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Abraham Lincoln Vampirjäger

Wahre, historische Ereignisse in eine fiktive Filmhandlung einzuflechten ist besonders in Comics und deren Verfilmungen ein sehr beliebtes Stilmitte. Einige Teile der "X-Men"-Reihe erzählten dabei unter anderem die Beinahe-Eskalation der Kubakrise und der 70er-Jahre neu und flochten darin die Charaktere der Mutanten ein, welche diese Historie offenbar maßgeblich beeinflussten. Eine echte, historische Figur selbst zum Helden einer ansonsten fantastisch angehauchten Geschichte zu machen ist jedoch seltener und so obskur es auch klingen mochte, den wohl bekanntesten Präsidenten aller Zeiten zu einem Jäger von Monstern zu machen... irgendwie hatte das doch Potenzial. Potenzial, welches "Wanted"-Regisseur Timur Bekmambetov jedoch kaum zu nutzen weiß.

ABRAHAM LINCOLN VAMPIRJÄGER


Im Jahr 1818 muss der damals neunjährige Abraham Lincoln (Lux Haney-Jardine) mitansehen, wie der Vampir Jack Barts (Marton Csokas) seine Mutter Nancy (Robin McLeavy) beißt, woran sie wenig später stirbt. Auch Jahre später ist der mittlerweile zu einem jungen Erwachsenen herangereifte Lincoln (jetzt: Benjamin Walker) vom Gefühl der Rache zerfressen und trifft den Vampirjäger Henry Sturgess (Dominic Cooper). Dieser bildet ihn in der Kunst des Kämpfens gegen Vampire aus und hilft ihm dabei, den Mörder seiner Mutter zu finden. Dabei stoßen die beiden jedoch auf weitere Vampire und deren Anführer Adam (Rufus Sewell), der mit seiner Spezies das Land unterjochen will...

Es ist schon möglich, eine solch skurille Geschichte mit dem gewollten Ernst zu erzählen - ob es aber auch eine gute Idee ist, das bleibt man uns mit diesem Film schuldig. Die Trailer und auch die Vorstellung der gesamten Geschichte an sich wirkt ziemlich verrückt, wenn auch sehr einfallsreich, der Unterhaltungswert bleibt aufgrund des weitestgehend fehlenden Humors allerdings vollkommen auf der Strecke. Es ist nicht möglich, diese überladene und besonders in den Actionszenen komplett freidrehende Scharade in irgendeiner Form ernstzunehmen, Regisseur Bekmambetov verlangt jedoch genau das und inszeniert Lincolns Jagd auf Vampire als klassischen Horror-Actioner mit dramatischen Untertönen, wobei der Esprit der Geschichte verloren geht. 
Die Macher verheben sich deutlich dabei, ihren Figuren in irgendeiner Form Konturen zu verleihen, weswegen das Ergebnis letztendlich eher lächerlich denn irgendwie packend wirkt. Als bezeichnend steht dabei der Versuch, ab der Halbzeit Lincolns reale politische Taten mit der Karriere als Vampirjäger zu verknüpfen - was anfangs aufgrund der Verschiebung der Themen noch interessant wirkt, ist später nur noch ziemlicher Humbug, dem der gesuchte Ernst früh genug abgeht. Auf dramatischer Ebene, die hier jedoch immer wieder versucht bedient zu werden, funktioniert der Film schlichtweg nicht, ist weder spannend noch in irgendeiner Form bewegend und bleibt uns somit über den eher lauen Mittelteil hinweg bis zum überkandidelten Showdown (natürlich klassisch auf einem fahrenden Zug) genau das schuldig, was das Hauptaugenmerk eines solchen Films sein sollte: Unterhaltung. 
Bekmambetov drückt diesem mit seinem eigenen, bereits aus dem mittelmäßigen Actioner "Wanted" bekannten Stil noch einmal den Stempel auf - die Actionszenen sind so dermaßen überstilisiert und künstlich, dass dabei die Aufmerksamkeit des Zuschauers als auch jegliche Dynamik flötengeht. Eine zentrale Sequenz in einer in Panik geratenen Pferdeherde sieht dabei so unglaublich billig aus, dass man sich in einem mehrere Jahre alten Videospiel erwähnt - die Effekte sind verwaschen, die CGI-Charaktere werden aufgrund der miesen Effekte in Zeitlupen förmlich in die Länge gezogen und aufgrund der wackligen Kamera und des hektischen Schnitts ist nie wirklich zu erkennen, wer gerade eigentlich was tut. Das Finale ist ähnlich schwach auf der Brust, wirkt enorm künstlich und vollgeladen mit Effekten, die eine solche Sequenz aufgrund ihrer Schwäche nicht tragen können - es wirkt eben wie gewollt, aber einfach nicht gekonnt. 
Immerhin fügt man in den Atempausen aber noch einige nette Anspielungen ein, verknüpft manchmal doch recht clever die realen historischen Momente mit dem überzogenen Fantasy-Murks und sorgt für Kurzweil - angesichts der mauen Geschichte ist der Spaß hier aber leider wieder schnell vorbei. Auch Hauptdarsteller Benjamin Walker kann die Kohlen nie aus dem Feuer holen, bleibt als Titelheld enorm blass und konturlos. Manch ein namhaftes Gesicht macht seinen Job dabei besser: "10 Cloverfield Lane"-Star Mary Elizabeth Winstead hat zwar nicht viel zu tun, zieht sich aber mit genügend Charme noch gut aus der Affäre, Rufus Sewell mimt immerhin einen soliden Bösewicht und die beiden "Captain America"-Stars Dominic Cooper und Anthony Mackie machen ihre Jobs als Mentor bzw. Sidekick auch ganz gut - ersterer darf dabei auch für die einzig nennenswerte, funktionierende Überraschung im Plot herhalten.

Fazit: Verwurschteltes Action-Spektakel, in welchem die schwachen Effekte das Steuer übernehmen, während die Geschichte ihr skurilles Potenzial aufgrund einer viel zu ernsten und gewollt düsteren Atmosphäre verschleudert. Die Macher wollen uns packen, bis auf wenige Momente cleverer Anspielung ist das aber leider eher anstrengend und dämlich als wirklich spannend.

Note: 4




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