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Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie

Romanverfilmungen, die in erster Linie an ein weiblichen Publikum gerichtet sind, garantieren zwar zumeist große finanzielle Erfolge, stinken qualitativ aber gerne mal ab. Das liegt nicht nur an mir, obwohl ich ein Mann bin, aber nein, ich bin in der Lage, solcherlei Filme gut und unabhängig voneinander zu bewerten... was schwache Werke wie "Den Sternen so nah" oder die immer mehr abgesoffene "Twilight"-Reihe aber eben auch nicht besser macht. Leider schlägt auch "Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie" in genau diese Kerbe und liefert einen streckenweise interessanten, aber auch arg zahnlosen Film nach einer Romanvorlage ab, der vor Kitsch nur so trieft.

WENN DU STIRBST, ZIEHT DEIN GANZES LEBEN AN DIR VORBEI, SAGEN SIE


Auf dem Rückweg von einer Party hat die Highschool-Schülerin Samantha Kingston (Zoey Deutch) gemeinsam mit drei Freundinnen einen schrecklichen Autounfall. Statt im Krankenhaus zu erwachen oder einfach tot zu sein, befindet sie sich jedoch plötzlich wieder in ihrem eigenen Bett... am Anfang des bereits erlebten Tages, der sie letztendlich zu dem tödlichen Unfall führen wird. Zuerst ist Samantha angesichts der Zeitschleife geschockt, später beginnt sie jedoch zu verstehen, dass sie durch das immer wieder neue Erleben ein und des selben Tages die Chance hat, etwas zu verändern... und dabei vielleicht gewisse Menschen zu retten und ihnen neue Hoffnung zu geben.

Gähn. Wer bei dieser Beschreibung nicht direkt an den Comedy-Klassiker "Und täglich grüßt das Murmeltier" denkt, der kennt sich mit Filmen dann wohl doch nicht ganz so gut aus, ist diese Geschichte doch, wenn auch in etwas dramatischerer und nicht ganz so heiterer Form, genau dieser Idee entnommen. Und das Grundkonzept haben wir in den verschiedensten Arten dann auch schon in anderen Filmen und Serien zuhauf gesehen, selbst "Butterfly Effect" und sogar die Mystery-Serie "Lost" führte uns an Abzweigungen, wo die Charaktere Dinge verändern können, indem sie bereits erlebte Situationen neu erleben. Die Geschichte an sich hat also einen gigantischen Bart und dürfte kaum mehr jemanden hinter dem Ofen hervorlocken, nun stellt sich also die Frage, ob und wie Regisseur Ry-Russo Young und sein Team es schaffen, aus diesem Plot noch etwas Neues herauszuholen. Kurz: Schaffen sie nicht. 
Über weite Strecken dümpelt die Geschichte dann doch sehr ereignislos vor sich hin und bis sich Samantha dazu entschließt, die "Chance" zu nutzen und wirklich etwas in ihrem Alltagstrott zu ändern, ist schon die Hälfte des Filmes vorbei. Zuvor legt das Werk ein recht langsames Tempo an den Tag, welches mit klischeebehafteten Charakteren und ewig durchgekauten Subplots anödet, wobei die Chance verpasst wird, in diesen Figuren ein wenig in die Tiefe zu gehen. Zwar erfahren wir einiges über sie, aber wirklich aufregend ist das nicht und handelt sich letzten Endes doch nur um Versatzstücke der üblichen Klischees. In die Hauptfigur verknallter, schüchterner Außenseiter? Check. Blonde Zicke, die sich als Schulqueen aufführt? Dabei. Freakige Dame, die von allen gemobbt wird? Darf natürlich auch nicht fehlen. 
Noch viel verheerender als diese Ansammlung von Stereotypen ist jedoch, dass man sich im weiteren und später merklich flotteren und interessanteren Verlauf nicht traut, mehr als diese altbekannten Muster auszugraben. Natürlich lernen erstmals "fiese" Figuren irgendwann etwas dazu, nicht zuletzt Samantha, die bis dahin auch kein unbeschriebenes Blatt war... auch wenn sie hier schon sehr früh als ziemlich zurückhaltend beschrieben wird, sodass der Fall letztendlich kein großer ist. So entwickeln sich sämtliche Figuren sehr vorhersehbar und nach altbekannten Strickmustern und große Überraschungen gibt es (bis auf eine nette Wendung kurz vor dem Schlussakt, der zwei Geschehnisse recht clever verbindet) gar keine. 
Immerhin müht sich die aus "Why Him?" bekannte Zoey Deutch in der Hauptrolle redlich, wird aber auch hier mit einem großen Problem konfrontiert: Sie spielt gut, für die Rolle einer siebzehnjährigen Jungfrau, die noch mit ihren pubertären Freundinnen giggelt, ist die dreiundzwanzigjährige schlichtweg zu alt und wirkt daher einfach nicht glaubhaft... ein Problem, welches im Teenie-Genre gerne auftritt und was wir auch schon in der gehypten Drama-Serie "Tote Mädchen lügen nicht" betrachten konnten. Immerhin nimmt das Ganze gegen Ende tatsächlich mehr Tempo auf, wird sogar ein wenig spannend und bringt einige interessante Verstrickungen ans Licht. Dennoch wird die Chance verpasst, den Zuschauer am Ende noch einmal zu überraschen, die letzte Wendung sieht der gewiefte Zuschauer nämlich schon sehr lange vorher locker kommen.
Fazit: Der wohl längste deutsche Titel des diesjährigen Kinojahres enttäuscht durch seine zahnlose Geschichte, die voller altbekannter Klischees steckt und sich nicht traut, seinen Figuren etwas mehr mutige Seiten anzudichten, sodass ein ebenso kitschiges wie vorhersehbares Werk bleibt, welches wohl eher für jüngere Zuschauer interessant ist, die noch nicht viel Erfahrung mit solch ausgeleierten Plots haben.

Note: 4




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