Musiker-Biopics gibt es so einige. Manche sind gelungen, andere doch eher weniger und wie es auf dem Rap- und Hip-Hop-Markt aussieht, haben zwei großartige Filme eigentlich schon zu Genüge bewiesen. In "8 Mile" brachte Eminem sein Leben auf beeindruckende Art und Weise auf die Leinwand und zuletzt wusste "Straight Outta Compton" zwar nicht die Oscars, dafür aber Publikum und Kritiker zu begeistern. Eigentlich war das Thema also erst einmal wieder abgegrast, aber zu dem legendären 2Pac gab es immerhin noch kein Biopic, weswegen man sich über eine Existenzberechtigung hier keinerlei Gedanken machen sollte. Ein guter Film ist dabei aber leider keineswegs entstanden...
ALL EYEZ ON ME
Tupac Shakur (Demetrius Shipp, Jr.) wächst in problematischen Verhältnissen auf. Später interessiert er sich für die Schauspielerei und steigt schließlich ins Musikgeschäft ein: Mit seinen Rap-Texten spaltet er die Nation und feiert gigantische Erfolge. Durch seine Songs will er keine Unterhaltung liefern, sondern auch unangenehme Wahrheiten aus der Welt erzählen, die er als seine erlebt, wodurch er mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt gerät. Dennoch hält Tupac an seinem Traum fest, steigt zu einem angesehenen Mitglied seiner Gemeinschaft auf und macht sich später noch einige Feinde...
Ich muss zugeben, dass ich (wie so oft bei Biopics) wenig Ahnung davon habe, was Tupac Shakur als Mensch wirklich auszeichnete. Natürlich kenne ich seine Geschichte in Grundzügen, weiß von seinem ebenso tragischen wie schockierenden Ende und kenne auch einige seiner Songs. Darüber aufregen, dass man dem Rapper mit "All Eyez On Me" ein schwaches Biopic gegeben hat, kann ich mich aber nicht, da ich dafür zu wenig in der Materie drinstecke... weswegen ich in die einhelligen verschmähten Buh-Rufe der Fans auch nicht einsteigen kann oder will. Als Film an sich muss mich das Werk allerdings überzeugen können und auf dieser Bahn hat er dann tatsächlich so einige Probleme, die sich kaum übersehen lassen, und wenn man noch so sehr mit rosaroter Fan-Brille ein Ticket zieht.
Da ist zum einen der doch arg alte Hut, einen Großteil der realen Geschichte (wobei sich die Macher diesmal so viele Freiheiten herausnahmen, dass sogar Jada Pinkett, damals eine gute Freundin Tupacs, aussagte, dass da kaum etwas wirklich stimmte) als Rückblende zu erzählen. Während seiner Zeit im Gefängnis 1995 gibt Tupac einem Reporter ein aussagekräftiges Interview, welches sich die Macher aneigneten, um sich mit diesem durch die wichtigsten Stationen des Lebens des Rappers zu hangeln. Das hat dann in der ersten Hälfte ein recht angenehmes Tempo, reiht einige intensive Szenen aneinander und zeigt auf recht eindrückliche, wenn auch inszenatorisch recht flache und kühle Weise, wie aus Shakur der Mann wurde, der heute in aller Welt bekannt ist... und das, obwohl oder vielleicht auch gerade weil sein bis heute unaufgeklärter Tod schon über zwanzig Jahre zurückliegt.
Später verliert "All Eyez On Me" (übrgens der Titel von Tupacs letztem Album vor seinem Tod) dann aber doch merklich an Schwung und verliert sich in etlichen Einzelheiten, ohne diese je passend verbinden zu können. Man merkt, dass die Macher schnellstmöglich noch alles zusammenpacken wollten, was die Fans und Menschen dort draußen mit dem Rapper verbinden, ganz gleich, ob es für die Geschichte noch von Wichtigkeit ist oder nicht. Die Folge ist, dass man schier rasant und indes auch mit viel emotionsloser Kälte und Monotonität über viele wichtige Details hinwegsaust und dabei Tupac gar so heroisch ablichtet, dass etliche seiner Taten, die man definitiv nicht gutheißen kann, recht schnell unter den Tisch fallen. Natürlich wird die Frauenfeindlichkeit, der Drogenmissbrauch und auch die sexuelle Belästigung erwähnt, aber wirklich interessieren tut man sich für das Thema nicht und kehrt es dementsprechend schnell unter den Teppich. Nicht falsch verstehen, man muss Tupac nicht unbedingt einen Strick daraus drehen, es zu verharmlosen und für nichtig zu erklären, ist jedoch der falsche Schritt.
Demetrius Shipp, Jr. macht indes einen soliden Job: Er sieht Tupac verflixt ähnlich und kann sich besonders später in markigen Szenen profilieren. In der deutschen Synchronfassung verliert all dies jedoch seinen Reiz: Der Gangsta-Jargon wird mit etlichen "Fucks", "Bro's" und "Motherfuckers" in der kühlen, deutschen Sprachversion enorm aufgesetzt und Harry Potters deutsche Stimme für Tupac zu besetzen, ist ein gigantischer Fehler. Stimme und Schauspiel verbinden sich hier niemals. Einen wuchtigeren Eindruck hinterlässt dafür "The Walking Dead"-Star Danai Gurira als Tupacs Mutter. Während die ebenfalls aus der Zombieserie bekannte, in den Trailern angeteaserte und im Abspann schon als Drittbenannte Lauren Cohan hier nur für wenige Sekunden durchs Bild huscht, beherscht Gurira jede ihrer Szenen und sorgt gleich mehrfach dank einer enormen Ausdrucksstärke und Präsenz für Gänsehaut.
Fazit: Als Biopic tut "All Eyez On Me" Tupac Shakur keinen Gefallen. Es behandelt den Rapper und seine Taten viel zu stiefmütterlich, bleibt gerade in der zweiten Hälfte arg kühl und oberflächlich und grast dabei so viele Kleinigkeiten ab, dass für Tiefe nur noch wenig Zeit bleibt.
Note: 4+
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