Es war schon eine Überraschung, dass die allseits hochgelobte Serie "Narcos" ihren Hauptplot, das absolute Aushängeschild, die faktenreiche Erzählung des Aufstiegs und Falls von Drogenbaron Pablo Escobar, schon nach zwei Staffeln beendete. Nun kann man die Macher in dieser Hinsicht loben alsdass sie ihre Geschichte eben nicht bis zum bitteren Ende strecken, wie es so viele andere Serien tun - da man die Formel aber natürlich dennoch weitersenden wollte, musste für die dritte Staffel ein neuer Plot ohne den großen Wagner Moura in der Rolle seines Lebens her. Und hier geht "Narcos" tatsächlich erfrischende Pfade, die zwar nicht immer überzeugend ausfallen, dafür aber erneut auf wahren Fakten basieren...
NARCOS - STAFFEL 3
Pablo Escobar (Wagner Moura) ist tot. Dass das Kokaingeschäft doch bereits während des Falls des einstigen Drogenbarons nicht nur stetig anhielt, sondern sogar noch stieg, lässt die Ermittlungen, die erneut DEA-Agent Javier Pena (Pedro Pascal) anführt, weiterlaufen. Offenbar hat sich das berüchtigte Cali-Kartell, mit dem Pena zusammenarbeitete, um Escobar zur Strecke zu bringen, die Spitze gesichert und verdient mit dem Drogengeschäft Abermillionen. Pena ist nun daran gelegen, auch dieses Kartell zur Strecke zu bringen, wird wegen seiner vergangenen Taten jedoch von Kollegen und Vorgesetzten misstrauisch beäugt...
"Narcos" war noch keine Serie, von welcher man sich gewünscht hat, dass sie ein wenig frischen Wind in den Segeln spüren möge. Ganz im Gegenteil, die zweite Staffel war sogar noch wesentlich spannender als die erste und sorgte während eines grandiosen Herzschlag-Finales für einige der besten Momente der gesamten Serie. Aber gut, so ist das eben mit wahren Geschichten - die verlaufen nicht so, wie es die Dramatiker der Film- und Fernsehlandschaft gern hätten und auch wenn man bei "Narcos" einige der Fakten ein wenig verdreht und überspitzt, um es eben etwas dramatischer und spannender zu gestalten... es sind immer noch Fakten, real geschehene Dinge und an die müssen sich die Autoren hier auch halten.
Und natürlich tun sie das weiterhin, indem sie nach dem unrühmlichen Abgang von Escobar das nächste Kapitel des Drogenhandels aufschlagen, welches in den vorherigen Staffeln auch schon einige Male über den Rand lugte und einige interessante Subplots befeuerte: Das Cali-Kartell übernimmt nun den Antagonistenpart und sorgt dafür, dass Javier Pena (sein früherer, von Boyd Holbrook gespielter Partner Steve Murphy ist hier nicht mehr dabei) so früh nicht in Rente gehen darf. Und ja, die Serie bleibt auch ohne Escobar, um den man sich zuvor ja hauptsächlich drehte, noch spannend genug, um für zehn neue Folgen definitiv dranzubleiben, die Inszenierung ist nach wie vor vorbildhaft, sämtliche Schauspieler verrichten einen unglaublichen Dienst und die musikalische Untermalung ist weiterhin fantastisch. Kolumbien wird durch eine atmosphärische Meisterleistung aller Beteiligten weiterhin auf beeindruckende Art und Weise zum Leben erweckt - zur Atmosphäre trägt auch bei, dass weiterhin gut die Hälfte aller Dialoge in Spanisch gehalten werden, für Hasser von Untertiteln dürfte der viele Lesestoff also erneut eine Herausforderung darstellen.
Mit den Höhepunkten der Serie hält diese Staffel, die zumindest auf den ersten Blick in neue Gefilde segelt und dabei auch Großteile des Figurenensembles austauscht, um den Fakten treu zu bleiben, allerdings nicht mit. Dies liegt an einigen Längen während der ersten Staffelhälfte, während welcher wir uns erstmal an den neuen Ton gewöhnen müssen. Die neuen Figuren werden recht umständlich vorgestellt, es fehlt ein wenig an Tempo und zu Beginn muss sich der Zuschauer in den neuen Plot noch ein wenig einfühlen. Dieser wirkt gerade im Gegensatz zur ersten Staffel glücklicherweise nicht so gehetzt, verläuft aber tatsächlich ein wenig langsam und dreht erst pünktlich zur fünften Folge wieder richtig auf, wenn die alten Qualitäten Einzug halten. Hier weiß erneut das Halten an die realen Fakten in Verbindung mit der Erstellung von schlichtweg erstklassiger Thriller-Kost wieder einmal über mehrere Stunden an den heimischen Bildschirm zu fesseln.
Die Spannung erreicht erneut enorme Höhen, die Actionszenen sind ungemein packend inszeniert und auch aus den zuvor noch etwas gewöhnungsbedürftig skizzierten Figuren (besonders aus den diesmal unzähligen Bösewichten, bei denen man schon genau aufpassen muss, um all ihre Ziele im Hinterkopf zu behalten) wird noch eine ganze Menge herausgeholt. Hier erreicht diese Staffel dann gerade auch aufgrund von später deutlich in den Fokus rückenden Nebenfiguren eine enorme Tiefe und lässt zu, das zu Beginn noch als Randcharaktere abgestempelte Protagonisten schließlich zu den heimlichen Helden dieses Plots werden. Am Ende dürfen wir angesichts einer bereits angekündigten vierten Staffel, die erneut einen Tapetenwechsel ankündigt, zwar noch ein wenig zweifeln (man wird abwarten müssen, wie lange sich die Serie noch in dieser Qualität hält), aber das ist Zukunftsmusik... denn bis hierhin schlägt sich "Narcos" noch ziemlich gut.
Fazit: Die dritte Staffel braucht mit seinem neuen Plot zu Beginn ein wenig, um Fahrt aufzunehmen und auch die Orientierung geht angesichts des neuen Figurenensembles nicht so leicht von der Hand. Hält man jedoch durch, wird man im Anschluss erneut mit atmosphärisch dichter und hochspannender, zumeist faktengetreuer Thriller-Kost belohnt.
Note: 3+
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