Direkt zum Hauptbereich

Eyes Wide Shut

Ich hatte bislang erst mit "2001: Odyssee im Weltraum" einen einzigen Film von Regie-Legende Stanley Kubrick gesehen, der mich allerdings so sehr verwirrte, überforderte und somit schließlich langweilte, dass ich keinen wirklichen Enthusiamus mehr pflegte, mir weitere Werke von ihm anzusehen. "Eyes Wide Shut" gab ich nun doch noch eine Chance und habe ebenfalls einen verwirrenden, überfordernden Film gesehen. Und einen guten. Es war wohl eines der intensivsten, einflussreichsten Filmerlebnisse, die ich seit langer Zeit haben durfte.

EYES WIDE SHUT

Dr. Bill Harford (Tom Cruise) und seine Frau Alice (Nicole Kidman) haben sich auseinandergelebt. Als sie ihm eines Nachts beichtet, in Gedanken von einem Marineoffizier aus früheren Zeiten verführt worden zu sein, für den sie ihren Mann und ihre gemeinsame Tochter habe verlassen wollen, macht sich Bill alleine auf in die nächtlichen Straßen New Yorks, um ebenfalls Untreue zu begehen und sich somit für ihre Fantasien zu rächen. Dabei gerät er jedoch schnell in einen grausamen Kreis aus Lust, Gefahr, Sex und Obskurität, aus welchem er keinen Ausweg mehr findet...

Kubrick war schon ein wirklicher Ausnahme-Regisseur und das bewies er mit "Eyes Wide Shut" noch ein letztes Mal, bevor er kurz nach Beendung der Postproduktion überraschend verstarb. Es ist ein Film, der einen ungemeinen Sog entwickelt, bei dem Schönheit, Furcht und Drama ganz nahe beieinander liegen und zu einem faszinierenden Gesamtbild verschwimmen. Ob das alles realität ist, eine Farce oder doch bloß ein gigantischer Alptraum, das wird nie so ganz klar. Klar ist nur, dass das, was Bill erlebt, dem Horror gleicht. Bills Reisen durch New York sind geprägt von sexueller Schönheit sowie lustvoller Hässlichkeit. Einige Bilder sind gerade durch ihre Perfektion und dem sparsamen, aber meisterhaften Einsatz der Musik so schockierend und brennen sich ins Gedächtnis, dass ich gar nicht sicher bin, ob ich den Film noch einmal sehen will. Die Kameraarbeit ist phänomenal und auch wenn sich zum Schluss einige kleine Längen einschleichen und Kubrick-typisch der Zuschauer schließlich im Regen stehengelassen wird, der Film quasi sogar mittendrin endet und alles fallen lässt, was er zuvor aufbaute... man verzeiht ihm dies alles. Die Schauspieler leisten hier große Arbeit und sind bis in die Nebenrollen wunderbar besetzt, einige Einzelszenen gehen sogar über den Stand eines Meisterwerkes hinaus, verlocken zum Grinsen und gleichzeitigen Erstarren. Man kann "Eyes Wide Shut" im Grunde gar nicht mit Worten beschreiben, jeder sollte sich selbst ein Bild machen von diesem wilden, obskuren, faszinierenden Film. So etwas habe ich noch nie gesehen, ich weiß noch nicht mal, ob es gut war. Aber es war beeindruckend. Nun werde ich mich demnächst dann aufmachen, weitere Werke von Herrn Kubrick nachzuholen. Vielleicht sollte ich sogar "2001" noch einmal sehen, nur zur Sicherheit.

Note: 2+


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr...

Der große Crash - Margin Call

Es gehört schon einiges an Talent dazu, einen Film über eine Schar Anzugträger, die in dialoglastiger Manier das eventuelle, schockierende Ende ihrer Firma aufdecken. Wenn man es falsch angeht, könnte der Stoff arg trocken werden, mal ganz davon abgesehen, dass der Otto-Normal-Zuschauer mit den finanziellen Zusammenbrüchen und all den Zahlen nicht unbedingt umgehen kann. Eine Riege großer Stars kann da schon helfen, die Zuschauer anzulocken, so beweist es zumindest der angenehm ruhige Thriller "Margin Call"... DER GROSSE CRASH - MARGIN CALL Kurz vor der Finanzkrise 2007: In der Wertpapierhandelsabteilung einer großen New Yorker Bank werden etliche Mitarbeiter entlassen, unter ihnen ist auch Risikomanager Eric Dale (Stanley Tucci), der zuvor jedoch noch eine schockierende Entdeckung macht. Seine Arbeit hinterlässt er dem übriggebliebenen Mitarbeiter Peter Sullivan (Zachary Quinto), der die Zahlen überprüft... und dadurch entdeckt, dass der ganze Konzern auf wackligen Fü...

Eraser

Arnold Schwarzenegger, wohl neben Sylvester Stallone die Action-Ikone der 80er und 90er Jahre schlechthin, ist endlich zurück. Nachdem er sein Amt als Gouverneur von Kalifornien niedergelegt hat, dürfen wir ihn seit einiger Zeit endlich wieder in genügend rauen, spaßigen Actionfilmen wiedersehen. Auch wenn in der heutigen Zeit ganz klar Statham, Diesel und Co. die Actionhelden sind, macht es aber dennoch Spaß, den "Terminator"-Star wiederzusehen. Und natürlich auch seine vergangenen Filme, von denen ich bislang kaum einen gesehen habe und die ich nun mal nachholen möchte. Angefangen habe ich nun mit "Eraser" aus dem Jahr 1996... ERASER US-Marshall John Kruger (Arnold Schwarzenegger) arbeitet in einer geheimen Vereinigung der USA im Zeugenschutzprogramm. Darin beschützt er die Leben von Kronzeugen, welche vor Gericht Aussagen tätigen sollen und verschafft ihnen eine neue Identität, um sie vor dem Tod zu bewahren. Sein neuester Job ist eine junge Mitarbeiterin bei...