbst mehrfach beim Mitwippen erwischt, wenn die bekannten klassischen Songs zu hören waren.
Dabei kann Pohland auch auf eine fähige und namhafte Hauptbesetzung zurückgreifen, womit man besonders Paul Dano erwähnen sollte, der sich in der Hauptrolle des jungen Brian Wilson (die Erlebnisse des jungen und alten Brian werden hier abwechselnd erzählt, sodass der Film ständig zwischen den 60er und den 80er Jahren hin und her springt) schlichtweg die Seele aus dem Leib spielt. Dass Dano noch immer einer der besten, aber auch unterschätztesten Schauspieler seiner Generation ist, hat er mit Werken wie "There Will Be Blood" oder "Prisoners" mehrfach bewiesen und mit seiner Darstellung in "Love & Mercy" liefert er sogleich den nächsten Beweis ab: Stets am Limit, aber niemals überzeichnend, glaubhaft und sinnlich steigert sich Dano in eine starke Performance hinein, die man so schnell nicht vergisst.
Ihm gegenüber steht John Cusack, der doch recht weit hinter Danos Darstellung zurücksteckt. Sicherlich, Cusack bemüht sich redlich, kann aber etliche Klippen nicht umschiffen, überzieht manchmal etwas schmerzhaft und büßt somit Glaubhaftigkeit ein. An ihm und einer eher blassen Elizabeth Banks sowie einem unterforderten, viel zu klischeehaft zum Antagonisten zurechtgebürsteten Paul Giamatti liegt es dann auch, dass der Handlungsstrang in den 60ern weitaus unterhaltsamer und packender gerät als die Geschichte rund um einen älteren Brian Wilson zwanzig Jahre später.
Während die Atmosphäre in den 60ern rund um Studioaufnahmen, erste Drogen und die ersten Erfolge weitestgehend überzeugt, ist Regisseur Pohland in seinem zweiten Handlungsstrang bedeutend weniger eingefallen, weswegen dieser, auch befeuert von der lauen Lovestory zwischen Brian und Melinda, doch eher schwach vor sich hinplätschert. Letzten Endes bleibt also ein recht wackliger Film, der einige tolle Szenen, wunderbare Musik und einen großartigen Paul Dano liefert. Der Rest kommt dann aber doch uneinheitlich und unbefriedigend daher und biedert sich viel zu schnell den gewöhnlichen Regeln eines Mainstream-Biopics unter, weswegen ich doch recht bald das Interesse an dem Drama verloren habe.
Fazit: In einigen Szenen blüht das Genie der Beach Boys unter einer soliden Regie auf, ansonsten herrscht jedoch eher Flaute. Paul Dano spielt stark, der Rest muss sich ihm jedoch deutlich unterordnen und verschwindet in der klischeehaften Geschichte.
Note: 4+
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