Direkt zum Hauptbereich

Die Jagd

Was ist denn los mit mir und den Filmen, die ich schaue? Wie oft habe ich nun schon gesagt, dass ich Filme aus dem europäischen Raum eher nicht ganz so gerne schaue, aber in letzter Zeit habe ich mir dann doch so einiges, besonders aus dem deutschen Raum, angesehen. Und nun sogar einen aus Dänemark. "Die Jagd" jedoch hatte eine äußerst wirksame Marketing-Kampagne und wurde mir zuvor bereits von vielen Seiten empfohlen. Und ja, sie hatten Recht, denn der ins Mark gehende Thriller spielt wirklich mit harten Bandagen.

DIE JAGD

Lucas (Mads Mikkelsen) lebt in einem kleinen Dorf. Von seiner Frau und seinem Sohn getrennt lebend verbringt er seine Zeit mit seinem Hund und seinen Freunden und arbeitet zudem in einem Kindergarten, welchen auch die kleine Klara (Annika Wiederkopp) besucht, die Tochter seines besten Freundes Theo (Thomas Bo Larson). Nachdem Lucas das Mädchen im Kindergarten einmal streng zurechtweisen muss, steckt der Erzieher aber bald in der Klemme... denn diese erzählt nun der geschockten Leiterin, dass der Mann sie sexuell belästigt habe. Die Nachricht macht schnell die Runde bei den Eltern und bei allen Bewohnern des Dorfes und obwohl Lucas beteuert, nichts getan zu haben, muss er schon bald durch die Hölle gehen...

Ein sehr, sehr heikles Thema, durch welches ein Film, wenn man es nicht genau auf die richtige Art und Weise anpackt, sehr schnell vollkommen verlieren kann. Und auch wenn "Die Jagd" einige Handlungswendungen und psychische Spielereien ein wenig zu schnell abhandelt, bleibt ein sehr heftiger Eindruck zurück. Der Film verschönert nichts und widmet sich dem Thema Pädophilie, Abweisung, Brutalität und Unschuldsbeweisung mit einer Härte und einer Ehrlichkeit, die man so wirklich bislang selten gesehen hat. Einige Szenen brennen sich tief ins Gedächtnis, sind gleichermaßen erschütternd wie erschreckend und halten die Spannung, trotz eines sehr langsamen Tempos, gleichbleibend hoch. Den Charakteren wird viel Raum gegeben, um sich zu entfalten, niemand wird hier in die Klischee-Schublade gesteckt und auch durch eine ausführliche Einführung der Figuren im ersten Drittel ist gegeben, dass wir später sehr wohl mit ihnen mitfühlen und ihnen die Daumen für ein gutes Ende drücken. Die Grenzen der Logik werden zwar ab und an ganz leicht gestreift, aber niemals auch nur ansatzweise überschritten, dafür werden die Auswirkungen, was beschuldigte Unschuldige über sich ergehen lassen müssen, was für Folgen Einzelne nach nur einem falschen Satz oder nicht erzählten Einzelheiten davontragen müssen... ihr Leben lang. Von Mads Mikkelsen herausragend gespielt bringt man uns diese Bredouille, welche man sich kaum vorstellen kann, näher... der dänische Superstar überzeugt mit einer starken Zurückhaltung, die sich erst später treffsicher entlädt. Ebenfalls herausragend spielt die kleine Annika Wiederkopp als vollkommen verunsicherte Klara, welche die Ausmaße ihrer Lüge kaum begreifen und erst recht nicht mehr stoppen kann. Selbst als Lucas' Unschuld recht klar bewiesen ist, gibt es kein Halten mehr... was einmal gesagt wurde, kann nicht mehr zurückgenommen werden. Eine erschreckende und leider doch sehr reale These, welche uns nachhaltig zum Nachdenken anregen sollte. Ein starker Film, welcher, trotz kleinerer Schwächen in der B-Note, noch lange nachwirkt und auch schauspielerisch eine Offenbarung ist. Die Europäer können es (immer öfter) eben doch, solange die Projekte ambitioniert sind und nicht nur aufs große Geld schielen.

Note: 2

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se