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The Bling Ring

Wahrscheinlich haben wir alle schon mal richtig miese oder einfach nur dämliche Dummheiten begangen. Gerade wenn wir jünger sind, vielleicht rebellieren und Adrenalin spüren wollen, bedenken wir manch eine Konsequenz nicht, die durch unsere Taten entstehen kann... denn diese scheint gerade nicht so wichtig. Zumindest bis uns der Boden unter den Füßen weggezogen wird, obwohl wir gerade damit gerechnet haben sollten. Man fragt sich, warum wir so furchtbar dumm gewesen sind und versucht, eben dies als Erfahrung abzuhaken und den Fehler bloß nicht wieder zu begehen, fürs weitere Leben daraus zu lernen. Eine in diesem Kern faszinierende Geschichte trug sich vor einigen Jahren in den USA zu, als der "Bling Ring", eine Gruppe aus jungen Menschen, sich daran machte, in die Häuser von Prominenten einzusteigen. Sofia Coppola hat dieser Geschichte 2013 auch ein filmisches Statement gewidmet...

THE BLING RING


Marc (Israel Broussard) ist neu in der Schule und recht froh darüber, mit Rebecca (Katie Chang) gleich am ersten Tag ein junges Mädchen kennenzulernen, welches ihn unter ihre Fittiche nimmt. Sie nimmt ihn auf eine Party mit und gleich darauf zu einem Streifzug durch die nächtlichen Straßen Kaliforniens, um nicht abgeschlossene Autos nach Geld und Drogen zu durchforsten. Doch das reicht ihnen bald nicht mehr und als Rebecca auf die Idee kommt, doch mal bei Superstar Paris Hilton einzusteigen, die sich in diesem Moment laut Internet nicht in der Stadt befindet, ist auch Marc Feuer und Flamme. Gemeinsam mit weiteren Freundinnen Rebeccas nehmen sie Schmuck, Klamotten und Bargeld an sich, genießen ein Leben im Luxus... bis eines Tages die ersten Aufnahmen von Überwachungskameras in den Nachrichten laufen.

Basierend auf einem Vanity-Fair-Artikel, durch den ans Licht kam, wie und wieso fünf junge Menschen in zahlreiche Promi-Villas eindrangen, liefert "Lost in Translation"-Regisseurin Sofia Coppola hier einen Film, der wesentlich weniger ist, als er sein sollte und dennoch mehr, als man auf den ersten Blick vermuten würde. Denn mit Sicherheit hätte man aus dem Stoff gerade hinsichtlich einer fokussierteren Geschichte und interessanter Charaktergestaltungen mehr machen können. Wo der Plot nämlich im Grunde nur in den ersten zwanzig und in den letzten zwanzig Minuten wirklich zum Tragen kommt, während der Mittelteil eigentlich bloß eine ewig lange Collage aus Einbrüchen, Partys und dem Einnehmen illegaler Substanzen ist; und die Charaktere hier niemals in Frage gestellt, niemals eine Reise in ihr Seelenleben unternommen wird, genau da liegt die Krux. 
Coppola hätte tatsächlich einen Blick hinter diesen "Ring" werfen, unangenehme Fragen aufwerfen können. Stattdessen zeigt sie nur ein Abziehbild dieser Figuren, bleibt ihnen merkwürdig fern. Ihre durchgehenden, sich im Kreis drehenden Party-Drogen-Konsum-Collagen sind atmosphärisch dicht inszeniert, musikalisch hervorragend abgestimmt und berauschend gefilmt, doch es ist schon erstaunlich, wie wenig Plot dabei herumkommt und wie wenig man über die Charaktere erfährt, denen man hier beim Einbrechen und Kreischen zusieht. Und obwohl man angesichts der Dreistigkeit dieser Figuren durchaus fasziniert ist und ihre gefährliche Rebellion in Ansätzen nachvollziehen kann, man kommt nicht umhin zu denken, dass man so gerne mehr über sie erfahren hätte. Was es ihnen gibt, sich an den Reichen und Schönen zu laben. Was Marc antreibt, sich an diese Mädels zu hängen und wie genau die Freundschaft zu Rebecca überhaupt voranging - gerade diese funktioniert hier nämlich wirklich nur auf der Behauptungsebene. 
Natürlich liefert Coppola die kritischen Antworten gleich mit, wenn sie aufdringlich aufzeigt, dass es den jungen Menschen nur um eines geht: Anerkennung. Sie teilen ihren Lifestyle über Facebook, lassen sich von den unsichtbaren Likes und Kommentaren feiern, erreichen dadurch ihre Daseinsberechtigung. Doch für eine solche Geschichte, die so viel tiefer und zynischer hätte sein können, ist das zu wenig und angesichts der Klarheit der Message ist das auch etwas zu flach. Gerne hätte man diesen Mittelteil, so atmosphärisch und brillant inszeniert er auch sein mag, also durchaus zusammenstauchen können, um am Ende die Läuterung dieser schockierten Teenager, sobald die Polizei an ihre Tür klopft, etwas ausführlicher zu zeigen. Hier gelingen Coppola nämlich ein paar satirische Spitzen, die gefallen, allerdings hier schon wieder im Eiltempo abgefrühstückt werden müssen, da nur wenige Szenen später bereits der Abspann zu rollen beginnen möchte. Im Kern bleibt man uns also einiges schuldig und wirklich viel schlauer sind wir am Ende eben auch nicht, da Coppola sich verweigert, genauer hinzusehen. Das ist irgendwie auf beinahe dreiste Art faszinierend, aber nicht erhellend und alsbald redundant, trotz spielfreudiger Jungstars und fescher Bildsprache. Es ist unterhaltsam und manchmal gar packend... aber es hätte nun auch so dermaßen viel mehr sein können als eben nur das.

Fazit: Coppola inszeniert den wahren Raubzug der famegeilen Teenager atmosphärisch dicht und inszenatorisch sicher, aber auch redundant. Sie nähert sich den Charakteren kaum an, verweigert sich einer Plotstruktur und fasziniert somit zwar, erhellt aber nicht. Der Film bleibt damit klar unter seinen Möglichkeiten.

Note: 3




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