Direkt zum Hauptbereich

Million Dollar Baby

Clint Eastwood ist fraglos einer der größten Regisseure unserer Zeit und selbst mit den bald 90 Lenzen, die er schon auf dem Buckel hat, wird er offensichtlich nicht müde. Er steht zwar nicht mehr vor der Kamera, doch die Regie übernimmt er immer noch und hat sein Handwerk dabei keineswegs verlernt. Nicht jeder seiner Filme hat mir dabei gefallen - gerade den von allen Seiten so hochgelobten "Gran Torino" mochte ich zwar, empfand ihn aber definitiv nicht als das Meisterwerk, zu welchem er von allen Seiten gemacht wurde. "Million Dollar Baby" sah ich vor einigen Jahren und konnte dem damals ebenfalls wenig abgewinnen, nun holte ich ihn jedoch, erwachsener und ruhiger, nach. Und siehe an: Diesmal sagte mir das oscarprämierte Boxerdrama, trotz einiger sichtlicher Schwächen, richtig zu...

MILLION DOLLAR BABY


Frankie Dunn (Clint Eastwood) hat sein eigenes Boxstudio, in welchem er junge Hoffnungen des Boxsports trainiert. Verweigern tut er sich dabei nur vor Frauen und erteilt somit auch der jungen Sportlerin Maggie Fitzgerald (Hilary Swank) eine Abfuhr, als diese ihn nach einem Kampf fragt, ob er nicht Lust hätte, sie zu trainieren. Doch Maggie gibt nicht auf, meldet sich in seinem Studio an und erlangt so die Aufmerksamkeit des knurrigen Trainers. Der sieht sich, da sein hoffnungsvollster Schüler abspringt, nämlich in einer Bredouille und nimmt sich deswegen des weiblichen Talents an. Rasch entsteht zwischen beiden eine innige Freundschaft, die im Laufe von Maggies Karriere jedoch auch viele Tiefen durchwinden soll...

Vier Oscars gab es für dieses Boxer-Drama und somit bewies Clint Eastwood nur rund anderthalb Jahre nach seinem ebenfalls mehrfach belohnten Thriller "Mystic River", dass er auch in höherem Alter noch absolut grandiose Filme machen kann. Ob nun alle dieser goldenen Statuen für "Million Dollar Baby" wirklich so verdient sind, das mag jeder für sich selbst entscheiden, doch darf man gerade die Auszeichnung für Morgan Freeman als bester Nebendarsteller etwas in Zweifel ziehen. Freeman ist, wie immer, absolut großartig, seine im Hintergrund immer wieder verschwindende Nebenrolle dürfte aber sicherlich die beste des Jahres 2004 gewesen sein - da ist bei der Academy wohl der allgemeine Jubel über das Gelingen dieses Films als Ganzes noch mitgeschwungen. Das soll natürlich keinesfalls heißen, dass "Das Beste kommt zum Schluss"-Star Freeman hier in irgendeiner Form nicht abliefern würde, ganz im Gegenteil. Er ist brillant, doch hätte ich die ebenfalls Nominierten Clive Owen für "Hautnah" oder Jamie Foxx für "Collateral" hier doch lieber mit einer Goldstatue winken sehen. 
Absolut verdient ist hingegen der Sieg von "Betty Anne Waters"-Star Hilary Swank, die ich allgemein ungern sehe, die in diesem Film sowohl physisch als auch auf emotionaler Ebene absolut brilliert. Zwischen ihr und dem eigentlichen Hauptdarsteller Clint Eastwood sprühen die Funken nur so und obwohl die Geschichte einer aufkeimenden Freundschaft zwischen Trainer und Sportlerin auch etwas bemüht hätte wirken können, kauft man beiden die gegenseitigen Gefühle füreinander zu jeder Sekunde ab. Eastwood selbst hat sich hier direkt in den Fokus gesetzt und das ist auch richtig so, ist die Rolle des knurrigen, mit seinem Leben hadernden und seine Entscheidungen in Frage stellenden Frank Dunn ihm doch förmlich auf den Leib geschneidert. Es geht hier also wesentlich weniger um die Boxerin Maggie, die sich von ihrer Familie abgrenzen und ihren schier unmöglichen Traum verfolgen will als um den alten Mann, der skeptisch auf sein Leben zurückblickt und fürchtet, dass er Chancen und Gelegenheiten nie richtig wahrgenommen hat. 
Mit ruhiger Hand, Weisheit und leisen Tönen erzählt Eastwood, der Regisseur, diese lebensbejahende, stellenweise tieftraurige Geschichte, die zum Glück nie in unglaubwürdigen Glückskeks-Kitsch abdriftet und trotz der Fokussierung auf den Boxsport durch und durch menschlich bleibt. Die Boxkämpfe an sich sind hervorragend choreographiert und gefilmt, schmerzen und packen. Noch zielsicherer ist jedoch das grausame Drama, welches sich nach einer einschneidenden Wendung im letzten Drittel entfaltet und wie Eastwood es schafft, hierbei kaum auf die Tränendrüse zu drücken und dennoch so große Gefühle aufzufahren, das muss man einfach gesehen haben. 
Zuvor gleitet ihm der Film aber doch hin und wieder aus den Händen: So sind einige der Subplots nicht sonderlich gut geschrieben und besonders ein Ausflug zu Maggies Familie kommt ziemlich klischeehaft und ruppig daher. Im direkten Gegensatz ist die Geschichte eines hoffnungslosen, jungen Boxers, gespielt von "Beim ersten Mal"-Star Jay Baruchel, wesentlich stimmiger, kommt am Ende aber nicht zu einer wirklich glaubwürdigen Konklusio, da dieser Plot recht konstant von der restlichen Geschichte abgegrenzt wird. Trotz dieser Schönheitsfehler ist Eastwood aber dennoch ein markanter Film gelungen - nicht einer seiner besten, aber dennoch ein sehr guter, der gerade im Genre des Boxer-Films durch seine leisen Töne durchaus hervorragt.

Fazit: Das Boxer-Drama von Clint Eastwood, der hier auch bravourös die Hauptrolle bekleidet, weiß durch seinen grandios aufspielenden Cast, die furiosen Szenen im Ring und besonders durch sein menschliches, leise erzähltes Drama zu überzeugen. Nicht Eastwoods Bester, aber dennoch ein sehr guter.

Note: 2-




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se