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Der letzte Exorzismus

Exorzistenfilme gibt es seit dem wahnsinnigen Erfolg von "Der Exorzist" wie Sand am Meer... und Found-Footage-Horror-Streifen, die uns eine reale Dokumentation vorgaukeln, werden seit "Paranormal Activity" ebenfalls etliche produziert. Natürlich wurden beide Genres auch schon mehrfach vereint, was sicherlich lukrativ ist. Die Werke lassen sich kostengünstig produzieren, auf bekannte Namen darf verzichtet werden und ein Erfolg ist bei dem geringen Budget fast immer gewiss. "Der letzte Exorzismus" schwamm auf dieser Welle 2010 also ordentlich mit und bietet darüber hinaus wenig Neues... scheinbar, denn tatsächlich schafft man es hier, einige Pfade zu betreten, die noch nicht ganz ausgelatscht scheinen.

DER LETZTE EXORZISMUS


Reverend Cotton Marcus (Patrick Fabian) predigt seit seiner Jugend und hat sich auch bereits mit Exorzismen beschäftigt. Dabei glaubt er jedoch nicht an die Existenz von Dämonen und hat sich schon öfters ein wenig Geld dazuverdient, indem er den Bitten nach einem Exorzismus nachkommt... und die "Kunden" in dem Glauben einer wirklichen Teufelsaustreibung lässt. In seinem neuesten Auftrag, der von einem kleinen Doku-Team begleitet wird, fährt Marcus hinaus aufs Land. Dort glaubt der alleinerziehende Vater Louis Sweetzer (Louis Herthum), dass seine sechzehnjährige Tochter Nell (Ashley Bell) von einem grausamen Dämon besessen ist...

"Der letzte Exorzismus" nutzt die Klischees seiner beiden Genres und läutet somit einen 83-minütigen Horror-Thriller der altbekannten Marke ein - sogar der Verlauf der Ereignisse scheint dabei klip und klar aus dem Lehrbuch zu stammen. Da sehen wir erstmal, wer dieser Reverend Marcus eigentlich ist, wie er zum Prediger wurde, lernen seine Mitmenschen und Wegbegleiter kennen und dürfen sich von diesem Mann dann auch anhören, dass er an den ganzen Quatsch eigentlich gar nicht glaubt und Dämonen für religiös verblendeten Unfug hält. Ein Schelm, der da denkt, dass dieser Marcus seine Lektion innerhalb der nächsten achtzig Minuten noch lernen wird, richtig? 
Bis man sich dem Thema des Exorzismus dann aber annimmt, vergeht einige Zeit, denn in der ersten Hälfte müht sich der Film erst mal nur damit, eine unheilschwangere Atmosphäre der latenten Bedrohlichkeit aufzubauen, über seltsame Fremde, die Cotton und seine Crew eigentlich nicht in ihrer Nähe haben wollen bis zur Abgeschiedenheit auf dem Land. "Der letzte Exorzismus" bleibt, auch dank einer Prise Humor, wenn Cottons Tricksereien mit dem gefaketen Exorzismus gegenübergestellt werden, trotzdem kurzweilig genug und wird nie wirklich langweilig... allerdings dauert es eine ganze Weile, bis sich auch eine echte Gruselstimmung einstellen will. 
Diese gibt es, sie besteht aber zu weiten Teilen eben doch nur aus den altbekannten Mustern des Exorzistenfilms - die junge Dame steht urplötzlich in einem Kleid vor der Tür und starrt vor sich hin. Knochen knacken, Körper verrenken sich und natürlich treibt der böse Teufel auch seine Spielchen mit genau den Menschen, die ihn loswerden wollen. Das haben wir alles schon gesehen und trotz einer recht sauberen Inszenierung und den durch die Bank weg glaubwürdigen Darstellern (unter anderem ist auch der aus "Get Out" und "Barry Seal" bekannte Caleb Landry Jones in einer Nebenrolle zu sehen) will das nie so recht fesseln... Horrorfans wissen durch andere, bessere Filme eben mittlerweile, wie der Hase läuft, da ist "Der letzte Exorzismus" im Grunde nur das erneute Abhaken auf der Checkliste der kleinen, kaum beachteten Grusel-Filmchen. 
Doch schließlich wagt der Film dann doch noch, die ausgetretenen Pfade des Genres zu verlassen - ab diesem Moment gelingen dem Werk einige Szenen und Wendungen, die man so nicht kommen sieht, die das Genre in dieser Ausarbeitung auch noch nicht gesehen hat. Hier ist man dem voreingenommenen Zuschauer tatsächlich einige Male um ein paar Schritte voraus, zwingt ihn zu neuem Umdenken und dreht die ganze Situation das ein ums andere Mal um. Das hat dann doch etwas mehr Klasse als zuvor angenommen, wirkt sich sehr gut auf den zuvor nicht gerade hohen Spannungsquotienten aus und sorgt sogar dafür, dass man "Der letzte Exorzismus" als clever und gar ein wenig originell in Erinnerung behalten darf. Das macht zwar die standardisierte erste Hälfte nicht wett und entschädigt auch nicht für die üblichen Horror-Klischees, nimmt aber schließlich während einer cleveren, kleinen Schnitzeljagd und einem intensiven Finale so sehr an Fahrt auf, dass man sich dennoch einige Male fest in die Lehne des Sessels krallt. Und das ist nun wirklich mehr, als man diesem kleinen, zuvor noch so fade und mittelmäßig aussehenden Werks wirklich zutrauen wollte.

Fazit: "Der letzte Exorzismus" ist auf den finalen Schritten wesentlich cleverer und mutiger als viele seiner schnell abgespulten Genre-Kollegen. Zuvor herrscht angesichts der vorhersehbaren Grusel-Einheiten und der klischeehaften Figuren aber auch schon mehrfach grobe Langeweile.

Note: 4+





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