Manchmal verstehen sich ein Regisseur und sein Hauptdarsteller so gut, dass sie gleich mehrere Filme innerhalb von wenigen Jahren zusammen drehen. Martin Scorsese und Leonardo DiCaprio können davon beispielsweise ein Lied singen und auch Liam Neeson und Jaume Collet-Serra arbeiteten zuvor bereits drei mal miteinander. Dabei entstanden immerhin zwei solide bis mittelprächtige sowie ein richtig guter Film... es gab also eigentlich keinen triftigen Grund, sich nicht zumindest ein bisschen auf das neueste, inzwischen vierte Werk der beiden zu freuen. Und tatsächlich, "The Commuter" ist sein Eintrittsgeld wert, ist nicht ganz so gewitzt wie "Non-Stop", hält dafür aber mit Wendungen und praktisch durchgehender Spannung bei der Stange.
THE COMMUTER
Michael McCauley (Liam Neeson) hat seinen Job bei der Polizei aus Rücksicht auf seine Familie an den Nagel gehängt und arbeitet nun als Versicherungsmakler. Zu seiner Arbeit pendelt er tagtäglich mit dem Zug - so lange, dass er die meisten Gesichter in den Waggons bereits kennt. Eines Tages setzt sich auf der Heimfahrt eine ihm unbekannte Frau namens Joanna (Vera Farmiga) zu ihm und unterbreitet ihm ein Angebot: Als ehemaliger Schnüffler, der sich mit den Personen an Bord auskennt, soll er einen Menschen ausmachen, der nicht dazupasst. Diese Person habe etwas gestohlen und McCauley soll sie enthüllen - als Belohnung winken 100.000 Dollar. McCauley widmet sich der Aufgabe aus Neugier und findet sich schon bald in einem tödlichen Spiel wieder...
So richtig neu ist das alles nicht und auch der Vita der beiden so oft miteinander arbeitenden Herren Neeson und Collet-Serra fügt dieses Werk nichts Bemerkenswertes mehr hinzu. "Batman Begins"-Star Neeson spielt hier zum wiederholten Male die Rolle eines sympathischen Mittelschichtlers, der auch einige körperliche Fähigkeiten und ein gewisses Köpfchen mitbringt und sich schon bald in vertrauter Umgebung in einer Lage sieht, über welche er die Kontrolle verliert. Und auch der Regisseur inszeniert seinen neuesten Film nicht über etwaige Elemente hinaus, hält einfach das Tempo hoch, wagt wenig, gewinnt dafür aber eben doch recht viel.
Der schnörkellose Thriller hat auch heute noch nichts an Gewicht verloren und man muss es allen Beteiligten eben schon mal zu Gute halten, dass sie über 104 Minuten die Spannung weit genug hochhalten alsdass man sich über etwaige Logiklöcher kaum Gedanken machen kann. Sie kommen mit immer neuen Wendungen um die Ecke, lassen die Atmosphäre der Unbehaglichkeit, der Paranoia immer wieder aufblitzen, ganz gleich, ob man gerade einer ruhigen Szene zusieht oder ob in der zweiten Hälfte gerade klar die Action dominiert.
Das ist weniger der genauen Geschichte an sich geschuldet, die rückblickend doch einige Plotholes offenbart, sondern eben dem hohen Tempo, welches sehr schön mit den Erwartungen des Zuschauers spielt und diese auch immer wieder täuscht. Die ganz große Enthüllung im letzten Drittel kann zwar eigentlich kaum als solche gelten, da jeder halbwegs mitdenkende Zuschauer diese schon lange vorher enträtselt haben wird, zuvor überrascht man uns aber doch mal mehr, mal weniger clever mit einigen sehr schönen Wendungen. Auf Actionebene ist das dann auch eine sehr gelungene Chose: Die Effekte sind nicht immer überzeugend, dafür wissen die Choreographien der einzelnen Kämpfe zu überzeugen und im letzten Drittel beweist Collet-Serra auch, dass er eine große Actionszene, die über mehr als bloße Faustkämpfe hinausgeht, ebenfalls mehr als bravourös im Griff hat und ihre Kraft stark auf die Leinwand übertragen kann.
Interessant gestaltet sich dabei auch die Charakterisierung der Personen im Zug. Auch wenn man als Zuschauer viele der falschen Fährten ahnt, so ist es dennoch mehr als unterhaltsam, sich die verschiedenen Charaktere genauer anzuschauen und nie zu wissen, wem man trauen kann. Innerhalb dieses Geflechts bewegt sich auch Neeson gewohnt überzeugend und liefert sowohl physisch als auch in ruhigeren Szenarien eine starke Leistung. Die weiteren bekannten Gesichter, über "Jurassic Park"-Star Sam Neill, das "Conjuring"-Pärchen Vera Farmiga und Patrick Wilson sowie Fanliebling Jonathan Banks aus "Breaking Bad", sind jedoch leider größtenteils nur in sehr überschaubaren Rollen zu sehen - die Leinwand gehört dabei weitestgehend Neeson und den farbenfrohen, unverbrauchten Gesichtern an Bord des dahinfahrenden Zuges.
Fazit: Rasanter Thriller, der mit einer starken Atmosphäre der Paranoia aufwartet und dabei auch seinen Hauptdarsteller überzeugend in Szene setzt. Gegen Ende verliert das Werk an Schwung und über die Kontrolle seiner Handlung, spannende und schnörkellose Unterhaltung hat man zuvor aber dennoch reichlich erlebt.
Note: 3+
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