Die siebenunddreißigjährige Laura (Belen Rueda) lebt mit ihrem Mann Carlos (Fernando Cayo) und ihrem Adoptivsohn Simon (Roger Princep) in einem alten Gemäuer, welches vor rund dreißig Jahren noch als Waisenhaus diente. In diesem wuchs Laura auf, bevor sie ebenfalls adoptiert wurde... und hier treffen nun Vergangenheit und Gegenwart aufeinander. Der kranke Simon spricht von Freunden, die er hier gefunden hat und die er sich offensichtlich einbildet. Als jedoch innerhalb des düsteren Gemäuers tatsächlich Anzeichen für unerkannte Besucher auftreten, die den kranken Jungen in ihre Fänge ziehen, macht sich Laura auf, um das Geheimnis des ehemaligen Waisenhauses zu lüften. Was sie dabei entdeckt, ist mehr als erschreckend...
Juan Antonio Bayona, bei uns unter dem Kürzel J.A. Bayona bekannt, hat eine vergleichsweise kleine Filmografie als Regisseur vorzuweisen... und dennoch eine, in der sich so unterschiedliche und interessante Projekte tummeln, dass es kein Wunder ist, dass er sich mittlerweile zu einem großen Namen gemausert hat. Nachdem er mit den bezeichnenden Dramen "Sieben Minuten nach Mitternacht" und vor allem "The Impossible" Eindruck hinterließ, übernahm er im Jahr 2018 mit "Jurassic World 2" gar seinen ersten Blockbuster-Regieposten. So richtig auf ihn aufmerksam wurde man aber bereits elf Jahre vorher - damals inszenierte Bayona das Horror-Drama "Das Waisenhaus" und erschuf damit den bis heute zweiterfolgreichsten, spanischen Film aller Zeiten, gleich nach dem meisterhaften "Pans Labyrinth".
Bayona beschäftigt sich in diesem Film, der zwar vordergründig als Horror-Kino beschrieben werden kann, in dem aber noch wesentlich mehr steckt, nicht mit fahrigen Schockern oder uninspirierten Gruselmomenten. Stattdessen entwirft er ein sensibles und tiefes Bild einer problematischen Familie, die mit eigenen Schwierigkeiten zu kämpfen hat... und deren spätere Erscheinungen und Spukgeschichten ganz genau auf eben jenen basieren und sie auch definieren. Viel mehr will man inhaltlich gar nicht über die Horror-Anleihen verlieren, doch nur so viel: Sie finden großen Platz, sodass man hier nicht vor einer Mogelpackung fürchten muss und sie sind rein plottechnisch auch ansprechend verbaut, ohne dabei ihren Reiz in einem dramaturgischen Kontext zu verlieren. Bayona wagt mehr, er traut sich aber auch immer wieder in klassisches Spukkino hinein und entwirft dabei einzelne Szenen, die einen dank seiner sicheren Bildkomposition und einer schneidenden, aber niemals erdrückenden Atmosphäre förmlich schauern lassen.
Etwas schwieriger wird es beim Plot, der eben solcherlei düstere Momente unter sich zusammenfügt. Der ist zwar gut und gerade hinsichtlich der Familiengeschichte für dieses Genre überraschend tiefschürfend, mäandert im Mittelteil aber etwas zu umständlich herum, wenn Laura lange Zeit versucht, über Recherchen hinter die Geheimnisse rund um die Geschehnisse des Waisenhauses zu gelangen. Zwar sind auch diese Plotelemente an sich wirkungsvoll und sinnig aufgezogen, als Zuschauer selbst hat man aber schon lange eine gewisse Ahnung, auf was das hinauslaufen wird, als es die Protagonistin tut, weswegen die mittlere halbe Stunde für Laura wesentlich spannender ist als für das Publikum. Und auch mit dem Ende werden sich die Geister scheiden: Es ist emotional und durchaus packend, allerdings wird sich mit dem Weg, den Bayona hier einschlägt, um seine Horror-Fabel zu einem Abschluss zu bringen, sicherlich nicht jeder anfreunden können.
Womit jedoch ein jeder d'accord gehen wird, das ist die schauspielerische Leistung von Belen Rueda. International konnte sie bis heute nur wenig Aufmerksamkeit erlangen, was angesichts ihrer starken Darstellung in "Das Waisenhaus" kaum verständlich ist. Über die Genre-Grenzen hinaus agiert sie hier ungemein kraftvoll und als Stütze für den Zuschauer. Sie ist in jeder Szene dabei und trägt den Film somit auf gekonnte, niemals aufgesetzte Art und Weise, wobei sie auch über manch ein wackliges Plotgerüst locker hinwegspielt. Ebenfalls erwähnenswert ist die Performance des jungen Roger Princep: Seine Rolle birgt natürlich ein gewisses Nerv-Potenzial, trotzdem gelingt es ihm im Zusammenspiel mit Rueda, den Zuschauer auf seinen Part einzustimmen und in ihm mehr zu sehen als das gruselige Kind, dem wir hier auf den Spuren zur Vergangenheit folgen.
Fazit: "Das Waisenhaus" ist ein atmosphärisch dichter, stark gespielter und spannender Gruselfilm, der aber wesentlich kräftiger als Drama denn als Horrorschocker agiert. Schwierigkeiten hat der Film nur in einem etwas diffusen Mittelteil und während dem finalen Akt, an dem sich die Geister scheiden werden.
Note: 3+
Juan Antonio Bayona, bei uns unter dem Kürzel J.A. Bayona bekannt, hat eine vergleichsweise kleine Filmografie als Regisseur vorzuweisen... und dennoch eine, in der sich so unterschiedliche und interessante Projekte tummeln, dass es kein Wunder ist, dass er sich mittlerweile zu einem großen Namen gemausert hat. Nachdem er mit den bezeichnenden Dramen "Sieben Minuten nach Mitternacht" und vor allem "The Impossible" Eindruck hinterließ, übernahm er im Jahr 2018 mit "Jurassic World 2" gar seinen ersten Blockbuster-Regieposten. So richtig auf ihn aufmerksam wurde man aber bereits elf Jahre vorher - damals inszenierte Bayona das Horror-Drama "Das Waisenhaus" und erschuf damit den bis heute zweiterfolgreichsten, spanischen Film aller Zeiten, gleich nach dem meisterhaften "Pans Labyrinth".
Bayona beschäftigt sich in diesem Film, der zwar vordergründig als Horror-Kino beschrieben werden kann, in dem aber noch wesentlich mehr steckt, nicht mit fahrigen Schockern oder uninspirierten Gruselmomenten. Stattdessen entwirft er ein sensibles und tiefes Bild einer problematischen Familie, die mit eigenen Schwierigkeiten zu kämpfen hat... und deren spätere Erscheinungen und Spukgeschichten ganz genau auf eben jenen basieren und sie auch definieren. Viel mehr will man inhaltlich gar nicht über die Horror-Anleihen verlieren, doch nur so viel: Sie finden großen Platz, sodass man hier nicht vor einer Mogelpackung fürchten muss und sie sind rein plottechnisch auch ansprechend verbaut, ohne dabei ihren Reiz in einem dramaturgischen Kontext zu verlieren. Bayona wagt mehr, er traut sich aber auch immer wieder in klassisches Spukkino hinein und entwirft dabei einzelne Szenen, die einen dank seiner sicheren Bildkomposition und einer schneidenden, aber niemals erdrückenden Atmosphäre förmlich schauern lassen.
Etwas schwieriger wird es beim Plot, der eben solcherlei düstere Momente unter sich zusammenfügt. Der ist zwar gut und gerade hinsichtlich der Familiengeschichte für dieses Genre überraschend tiefschürfend, mäandert im Mittelteil aber etwas zu umständlich herum, wenn Laura lange Zeit versucht, über Recherchen hinter die Geheimnisse rund um die Geschehnisse des Waisenhauses zu gelangen. Zwar sind auch diese Plotelemente an sich wirkungsvoll und sinnig aufgezogen, als Zuschauer selbst hat man aber schon lange eine gewisse Ahnung, auf was das hinauslaufen wird, als es die Protagonistin tut, weswegen die mittlere halbe Stunde für Laura wesentlich spannender ist als für das Publikum. Und auch mit dem Ende werden sich die Geister scheiden: Es ist emotional und durchaus packend, allerdings wird sich mit dem Weg, den Bayona hier einschlägt, um seine Horror-Fabel zu einem Abschluss zu bringen, sicherlich nicht jeder anfreunden können.
Womit jedoch ein jeder d'accord gehen wird, das ist die schauspielerische Leistung von Belen Rueda. International konnte sie bis heute nur wenig Aufmerksamkeit erlangen, was angesichts ihrer starken Darstellung in "Das Waisenhaus" kaum verständlich ist. Über die Genre-Grenzen hinaus agiert sie hier ungemein kraftvoll und als Stütze für den Zuschauer. Sie ist in jeder Szene dabei und trägt den Film somit auf gekonnte, niemals aufgesetzte Art und Weise, wobei sie auch über manch ein wackliges Plotgerüst locker hinwegspielt. Ebenfalls erwähnenswert ist die Performance des jungen Roger Princep: Seine Rolle birgt natürlich ein gewisses Nerv-Potenzial, trotzdem gelingt es ihm im Zusammenspiel mit Rueda, den Zuschauer auf seinen Part einzustimmen und in ihm mehr zu sehen als das gruselige Kind, dem wir hier auf den Spuren zur Vergangenheit folgen.
Fazit: "Das Waisenhaus" ist ein atmosphärisch dichter, stark gespielter und spannender Gruselfilm, der aber wesentlich kräftiger als Drama denn als Horrorschocker agiert. Schwierigkeiten hat der Film nur in einem etwas diffusen Mittelteil und während dem finalen Akt, an dem sich die Geister scheiden werden.
Note: 3+
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