Guillermo Del Toro gilt unter Filmfans als einer der interessantesten Filmemacher. Es ist sicher bezeichnend, wenn Tolkien-Fans seinem Abtritt vom Regieruder der "Hobbit"-Filme hinterherweinten, obwohl Peter Jackson nach seiner Maßstäbe setzenden "Der Herr der Ringe"-Trilogie für diese monumentale Aufgabe zurückkehrte (zu einer Zeit, als noch nicht klar war, dass diese unter seiner Fittiche doch recht deutlich scheitern würden). Del Toro hat bis heute oftmals Schwierigkeiten, seine künstlerischen Projekte zu finanzieren, was schade ist, denn auch wenn seine Filme nicht immer überzeugen, liefert er etwas mit, was vielen anderen Regisseuren der heutigen Zeit abgeht: Kreativität verbunden mit schier unbändiger Fantasie...
DON'T BE AFRAID OF THE DARK
Die zehnjährige Sally Hirst (Bailee Madison) zieht gemeinsam mit ihrem Vater Alex (Guy Pearce) und dessen neuer Freundin Kim (Katie Holmes) in das Blackwood-Anwesen, ein verlassenes und renovierungsbedürftiges Haus in Rhode Island. Während Kim und Alex sich bemühen, das Haus in Schuss zu halten und mit der Innenarchitektur ein wenig Geld zu verdienen, erkundet Sally das Haus und stößt dabei auf einige seltsame Mitbewohner in dem versteckten und zugemauerten Keller. Diese rufen ihren Namen, scheinen Kontakt mit ihr aufnehmen zu wollen. Nachdem Sally zuerst neugierig auf die Wesen reagiert, bekommt sie es schließlich doch mit der Angst zu tun - zu diesem Zeitpunkt hat der Schrecken jedoch bereits begonnen...
In Deutschland schafft es dieser Genre-Vertreter nicht einmal in die Kinos - überraschend und irgendwie auch traurig, wenn man bedenkt, was für ein Schund es hierzulande doch recht problemlos in die Lichtspielhäuser schafft, nur weil man diesen eben besser vermarkten kann. Ein richtig signifikanter und in Erinnerung bleibender Grusel-Thriller, wie viele ihn von vornherein erwarteten, ist "Don't Be Afraid Of The Dark" zwar nicht geworden, immerhin aber ein recht atmosphärisches Stück Horror-Famtasy, welches sich hinter ähnlichen Genre-Vertretern nun sicherlich auch nicht verstecken muss.
Rein nach der Marke Del Toro ist das vermarktungstechnisch sicherlich ein wenig schwierig, denn ähnlich wie bei seinem grandiosen "Pans Labyrinth" schlägt die Geschichte doch ein paar... nennen wir es mal, obskure Wege ein. Diese sind nicht ganz so erschütternd und unkonventionell wie in seinem mit mehreren Oscars ausgezeichneten Fantasy-Kriegs-Drama, aber dennoch irgendwie recht besonders - und sicherlich auch originell. Nicht jeder wird sich mit der etwas simplen Storyline anfreunden können, die den leisen Horror in der zweiten Hälfte manchmal gar ins Fahrwasser einer kleinen Komödie lenkt, streckenweise angesichts der lascheren Animationen und manch einer haarsträubenden Wendung gar etwas unfreiwillig komisch wirkt.
Man kann Del Toro aber nicht absprechen, dass er sein Werk, auch wenn er manchmal die Kontrolle darüber verliert, nicht mit einer funktionierenden Atmosphäre ausstatten würde. Das Gemäuer, in welchem sich die Protagonisten bewegen, ist dabei der heimliche Star und wesentlich unheimlicher gestaltet als die doch eher harmlos erscheinenden, bösen Kreaturen in den Wänden - neue Räume tun sich auf, an Ecken und in Gängen gibt es stets etwas zu entdecken und wenn es dunkel wird, schwingen sich seltsame Schatten über die Wände: Del Toro weiß, wie er durch seine Location eine angenehme Schauer-Atmosphäre erschafft, wobei auch der wirkungsvolle Soundtrack von "Logan"-Komponist Marco Beltrami hilft. Auch schauspielerisch bewegt sich der Film auf hohem Niveau, hat mit "Iron Man"-Star Guy Pearce und der versierten Katie Holmes, die in den letzten Jahren ja leider doch ein wenig unter Wert verkauft wird, bekannte und gut aufspielende Gesichter zu bieten. Der Fokus liegt dabei jedoch auf der von Bailee Madison gespielten Sally, was dem Film gut steht. Madison bewies zuvor bereits in dem herausragenden Drama "Brothers", dass sie sich hinter ihren erwachsenen Kollegen nicht verstecken braucht und auch hier überzeugt sie wieder mit einer eindringlichen Performance - eine große Leistung für ein damals elfjähriges Mädchen!
Diese Pluspunkte überdecken aber dann doch nicht einige signifikante Schwachpunkte, denn so schön das Auslassen einiger tumber Klischees (der von "Lost"-Star Alan Dale gespielte Geschäftsmann ist hier eben mal nicht fies, sondern ein richtig netter Geselle) auch ist, Del Toro vermiest uns die eigentlich schöne Gruselstimmung durch ein paar kaum nachvollziehbare Entscheidungen zunehmends. So lässt er die Katze doch schon sehr früh aus dem Sack und zeigt uns die geheimnisvollen Bewohner des Hauses schon während der ersten Hälfte in voller Pracht. Dass diese später dann doch noch mehrmals schemenhaft dargestellt werden, sorgt anschließend nicht mehr für Atmosphäre - der Zuschauer weiß hier schon früh sehr viel mehr als die Protagonisten, was dem Film deutlich Spannung kostet. Gegen Ende überzieht der Regisseur dann, trotz eines recht spannenden Showdowns, sein Metier und will ein wenig zu viel, was doch etwas ermüdend wirkt und die zuvor so schön aufgenommenen, persönlichen Konflikte inklusive origineller Umdrehung der Stamm-Figuren doch etwas zu flott abreißt.
Fazit: Atmosphärischer Grusel mit starken Schauspielern und schönen Bildern, dem jedoch in der zweiten Hälfte leider ein wenig die Puste ausgeht. Die Geschichte entblättert sich zu früh, dafür können wir uns an originellen Figuren und einigen schönen, schaurigen Einzelszenen ergötzen.
Note: 3
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