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A Most Wanted Man

Issa Karpov (Grigoriy Dobrygin), Muslim und Tschetschene, kommt in Hamburg an, offensichtlich illegal eingereist. Schnell gerät er ins Fadenkreuz einer geheimen Terrorabwehr-Einheit unter Führung von Günther Bachmann (Philip Seymour Hoffman). Dieser operiert mit seinen Leuten mit Hochdruck gegen Issa, um eine mögliche Gefährdung für Deutschland seinerseits auszuschließen oder auch zu bestätigen. Dabei gerät er mit dem Bankier Tommy Brue (Willem Dafoe) und der Anwältin Annabel Richter (Rachel McAdams) aneinander, die sich für Issa einsetzt, aber offensichtlich mit gefährlichen Scheuklappen agiert...

Der zugrundeliegende Roman stammt aus der Feder von John Le Carre und auch wenn dessen Verfilmungen wie "Dame, König, As, Spion" nun keine gigantischen Kassenschlager waren, so ließen sie die Kritiker und Fans von leisen Thrillern immer wieder jauchzen - warum also nicht weitermachen? Im Jahr 2014 erblickte so auch "A Most Wanted Man" das Licht der Kinoleinwand und ließ die bösen Kritiker erneut verzückt zurück. Fans des Genres bekommen derweil genau das, was sie wollen - einen hochaktuellen, brisanten und spannenden Thriller, der aber Mainstream-Zuschauer aufgrund seines kühlen Tons und seiner enormen Dialoglastigkeit eher langweilen denn packen wird.
Für deutsche Kinofans ist der Film, mal ganz abgesehen von seinen anderen Qualitäten, aber schon allein deswegen ein Genuss, weil die Handlung nicht nur in Hamburg spielt, sondern dort auch die Dreharbeiten stattfanden. Einwohner werden etliche reale Sets wie den Hamburger Hafen oder die Kultkneipe "Silbersack" wieder erkennen und dank der schnörkellosen Inszenierung von "The American"-Regisseur Anton Corbijn werden diese Orte auch wunderbar in Szene gesetzt. Auch deutsche Schauspieler sind selbstredend mit im Gepäck, auch wenn sie hier nur kleinere Rollen füllen dürfen - deutsche Stars wie Nina Hoss, Daniel Brühl und der aus "Der Fall Collini" bekannte Rainer Bock machen uns alle Ehre, aber die großen Auftritte gehören hier immer noch Hollywood.
An vorderster Front steht da natürlich Philip Seymour Hoffman in einem der letzten Filme, die er vor seinem plötzlichen Tod noch beenden konnte - kurz nach der Premiere verstarb der Schauspieler an einer Überdosis, der Film kam gar erst mehrere Monate nach seinem Ableben in die deutschen Kinos. Hier spielt Hoffman nun also seine letzte Hauptrolle und diese füllt er wie gewohnt mit Brillanz, Ruhe und ungemeiner Eindringlichkeit. Neben ihm glänzen auch Willem Dafoe und "Spotlight"-Star Rachel McAdams - letztere dient dabei als so etwas wie das Herz der Story, auch wenn es Le Carres Geschichten wie gehabt mehr mit düsterer Wahrheit haben als mit Emotionen. Robin Wright ist der vierte Hollywood-Star im Bunde, hat im Gegensatz zu ihren drei Kollegen aber auch deutlich weniger Möglichkeiten, sich richtig freizuspielen. Sie ist gut, war aber in anderen Werken auch schon deutlich energetischer.
Schauspielerisch ist das also wie erwartet großes Kino, auf reiner Handlungsebene ist jedoch ebenfalls ein packender Film gelungen. Ganz im Gegensatz zu "Dame, König, As, Spion", den ich als eher schläfrig und anstrengend empfand, entstrickt sich hier in überraschend hohem Tempo eine Verschwörung, die keinerlei überraschende Wendungen braucht... oder diese zumindest nicht überspitzt darstellen muss. Natürlich gibt es auch einige Längen und gerade im Mittelteil, wenn sich die einzelnen Parteien gegenseitig belauern, geht der Schwung doch recht deutlich verloren. Pünktlich zum Schlussakt nimmt "A Most Wanted Man" aber mit einem Herzschlag-Finale wieder Fahrt auf und kann somit sehr passend in den Abspann übergehen - man fühlt sich nicht bravourös unterhalten, aber durchaus angetan.

Fazit: "A Most Wanted Man" ist ein spannender, hochaktueller Thriller mit einer stark aufspielenden Starbesetzung. Einige Längen und der fehlende, emotionale Kontext machen die Geschichte nicht immer leicht goutierbar und gestalten sie hin und wieder etwas trocken.

Note: 3+




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