Man hätte es kommen sehen müssen: In den konversativen USA stieß alleine schon die Idee der Geschichte rund um zwei homosexuelle Cowboys, die ihre gegenseitige Liebe zueinander entdecken, auf allerlei Gegenwind, es gab sogar regelrechte Proteste. Doch der Mut von Regisseur Ang Lee, der sein Herzensprojekt gegen alle Gegner weiter anführte, zahlte sich aus. Am Ende gab es drei Oscars, die Kritiker waren begeistert und bis heute zählt "Brokeback Mountain" zu den Klassikern des Genres.
BROKEBACK MOUNTAIN
Im Sommer 1963 lernen sich die beiden Cowboys Ennis Del Mar (Heath Ledger) und Jack Twist (Jake Gyllenhaal) auf dem "Brokeback Mountain" kennen, wo sie über mehrere Wochen hinweg Schafherden unter Kontrolle und vor den herumstreunenden Wölfen beschützen sollen. Während dieser einsamen Zeit nähern sich die beiden Männer an und verlieben sich sogar, was Ennis letztendlich erschreckt. Nach ihrem Job wird der Kontakt eingestellt, beide gründen jeweils eine eigene Familie und kehren in ihr normales Leben zurück. Doch als Jack Ennis eines Tages eine Karte schreibt und zu Besuch kommt, keimt die verbotene Beziehung der beiden Männer erneut auf...
Meine Erwartungen an "Brokeback Mountain" waren nicht gerade niedrig, restlos begeistert war ich am Ende aber leider nicht. Das lag sicher nicht an den Regiekünsten des genialen Ang Lee, der später unter anderem auch noch den grandiosen "Life of Pi" inszenierte, denn der zeigt hier erneut, wie ein einfühlsames Drama auszusehen hat. Mit tollen Bildern der verlassenen Naturlandschaften, einer unaufdringlichen Kamera und einem sensiblen Soundtrack entwickelt Lee hier über 134 Minuten eine Atmosphäre, die jederzeit zu der Geschichte passt: Ruhig, leise und sehr, sehr nuanciert. Dementsprechend lässt er sich auch Zeit, die jeweiligen Probleme seiner Hauptfiguren klarzumachen und konzentriert sich dabei insbesondere auf Ennis, der das klare Zentrum des Filmes ist. Über ihn erfahren wir die persönliche Verwirrung, den Zwiespalt und die Gefahr, die über all dem lastet und werden Zeuge von einigen ganz großen Gefühlsmomenten.
Besonders in den familiären Momenten zwischen Ennis und seiner Frau Alma knistert es mehrmals ganz gehörig und hier spielen sich dann auch die ganz großen Dramen ab, auch wenn der Konflikt doch durch eine ziemlich nichtige und vermeidbare Weise ins Rollen kommt, die man hier auch wesentlich intelligenter und leiser hätte inszenieren können. Dennoch spielen der viel zu früh verstorbene Heath Ledger in seiner wohl besten Rolle neben dem Joker aus "The Dark Knight" und Michelle Williams hier ganz, ganz groß auf und sorgen für jede Menge intensive Momente sowie eine Liebesbeziehung, die selten so ehrlich und real auf den Bildschirm gebannt wurde. Dass auch ein Jake Gyllenhaal eine ebenso mutige wie grandiose Leistung darbietet, geht dabei fast unter, dennoch ist Ledger in diesem Film in fast allen Momenten noch ein Stück besser... was sich wortlos in seinem Gesicht abspielt, sobald er die Misere um sich herum erkennt und die brütende Einsamkeit fasst, lässt sich kaum beschreiben.
Darüber hinaus lässt sich "Brokeback Mountain" in seiner Langsamkeit aber auch einiges an Zeit und kommt zumindest im Mittelteil nicht mehr so richtig aus dem Quark. Das ist durchaus gewollt, hat bei mir jedoch zeitweile ein kleines Gefühl der Langeweile ausgelöst, hier spart Lee dann doch ein wenig an den nötigen Drama-Momenten und packt diese erst zum Schluss wieder richtig aus. Auch wurde ich mit der Erzählstruktur von "Brokeback Mountain" nicht ganz warm, die immer wieder sehr schnell mehrere Jahre nach vorne springt. Dies ist einzig und allein am Alter der Kinder abzusehen, die hier wahnsinnig schnell wachsen, was aber auch für einige Glaubwürdigkeitsprobleme sorgt. Denn während Ledger weiterhin aussieht wie ein junger Mann, werden seine Kinder eben immer älter... was schon komisch wirkt, wenn man ihm plötzlich eine erwachsene Tochter mit auf den Weg gibt. So richtig reinkommen fällt bei all den Zeitsprüngen schwer, die Geschichte zieht sich über etliche Jahre, so wahnsinnig viel passiert dann aber gar nicht. Das war sicherlich Ang Lee's Absicht und die Ruhe, die der Film trägt, ist sicherlich auch mal eine schöne Abwechslung, so richtig zünden will dies aber irgendwann auch nicht mehr.
Fazit: Grandios gespielt und von famoser Regiekunst erweckt dauert "Brokeback Mountain" in vielen Momenten schlichtweg zu lange und gibt seinem Drama durch zu viele Zeitsprünge eine kleine Gefühls-Sperre. Dennoch hat der Film seine grandiosen, intensiven Momente, die vor allem von Heath Ledger transportiert werden, der hier selten so gut war.
Note: 3
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