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Interview mit einem Vampir

Sind Vampirfilme tatsächlich ausgestorben? Wahrscheinlich nicht, denn manche Genres sind (zum Glück) einfach nicht totzukriegen und alle paar Jahre überrascht man uns doch wieder mit einem Vertreter dieses Horror-Klassikers. Dennoch ließ die Wandlung von mordenden Blutsaugern hin zu im Sonnenlicht glitzernden, blassen Schönlingen, für welche die in ihrem Verlauf immer mieser werdende "Twilight"-Reihe befürchten, dass das Publikum von Vampiren doch erstmal die Schnauze voll hat - zu klar waren noch die Erinnerungen an peinlich-pubertäre Schmonzetten, weswegen man das Thema nicht mehr ganz ernstnehmen wollte. Genaugenommen war das Genre aber schon immer etwas klischeehaft und auch kitschig - ein Aspekt, den auch manch ein Klassiker dabei nicht wirklich ablegen kann...

INTERVIEW MIT EINEM VAMPIR


In einem Hotelzimmer erzählt der unsterbliche Vampir Louis de Pointe du Lac (Brad Pitt) dem interessierten Reporter Daniel Malloy (Christian Slater) seine Geschichte: Vor zweihundert Jahren wurde der des Lebens müde Witwer von Lestat de Lioncourt (Tom Cruise) in einen Vampir verwandelt. Beide leben ihre unsterbliche Präsenz nun des Nachts aus, wobei sich Louis jedoch strikt weigert, Menschen zu töten, um durch ihr Blut zu überleben. Lestat hingegen mordet pro Nacht mehrmals, was die beiden schon bald gegeneinander aufbringt. Als die beiden die Bekanntschaft des kleinen Mädchens Claudia (Kirsten Dunst) machen, entsteht ein Konflikt, der Opfer fordern soll...

Zu Beginn hat es der Film, der zumindest in gewissen Kreisen als Klassiker gilt und der auch die Rückkehr des seit langer Zeit irgendwie untergegangenen Vampir-Streifens in Gang brachte, noch geschafft, mich zu fesseln. Regisseur Neil Jordan findet eine beeindruckende Bildsprache, die in wunderschönen Aufnahmen, einem starken Soundtrack und für das Jahr 1994 beachtlichen visuellen und Make-Up-technischen Effekten einen kleinen Sog entwickeln. Jordan vereint dabei die üblichen Klischees in einem eigenen Sammelsurium zusammen und erschafft ein optisches Feuerwerk, welches zumindest am Anfang ein recht hohes Tempo an den Tag legt... und auch einen ziemlich üppigen Bodycount. Es wird sehr viel gestorben, es fließt jede Menge Blut und es gibt etliche Leichen zu bewundern - was das angeht, ist der Film sicherlich nicht glattgebügelt und macht dem Genre damit alle Ehre. 
Es war zuvor anzunehmen, dass man mit der Besetzung der damaligen Mega-Stars Tom Cruise und Brad Pitt, die im Grunde in jedem Film mitspielen konnten und ohnehin eine große Anzahl kreischender junger Damen in die Lichtspielhäuser strömen ließen, auch den Horror wegschließen würde, um sich eher beim Mainstream anzubiedern. Nun ist "Interview mit einem Vampir" zwar einigermaßen brutal geraten, so ganz aus der Affäre kann sich das Team angesichts dieser Skepsis aber nicht ziehen, denn die Zielgruppe bleibt dennoch eine eindeutige. Cruise und Pitt sehen, bis auf wenige Momente, natürlich stets wie aus dem Ei gepellt aus - der Tod scheint beiden optisch also wirklich nichts anzuhaben, sodass die damaligen Kinobesucherinnen trotz viel Blut und Mord noch immer in den Sesseln dahinschmelzen konnten. 
Über diese Basis hinaus pflegt man auch die üblichen Klischees des Genres, mit denen ich jedoch nichts anfangen kann: Alles wirkt gestelzt und theatralisch, die Charaktere hauchen sich mehr an als dass sie wirklich miteinander sprechen, in jeder Nahaufnahme blitzen die scharfen Eckzähne und generell scheint jeder Dialog erotisch aufgeladen zu sein. Jedes Wort wird bedrohlich und wichtig ausgesprochen, was den Gesprächen eine seltsame Theater-Aufladung gibt - nichts wirkt echt, alles wirkt nachhaltig gespielt. Dialoge gibt es dabei zuhauf, besonders im weiteren Verlauf verfällt "Interview mit einem Vampir" in eine erstaunlich ermüdende Geschwätzigkeit, dreht sich innerhalb ständiger Fragen, Schuldzuweisungen und Legenden nachhaltig im Kreis. So richtig weiß man hier nicht, worauf die Macher eigentlich hinauswollen, deswegen wird immer wieder um die Gunst des anderen gebuhlt oder einfach mal eine Kehle aufgeschnitten, um die doch recht dürftige und kitschige Handlung zu verbergen. 
Mit der Zeit verlor ich somit deutlich das Interesse an diesem Spiel, welches sich um Ecken schlawinert, dabei aber nie wirklich vorankommt und im Kern enorm wenig zu erzählen hat - ein Trauerspiel, wenn man bedenkt, dass die Geschichte über 200 Jahre abdecken soll. Der einzige, der dem ganzen noch ein wenig Bodenständigkeit verleiht, ist "Benjamin Button"-Star Brad Pitt, der immerhin mit Ruhe und nachvollziehbarer, emotionaler Stringenz beteiligt ist. Auch die beim Dreh gerade einmal elfjährige Kirsten Dunst, die anschließend mit "Jumanji" und der "Spider-Man"-Trilogie von Sam Raimi weitere Erfolge feierte, macht ihre Sache mehr als ordentlich. Der Rest der namhaften Besetzung, darunter Tom Cruise, Antonio Banderas und "The Reaping"-Star Stephen Rea, chargieren dahingegen enorm und machen diese Horror-Mär zu einem teils lächerlichen, teils einfach enorm überzogenen und somit nur selten spannenden Stück, welches viel mehr sein möchte, als es das letztendlich wirklich ist.

Fazit: Theatralisches Schauermärchen, welches überzogen und arg geschwätzig abläuft und dabei niemals den Anschein macht, das hier könnte wirklich ernstgemeint sein. Man suhlt sich in Klischees und aufwendigen Genre-Details, die ebenso liebevoll wie nervig wirken und lässt dabei sogar Top-Stars in einer wenig spannenden Handlung endlos chargieren.

Note: 4+



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