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Pearl Harbor

"Titanic" veränderte im Jahr 1997 die Filmlandschaft. Nicht nur war er bis zum Jahr 2010 der erfolgreichste Film aller Zeiten, James Cameron machte auch vor, wie ein Blockbuster auszusehen hat, mit einer Story, die nicht von der Action plattgemacht wird, sondern wo beide Hand in Hand laufen. Wenn sich nun vier Jahre nach diesem alles übertönenden Erfolg Krawall-Regisseur Michael Bay daranmacht, ein ähnlich einschneidendes Ereignis der Weltgeschichte mit viel Action, aber noch wichtiger, einer ans Herz gehenden Geschichte und nicht bloß mit dem üblichen Krachbumm zu inszenieren, dürfte Skepsis angebracht sein...

PEARL HARBOR

Rafe (Ben Affleck) und Danny (Josh Hartnett) sind beste Freunde. Als Rafe jedoch 1940 freiwillig nach England an die Front geht, um dort gegen den Feind zu fliegen und dabei auch seine Freundin Evelyn (Kate Beckinsale) zurücklässt, ist die Trauer groß... sie wird noch schlimmer, als eines Tages die Nachricht einfliegt, Rafe sei in der Schlacht gefallen. Die Zeit vergeht und Evelyn und Danny leben ihr Leben trotz des Verlustes weiter, finden sogar zueinander und verlieben sich. Doch Rafe lebt und als er nach seiner Rückkehr von der Beziehung der beiden erfährt, ist er am Boden zerstört. Zu diesem Zeitpunkt nimmt die Weltgeschichte seinen Lauf, als die Japaner einen Überraschungsangriff auf den Militärstützpunkt Pearl Harbor starten, wo sich auch das Liebesdreieck momentan aufhält...

Und nein, Bay schafft es natürlich nicht, dem meisterhaften "Titanic" irgendwie qualitativ nahe zu kommen. Wo es James Cameron noch schaffte, der tragischen Geschichte des Dampfers eine wundervolle Lovestory zur Seite zu stellen, welche durch das anderthalb Stunden später einschlagende Unglück führte, gehen Bay und Produzent Jerry Bruckheimer zwar ähnliche Wege, sind dabei aber weniger erfolgreich. Auch hier dauert es gute anderthalb Stunden bis zur großen Action, vorher dürfen wir eine nette, aber nicht sonderlich nahegehende, schlichtweg zu harm- und emotionslose Liebesgeschichte verfolgen. Bay lässt sich Zeit, hat aber zu wenig zu erzählen, möchte episch wirken, hat dafür aber zu wenig Substanz dabei. So zieht sich die erste Hälfte ohne große Rasanz stellenweise etwas hin und trotz netter Ansätze, sympathischer Nebenfiguren und passenden Humor bleibt Langeweile nicht aus. Die ist bei der Halbzeit schließlich wie weggeblasen, wenn es an das große Actionfeuerwerk geht und hier ist Bay natürlich in seinem Element. Eine vierzigminütige Explosionscollage mit sehr viel Dramatik, viel Härte und starken Spezialeffekten. Das ist dann wieder ganz großes Kino, die Macher lassen ihre Figuren in dem Spektakel nicht aus den Augen, behalten den Überblick und schaffen gigantische, fesselnde Bilder. Da kann die letzte Stunde, in welcher ein pathetischer Vergeltungsschlag gegen die Japaner geführt wird, nicht mehr mithalten, hier währt man sich doch wieder in bloßer, zu langer Unterhaltung. Etwas bitter stößt zudem auf, dass Bay seine Geschichte in kaum zu ertragenden Kitsch ersäuft, Dutzende Sonnenuntergänge, zärtliche, schmelzende Worte, überall Flaggen... was episch wirken soll, ist hier oft des Guten zu viel. Das klingt nun aber strenger, als es eigentlich ist, denn "Pearl Harbor" liefert gute Unterhaltung mit starken Bildern und vielen schönen Versuchen. Als geschichtsträchtig soll man das Ganze bitte nicht nehmen und auch für ein großes Drama, wie es sein großes Vorbild war, fehlt dem Ding sicher die emotionale Grundausstattung. Und ein stärkerer Cast, denn wo Ben Affleck blass und Kate Beckinsale verschenkt bleibt, kann einzig und allein Josh Hartnett mit Charme und Witz einige Kohlen aus dem Feuer holen, während Alec Baldwin, Michael Shannon und besonders Jon Voight in starken Einzelmomenten punkten. Das ist alles ganz nett, aber lang nicht so groß und toll, wie es sich die Macher gewünscht hätten. Gute Unterhaltung, Top-Action... aber wenig Seele.

Note: 3+

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