"Downsizing" ist der erste Film in diesem Jahr, auf den ich mich wirklich wie Bolle gefreut habe, was ganz unterschiedliche Gründe hat. Zum einen spielten die Grundidee des Films und der wirklich catchige Trailer mit, zum anderen war es die Regie von Alexander Payne, die mich neugierig machte. Ich mochte "The Descendants" unter seiner Führung enorm gerne und wie Payne nach seinem Familiendrama nun dieses Thema umsetzen würde, das hat mich schon schnell angefixt. Dazu kommt eine recht starke Star-Besetzung und fertig ist ein Film, auf den man sich freuen darf... ausgerechnet dieser nimmt nun aber den Posten des bisher schwächsten Werkes dieses noch sehr, sehr jungen Jahres ein.
DOWNSIZING
Das allumgreifende Problem der Überbevölkerung auf dem Planeten Erde scheint gelöst: Durch das sogenannte wissenschaftliche Prinzip des "Downsizing" werden Menschen auf zwölf Zentimeter geschrumpft, verbrauchen weniger Platz, hinterlassen weniger Müll und leben in kleinen Ländern, wo ihr Geld wesentlich mehr wert ist. Insbesondere aus dem finanziellen Aspekt entscheiden sich auch Paul Safranek (Matt Damon) und seine Frau Audrey (Kristen Wiig) für den Eingriff... als Paul jedoch in "Leisureland" als winzig kleiner Mann aufwacht, sieht er sich bereits mit der ersten unangenehmen Überraschung konfrontiert. Mit der Zeit muss er feststellen, dass die menschlichen Probleme trotz teurer Villa und weniger Kriminalität noch immer dazugehören und dass es als kleiner Mann gar nicht so einfach ist, noch ein zufriedenes Leben zu fristen...
Die besten Momente besitzt "Downsizing" tatsächlich, bevor es überhaupt zur wirklichen Hauptattraktion kommt. Die Geschichte, wie das Schrumpfen von Menschen langsam aber sicher zum Alltag in der Bevölkerung wird und wie Paul und Audrey mit der Möglichkeit liebäugeln, tatsächlich nach Leisureland zu ziehen, steckt voller charmantem Witz, leisen Dramatönen und interessanten, wissenschaftlichen Aspekten. Während der ersten Dreiviertelstunde behält Regisseur Alexander Payne den Blick über das große Ganze, nimmt seine Charaktere ernst, nimmt seine Zuschauer mit auf eine unaufgeregte und dennoch herrlich unterhaltsame Tour. Er rutscht nicht in simple Gaga-Momente ab, inszeniert seine Geschichte nicht als halbgares Abenteuer, sondern als ruhiges und sensibles Drama mit klarem Komödien-Touch und genau diese Entscheidung steht "Downsizing" unglaublich gut zu Gesicht und hebt den Film von anderen Genre-Vertretern ab.
Mit der Zeit verliert Payne dann aber deutlich die Kontrolle über sein Produkt - lange Zeit wird nie wirklich klar, in welche Richtung die Geschichte überhaupt verläuft, ab dem Mittelteil treten aufgrund der arg holprigen Dramatik und des sparsamen Tempos auch einige Längen auf und im letzten Drittel dreht der Film dann auch noch vollkommen frei. Man muss Alexander Payne generell deutliches Lob dafür aussprechen, dass er in seinem Werk einige exestenzielle Fragen stellt und dadurch auch seinen Film dem Risiko aussetzt, zu einem recht seltsamen Genre-Hüpfer zu verkommen, trotzdem reicht das nicht, um den Zuschauer wirklich zufriedenzustellen. In einigen Momenten übertreibt es Payne deutlich mit dem Gutmenschentum, reiht sich in Kitsch-Phrasen ein und fährt auch den dringend benötigten, auflockernden Humor zurück, um sich ganz einer ziemlich bitterernsten Geschichte zu verschreiben, die auch böse und unangenehme Themen anfasst.
Das ist an und für sich keine schlechte Entscheidung und immerhin sehr originell, trotzdem passt das am Ende eben hinten und vorne nicht zusammen. Charaktere werden für den Unterbau der letzten Endes doch eher mauen Geschichte verschleudert, der Handlung fehlt es an einem bedeutsamen roten Faden, sodass einige dramatische Entscheidungen später niemals den emotionalen Ballast mitbringen, den sie nötig gehabt hätten. Da bleibt das Publikum trotz den auf der Leinwand spielenden großen Gefühlen doch eher unberührt, da sich Payne nie wirklich für eine Richtung entscheiden kann, mehrere Haltestellen abklappert und wieder stehenlässt und sich dann wundert, wenn die Zuschauer ihm zu seinem großen Ziel nicht mehr wirklich folgen wollen.
Am Drehbuch hätte man also noch dringend feilen müssen, den Schauspielern kann man indes aber wenig Vorwürfe machen. "Green Zone"-Star Matt Damon macht in der Hauptrolle eine durchaus solide Figur - die Rolle des sympathischen, aber eben nicht sonderlich erfolgreichen Mannes aus der Mittelschicht liegt ihm einfach. Nicht ganz überraschend erweist sich hingegen ein anderer als klarer Szenendieb: Der zweifache Oscarpreisträger Christoph Waltz ist in seinem Part als egozentrischer, selbstverliebter Nachbar, der eine Party nach der anderen schmeißt, schlichtweg umwerfend komisch und unterstreicht seine Darstellung mit den typisch tarantino-mäßigen Onelinern, die meistens auch zünden. Eine Erwähnung wert ist auch Newcomerin Hong Chau, der in der zweiten Hälfte eine durchaus rührende und originelle Schlüsselrolle zufällt und die im Gegensatz zu "Ghostbusters"-Star Kristen Wiig oder dem für ein Cameo herangezogenen Neil Patrick Harris dann auch auf emotionaler Ebene mehr zu tun hat.
Fazit: Alexander Payne bekommt seine Geschichte selten wirklich unter Kontrolle, er verliert den roten Faden und büßt damit an emotionalem Ballast ein. Das wirkt etwas wirr, sogar schlecht durchdacht, hat dafür aber dank toller Schauspieler und originellen, unkonventionellen Ideen immer wieder kleine Momente zu bieten, die magisch anmuten.
Note: 3-
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