Johnny Depp gehört auch heute noch zu meinen absoluten Lieblingsschauspielern. Auch wenn mir nicht längst alle seine Filme gefallen und für viele Filmfreunde sein Hang zum Überskurillen mit der Zeit zum entnervenden Selbstzweck wurde - ich sehe ihn noch immer gerne und bete weiterhin für einen sechsten "Fluch der Karibik"-Film, in welchem er eben nicht ersetzt wird, sondern weiterhin als Captain Jack Sparrow über die Weltmeere schippern kann. Als großer Depp-Fan ist es aber fast eine Schmach, dass ich einen seiner womöglich größten Kultfilme bislang nie gesehen habe. Nun war es aber endlich Zeit, diesen nachzuholen und ich hatte beinahe ein bisschen Angst: Ich wollgte "Fear and Loathing in Las Vegas" unbedingt lieben, doch ist mir dies nun auch gelungen?
FEAR AND LOATHING IN LAS VEGAS
Im Jahr 1971 soll der Sportjournalist Raoul Duke (Johnny Depp) über ein Offroad-Rennen in Vegas berichten. Gemeinsam mit seinem Freund und Anwalt Dr. Gonzo (Benicio Del Toro) macht er sich also in die Stadt der Sünde auf. Bereits auf der Hinfahrt befinden sie sich im absoluten Drogenrausch und geraten mit einem naiven Anhalter (Tobey Maguire) aneinander... und das soll erst der Anfang eines Trips sein, der die beiden Freunde prägen und vollkommen fertigmachen soll. In Vegas angekommen ist ihr Lebensstil nämlich verpöhnt und Raoul und Gonzo machen sich mit ihrer skurill-aufdringlichen Art und Weise keinerlei Freunde...
Bei seiner Kinoauswerttung war "Fear and Loathing in Las Vegas" zum finanziellen Flop und wurde von dem Gros der US-amerikanischen Kritiker zerrissen - unter anderem schrieb Roger Ebert, der skurille Trip von "The Zero Theorem"-Regisseur Terry Gilliam sei ein grässliches Wirrwarr und vergab nur einen von vier Sternen. Gänzlich unverständlich ist dieser Verriss im allgemeinen nicht, denn wenn man vorher nicht weiß, was einem bei diesem Film erwartet, könnte man sich schon ziemlich verschaukelt vorkommen. Ich jedoch war zumindest ansatzweise vorgewarnt, denn mit Gilliam's Filmen tue ich mich ja schon immer irgendwie schwer und dass er hier tatsächlich mal einen reinen Drogenrausch abfilmen würde, war eigentlich klar.
Dass es "Fear and Loathing" letztendlich während des Heimkinoverkaufs zu einem regelrechten Kultfilm brachte, ist ebenfalls nachzuvollziehen, denn die wahren Ebenen und das Herz des Werks entdeckt man vielleicht erst später und wenn man mal genauer hinschaut - so entsteht dann eventuell sogar eine Art Hassliebe, die einen Vorzüge und Negativseiten genauer entschlüsseln lässt. Für den Otto-Normal-Zuschauer ist das nämlich definitiv nichts, wenn Gilliam hier ein skurilles Szenario an das andere reiht und seine beiden Hauptdarsteller passend dazu ausrasten lässt. Das besitzt eine enorme Kreativität und einen ganz eigenen Sinn von Humor, denn man je nachdem als schwachsinnig oder auch als herrlich verschroben bezeichnen wird.
Aber es ist eben, wenn man es auf zwei Stunden ausdehnt, in denen darüber hinaus in Sachen Plot (manch einer wird sagen, dass dieser Film keinen besitzt) oder Charakterentwicklung nichts geschieht. Gilliam gibt sich voll und ganz diesen beiden schrägen Vögeln hin und lässt sie, so fühlt es sich zumindest an, einfach mal machen - und das wird man letztendlich entweder hassen und den Film somit nach fünfzehn Minuten abschalten... oder eben lieben und Gilliam auf Knien für dieses Werk danken. Bei mir lag die Wahrheit mal wieder in der Mitte, denn obwohl ich Gilliams vollkommen abgedrehten Inszenierungsstil, den er gefühlt mit jeder Minute höherschraubt, bewundert habe, so war ich nach spätestens einer Stunde doch etwas ermüdet von diesem handlungsarmen, nummernrevue-artigen Treiben. Noch ein skurilles Szenario, noch ein Trip, noch ein Ausraster seitens des durchgeknallten Gonzo.
Man mag die beiden "Helden" der Geschichte zwar irgendwie, dennoch hätte man ihnen noch ein wenig mehr Charakterliebe gewünscht. Sie halten den Zeitgeist hoch und die Message einer verlorenen Generation, die unter diesem wilden Treiben liegt, stimmt nachdenklich, es ist auf zwei wilde Stunden gestreckt aber auch etwas zu wenig. Die Fans werden das anders sehen und völlig zurecht begeistert von einem Film sein, der ihr ganzes Lebensgefühl anspricht - wer sich damit nicht identifizieren kann, bleibt allerdings völlig außen vor. Diese Zuschauer können sich aber an einer herrlichen Performance von "Blow"-Star Johnny Depp erfreuen, der hier so dermaßen schräg agiert, dass es eine wahre Freude ist, ihm in jeder Szene zuzusehen.
Fazit: Hate it or love it. "Fear and Loathing" ist sicherlich zurecht zu einem schrägen Kultfilm aufgestiegen, der mit skuriller Kreativität und einer bitteren Message den damaligen Zeitgeist auferstehen lässt. Dass viele damit nichts anfangen können und den Film nur als wirre, überzogene Trip-Version sehen, ist aber ebenfalls mehr als verständlich.
Note: 3
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