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Little Women (2019)

Auch bei den diesjährigen Oscarnominierungen war der Aufschrei erneut groß. Die Masse freute sich über etliche Nominierungen für den überbewerteten "Joker" oder für Martin Scorseses "The Irishman", dennoch stieß vielen sauer auf, dass sich in der Regiekategorie erneut nur männliche Namen tummeln. Zuvor hatte man fest mit einer Nominierung Greta Gerwigs gerechnet, doch sah die Academy dies offensichtlich anders. Ohne ihren neuen Film gesehen zu haben, ist es natürlich kaum möglich, sich darum ein Urteil zu erlauben, weswegen ich die Sichtung nun angegangen bin: "Little Women" ist nun auch in Deutschland angelaufen und obwohl ich mit Kostümfilmen zumeist hadere, so war ich hier nun doch mehr als gespannt...

LITTLE WOMEN


Der Bürgerkrieg ist ausgebrochen, der Sklaverei soll endlich Einhalt geboten werden. Während ihr Vater (Bob Odenkirk) darin kämpft, verbleiben die vier Schwestern Meg (Emma Watson), Beth (Eliza Scanlen), Amy (Florence Pugh) und Jo March (Saoirse Ronan) bei ihrer Mutter Marmee (Laura Dern) - gemeinsam halten sie zusammen, um die harten Zeiten gemeinsam durchzustehen. Eines Tages taucht jedoch Nachbarsjunge Laurie (Timothee Chalamet) auf, der für einige Liebesverstrickungen sorgt. Einige Jahre später sehen die vier Schwestern auf ihre Träume und Ziele zurück und müssen dabei erkennen, dass sie vieles erreicht haben... vieles jedoch auch nicht, was sogar zu einer Wegtrennung führte.

Der Stoff wurde schon mehrfach verfilmt und selbst ich, der mit diesem Genre nun wirklich wenig anfangen kann, kenne ansatzweise die Grundstricke der Geschichte. Die Erwartungen waren hoch: Greta Gerwig hatte für viele mit "Lady Bird" vor zwei Jahren eine der besten Young-Adult-Storys der Dekade abgeliefert und mit der Annäherung an einen solch prestigeträchtigen Stoff schien uns ein echtes Kostüm-Highlight ins Haus zu stehen. Gerwig wäre jedoch nicht die erste, die sich, trotz vorhergehender Erfolge, an solch einem Klassiker die Finger verbrannt hätte... ein leiser, wenn auch nicht allzu vehementer Restzweifel blieb also irgendwie, auch wenn die herausragenden Kritiken nichts weiter als eines der absoluten Meisterwerke des noch jungen Kinojahres versprachen.
Diese Zweifel waren aber bereits nach fünf Minuten hinweggefegt - so lange brauchte der Film, um mich dazu zu bringen, mich hoffnungslos in ihn zu verlieben. Sicherlich offenbart er im weiteren Verlauf auch einige Schwächen und hat besonders in der zweiten Hälfte einige spürbare Hänger - die Laufzeit von rund 135 Minuten wiegt in diesen Momenten etwas schwerer. Auch fällt auf, dass "Harry Potter"-Star Emma Watson hier zwar wesentlich natürlicher und kraftvoller agiert als in ihren letzten Filmen, mit ihren oscarnominierten Co-Stars aber noch nicht ganz konkurrieren kann, weswegen ihr eigener Plot nur als "sehr gut", allerdings nicht als "grandios" eingestuft werden kann und deswegen hin und wieder eben auch ein wenig Tempo raubt... auch weil die Handlung rund um die verarmte Meg etwas redundant und kantenlos bleibt.
Der Rest von "Little Women", in welchem Greta Gerwig auch wieder ihre ganz eigene Handschrift findet, um der bekannten Novelle hier auch wieder etwas neues, aktuelles hinzuzufügen, hat mich weitestgehend begeistert. Neben der Besetzung ist das Drehbuch der größte Gewinn, denn die geschriebenen Dialogzeilen entwickeln ein solches Feuer, dass man kaum glauben mag, in welchem Genre man sich hier eigentlich befindet. Das trockene Kostümdrama scheint hier nur ganz selten durch und wenn, wird es durch die selbstbewussten Dialoge, den frechen Humor und die großartige Tragweite des Plots gebrochen. Selbst der sonst so ewig durchgekaute Handlungsstrang um den 3-Fronten-Konflikt, bei welchem sich um einen schönen Mann gestritten wird, fällt hier, ganz aktuell zum Zeitgeist, erstaunlich modern aus. Hier muss nicht gebuhlt oder gefetzt werden - hier sind die Frauen stark genug, um sich solcherlei Mädchentratsch nicht unbedingt aussetzen zu lassen.
Und doch verschmäht Gerwig den damaligen Zeitgeist nicht. Sie weiß um die Probleme und den Stand des weiblichen Geschlechts in der Vergangenheit und muss diesen nicht zwingend aufpolieren - das hätte auch einen etwas heuchlerischen Nachgeschmack hinterlassen. Stattdessen buttert sie die moderne Note mit den frischen Messages gekonnt unter und lässt ihre starken Frauenfiguren davon leben, ohne ihre Weiblichkeit zu verlieren. Das genügt dann vollkommen, um den namhaften Cast vollkommen aufblühen zu lassen: "Maria Stuart"-Star Saoirse Ronan ist ja immer mindestens grandios, doch hier setzt sie als freche, wortgewandte und kreative junge Frau, die aus ihrer Zeit gefallen zu sein scheint, nochmal einen drauf. Beinahe noch besser ist Florence Pugh, die sich ihre A-Position in Hollywood konstant weiter erarbeitet und nun eine weitere Top-Performance hat, auf die sie zurückblicken kann. Da können selbst gestandene Stars wie Laura Dern und Meryl Streep nicht mithalten, auch wenn gerade erstere hier wieder so gut ist wie schon lange nicht mehr.

Fazit: Trotz einiger Hänger in der zweiten Hälfte ist diese modern angehauchte und ungemein flotte Neuversion des Novellen-Klassikers ein zu gleichen Teilen erheiternder und dramatischer Ausflug in eine andere Zeit. Getragen von einem brillanten Ensemble fliegen die Dialogzeilen nur so dahin und selbst der Romantikkitsch wird hier mutig und kreativ aufgelöst.

Note: 2





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