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Black Swan

Da dürften sich die einfachen Kinogänger, die oftmals ohne wirkliche Hintergrundinformationen und Popcornmampfend in die Lichtspielhäuser stapfen, doch mal gehörig erschrocken haben, denn wer bei Darren Aronofskys "Black Swan" einen herzlichen Film über wunderschöne Ballerinas erwartete, der wurde gehörig eines Besseren belehrt. Wie der Trailer schon passend zeigte, handelt es sich hier nämlich, wie von Aronofsky auch zu erwarten, um einen heiklen Psycho-Thriller mit düsteren Seiten...

BLACK SWAN

Für die aufstrebende Nina Sayers (Natalie Portman) geht ein Traum in Erfüllung, als sie Thomas (Vincent Cassel), der Spielleiter des hiesigen New Yorker Ballettensembles als Schwanenkönigin und somit dem Star der neuen Spielzeit besetzt. Nina trainiert hart, um für die fordernde Rolle in Form zu kommen, doch der Druck ist groß und schon bald scheint sie mit diesem nicht mehr klarzukommen, was auch ihre Mutter Erica (Barbara Hershey) bemerkt. Nina glaubt, dass die neue Tänzerin Lily (Mila Kunis) ihr die Rolle wegschnappen möchte, sie hat Wahnvorstellungen und Angstzustände und scheint kurz vor dem Kollaps zu stehen... Doch der Wunsch nach Ruhm und Applaus trägt sie weiter und tiefer in die dunklen Keller des Tanzes.

Als ich "Black Swan" 2011 im Kino sah, war ich hin und weg... und bis heute hat der Film rein gar nichts von seiner Faszination verloren. Ich sah ihn seitdem mindestens zehn mal und bin noch immer begeistert. Darren Aronofsky findet, noch stärker als im bereits starken "The Wrestler", Zugang zu stilistischen Mitteln, welche perfekt sind für diese Art Film. Die wackligen Handkameras, die das Gefühl vermitteln, mittendrin zu sein, stets ganz nah an den Akteuren bleiben und jede Wimper zucken sehen. Wir glauben teils fast, den Schauspielern in die Seele blicken zu können. Ein unruhiges Rauschen, was perfekt Ninas Beunruhigung einfängt. Der grandiose Einsatz pompöser Musik, welche sich mit wunderbaren, klassischen, ruhigen Melodien wechselt. Das Zusammenspiel von Licht und Schatten. Die visuellen Horror-Effekte, die einen Schock nach dem anderen Auslösen und uns das Blut in den Adern gefrieren lassen, dabei aber nie effekthascherisch oder billig wirken, immer im Dienste der Geschichte stehen. Und natürlich die fantastisch choreographierten Tanzszenen, welche uns in ein ehrliches Ballett-Ensemble werfen, welches wenig Glamour, dafür sehr viel Stress und Druck beinhaltet. Von Schönheit, die man dann als Zuschauer auf der Bühne sieht, ist in dem Probenalltag wenig zu spüren und es ist leicht verständlich, warum Nina daran schon bald zu zerbrechen droht. Natalie Portman spielt sich in einer einzigartigen Performance die Seele aus dem Leib, dass es dafür den Oscar gab, ist absolut verdient. Viele, kleine Gesten wechseln sich mit hartem, durchs Mark gehenden Spiel, eine meisterhafte Vorstellung. Ihr gegenüber stehen ein herrlich undurchsichtiger Vincent Cassel und eine wundervoll gegen den Strich besetzte Mila Kunis. Winona Ryder entfacht in ihren wenigen Szenen ein psychisches Feuer sondergleichen und Barbara Hershey verdient sich als Mutter, welche überbesorgt nur dafür sorgt, dass ihre Tochter noch mehr kaputtgeht, eine große Sondererwähnung. Für Zartbesaitete ist "Black Swan" sicher nichts, hier wird auf Horror-Ebene und auch in sexuellen, freizügigen Komponenten mit klaren Karten gespielt, nichts verschönert, vieles auch mal dramatisiert... aber es wirkt nachvollziehbar. Ein eigensinniger, tiefgründiger und erschütternder Thriller mit einer herausragenden Besetzung, vielen wunderbaren Ecken und Kanten und einer grandiosen Bildsprache. Aronofsky hat hiermit ein unvergessliches, wenn auch schwer verdauliches Meisterwerk erschaffen!

Note: 1

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