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Die Schwester der Königin

Intrigen gibt es immer und überall, ganz gleich, wo man sich aufhält. Manchmal sind es nur kleine Lästereien, doch gerade hinter den verschlossenen Türen der Häuser, in denen Menschen mit viel Macht residieren, wird es ziemlich heiß hergehen - da braucht man auch ohne die Kenntnis von entsprechenden Serien und Filmen nicht viel Fantasie, um sich auszumalen, wie link dort hin und wieder gehandelt wird. Das war auch früher schon so, wie uns beispielsweise auch "Game of Thrones" über acht Staffeln hinweg eindrucksvoll präsentierte... und vielleicht war es früher angesichts fester Regeln und Werte sogar noch schlimmer. Ein klarer Geheimtipp zu diesem Thema ist das Kostümdrama "Die Schwester der Königin", der mit cleverer Finesse, aber auch boshafter Klarheit aufzeigt, wie spinnefeind sich gar Familien sein können, wenn es um Macht und die Aussicht auf den Thron geht.

DIE SCHWESTER DER KÖNIGIN


Henry VIII. (Eric Bana), der König von England, steckt in einer Zwickmühle. Seine Ehefrau Katharina von Aragon (Ana Torrent) erleidet eine Fehlgeburt und kann daher keinen Thronfolger mehr gebären. Der König reist zur Familie Boleyn, was Oberhaupt Thomas Boleyn (Mark Rylance) dazu veranlasst, seine ledige Tochter Anne (Natalie Portman) in den Vordergrund zu stellen. Diese umgarnt den angesprochenen Henry auch sogleich, allerdings verfällt dieser alsbald Annes jüngerer Schwester Mary (Scarlett Johansson), die bereits verheiratet ist. Zwischen Anne und Mary entbrennt ein stetiger Kampf um das Herz des Königs... und die Machtstellung, die ihre ganze Familie vor dem Ruin bewahren könnte.

"Die Schwester der Königin" ist zwar ein Kostümdrama, in welchem es im Ansatz auch um das Verheiraten, um das Erobern der Liebe geht... aber dennoch kann man sich kaum vorstellen, dass dieser Film noch unromantischer hätte sein können. Und das ist absolut nicht negativ gemeint, da der Film schon früh all die sentimentalen Träumereien von sich schiebt, um ganz und gar dem feurigen Kampf der Intrigen Platz zu machen. Und was das angeht, muss sich dieser auf wahren Begebenheiten fußende Film auch nicht hinter der aktuellen Polit-Serie "House of Cards" zu verstecken - hüben wie drüben kämpfen machtvolle Personen und eben die Menschen, die sich gern einen Teil dieser Macht sichern möchten, mit harten Bandagen. 
Da wird dann auch vor der eigenen Familie nicht haltgemacht und besonders der Konflikt der beiden Schwestern, die hier beide um die Gunst des Königs buhlen und das aus vollkommen unterschiedlichen Gründen, hat ordentlich Dampf. Zwar hätte genau dieser mit einer fokussierteren Erzählung der Beziehung zwischen Anne und Mary noch etwas kraftvoller herausgearbeitet werden können, trotzdem sieht man beiden Damen gerne beim Machtkampf zu - Krallen werden ausgefahren, dennoch verzichtet Regisseur Justin Zadwick auf die Inszenierung eines zu klischeehaften Zickenkriegs, bleibt menschlich und nachvollziehbar. Etwas hadernd agiert er dafür auf den Nebenschauplätzen, sodass nicht jede kleinere Rolle im direkten Vergleich genügend Raum bekommt, um sich passend zu entfalten. 
Das gilt insbesondere für "Sherlock"-Star Benedict Cumberbatch und auch für Oscarpreisträger Eddie Redmayne - beide bleiben hier eher Spielbälle der Handlung und können ihren Plots wenig Gewicht verleihen. Sehr eindrucksvoll agiert hingegen Eric Bana als machtvoller König, der kaum liebt, dafür aber darauf aus ist, seinem Namen Ehre zu machen... bis er seinen eigenen Gelüsten zu verfallen droht. Für "Jackie"-Star Natalie Portman ist ihre Hauptrolle hingegen die Chance, mal gegen ihr Image anzuspielen und richtig biestig zu werden - eine Chance, die sie damals, im Jahr 2008, noch nicht allzu oft erhalten hatte. Scarlett Johansson muss im direkten Vergleich den wesentlich undankbareren Part füllen, doch auch dies gelingt ihr mit natürlichem Charme und einnehmender Präsenz. 
Dass der Film darüber hinaus prunkvoll detailliert ist und in Sachen Kostüm, Ausstattung und Setdesign förmlich klotzt, durfte man allein angesichts des Genres erwarten. Dass er aber auch so wunderbar fotografiert ist, auch wenn in den erotische Szenen nur wenig echte Funken fliegen (was allerdings auch zur allgemeinen Atmosphäre passt), das ist keine echte Überraschung, aber wohlwollend anzumerken. Gegen Ende wird es dann tatsächlich auch noch einmal richtig rabiat und auch wenn Kenner der Historie hier keine echten Wow-Momente erleben, so ist es doch schön zu sehen, dass Chadwick dem Thema hier mit Ernst und Düsternis begegnet. Einige Längen kann er zuvor nicht verhindern und gerade im Mittelteil verheddert sich das Drama etwas zu arg, lässt die vielen Charaktere einmal zu oft die Plätze tauschen, um neue Intrigen anzuzetteln. Das wirkt etwas repetitiv, angesichts der spielfreudigen Darsteller aber trotzdem fast durchgehend spannend.

Fazit: Der Film zeigt mit geschliffenen Dialogzeilen, einer kraftvollen Besetzung und kühler Intensität die grausamen Spielchen im Königshaus auf. Trotz einiger Längen und verschenkter Möglichkeiten bezüglich tiefergehender Charakterisierungen der Hauptfiguren durchweg ein spannender und gar nicht mal so angenehmer Kostümfilm.

Note: 3+




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