Direkt zum Hauptbereich

Vanilla Sky

Tom Cruise ist heute wieder vermehrt als großer Actionstar bekannt, der gerne seine bekannten Reihen fortführt und Kritiker dank seines Esprits und seiner eigenen Stunt-Leistungen immer wieder begeistert. Im kommenden Sommer dürfen wir Cruise zum Beispiel in einem neuen "Top Gun"-Film bewundern und auch neue impossible Missions sind in der Mache - nach dem großen, vor allem künstlerischen Erfolg von "Fallout" eine sichere Bank. Dass Cruise, den viele lange Zeit ja nur als verrückten Scientologen ansehen wollten, aber auch im Dramafach sehr gut aufgehoben sein kann, hat er ebenfalls bereits mehrfach bewiesen... und mit dem 2002 erschienenen "Vanilla Sky" gar ein mutiges, komplexes Werk in der Filmografie, welches die Erwartungen der Zuschauer erschüttert und untergräbt, wenn auch nicht immer im positiven Sinn.

VANILLA SKY


David Aames (Tom Cruise) mangelt es an nichts. Er ist der Besitzer eines gigantischen Verlagsimperiums, hat Millionen auf der Bank und mit der süßen Julie Gianni (Cameron Diaz) gar eine echte Traumfrau an seiner Seite. Auf seiner Geburtstagsparty lernt David jedoch die von seinem Reichtum kaum beeindruckte, wortgewandte Arztgehilfin Sofia Serrano (Penelope Cruz) kennen und verguckt sich sogleich in sie. Kurz darauf erleidet David einen schweren Autounfall, ein Teil seines Gesichts wird entstellt und plötzlich ist nichts mehr wie zuvor. Er glaubt sich in wirren Fantasien zu flüchten, unterscheidet nur noch schwer zwischen Alpträumen und Realität. In dieser Zeit baut er auf Sofia als einzigen Anker, doch auch dieser droht bald unter der Last von Davids Psychosen wegzubrechen...

Basierend auf dem spanischen Original von 1997 ging Regisseur Cameron Crowe hier ein echtes Wagnis ein. Sein Vorgänger, das Traumprojekt "Almost Famous", kam bei Kritikern gut an, erlitt finanziell gesehen an den Kinokassen jedoch Schiffbruch. Statt nun jedoch auf die sichere Seite zu gehen, forderte Crowe sein Publikum erneut mit einem Film, der sich als süßliche Romanze tarnte, um schließlich den Vorhang fallen zu lassen und tief in ein wirres, ziemlich düsteres und komplexes Sci-Fi-Psycho-Szenario einzutauchen. Kein leicher Tobak und das Publikum strafte den Film dann, obwohl es zahlreich in die Kinosäle strömte, recht einseitig ab. Aber so ist das eben mit Filmen, die mal einen Schritt weiter gehen und die Erwartungen des Publikums somit nicht zielgenau treffen - sie werden kritisch beäugt und müssen in ihrer ganzen Form dann schon echt meisterhaft sein, um noch abgenickt zu werden. 
Und meisterhaft ist "Vanilla Sky" keinesfalls, denn dafür hapert es an zu vielen Ecken und Enden. Die Auflösung, mit der in einem Film wie diesem eben sehr viel steht und fällt, empfand ich als ziemlichen Murks, wobei es dagegen sicherlich viele Zuschauer geben wird, die in ihr eine gewisse Genialität wiederfinden werden - das ist ganz klar persönliche Geschmackssache. Generell dauert der Film mit rund 130 Minuten auch etwas zu lang und hat gerade im Mittelteil ein paar ernsthafte Hänger. Es ist zwar durchaus spannend, den psychischen Aussetzern des Protagonisten zu folgen und niemals sicher zu sein, da die Erzählung ausschließlich aus seiner unsicheren Sicht stattfindet, was denn hier nun die Wahrheit ist und was nur ein Traum. Dennoch hätte hier an einigen Stellen etwas gekürzt werden können, da Crowe sich gerade im Hinblick auf die schwache Auflösung der Ereignisse (die am Ende auch noch mal lang und breit erklärt werden muss, was etwas unbeholfen wirkt) hier doch zu ausführlich im Sumpf des Wahnsinns suhlt. 
Sehr ansprechend und charmant ist hingegen die erste Dreiviertelstunde, in welcher man sich noch in einer etwas eigenen Romanze wähnt. Die Chemie unter den drei Hauptdarstellern Cruise, Diaz und Cruz stimmt und gerade Cruise selbst gibt hier eine grandiose Vorstellung. Zieht man in Betracht, dass er einen beträchtlichen Teil der Laufzeit ohne Mimik vollbringen muss und dabei dennoch nicht an Präsenz einbüßt, kann man seine Leistung gar noch höher einschätzen. Warum "The Counselor"-Star Penelope Cruz hingegen glatt für eine Goldene Himbeere nominiert wurde, kann ich nicht nachvollziehen - sie agiert charmant, nuanciert und natürlich und zwischen ihr und Cruise sprühen die Funken förmlich. 
Letztendlich ist das Ding also nicht ganz rund und dütrfte so manch einen Zuschauer, der sich hiervon etwas völlig anderes erwartete, ein ziemlicher Schlag ins Gesicht gewesen sein. Das bedeutet aber nicht, dass "Vanilla Sky" ein schlechter oder enttäuschender Film ist. Nein, er ist nur nicht gut genug, um gewisse, leicht zu streuende Vorurteile gegen ihn einfach so zu widerlegen und bleibt somit solider Durchschnitt mit dem gewissen Etwas.

Fazit: Tom Cruise und Penelope Cruz glänzen als charmantes Pärchen in einem erstaunlich düsteren und komplexen Psycho-Thriller. Das ist hin und wieder etwas zu verkopft, recht lang und ziemlich wirr, bis zur schwachen Auflösung. Der Weg zum enttäuschenden Schlussakt gestaltet sich dank spannender, unsicherer Erzählmanirismen aber immer wieder auch sehr packend.

Note: 3




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid