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Herz aus Stahl

Schon während der Dreharbeiten geriet der Kriegsfilm "Herz aus Stahl" von Regisseur David Ayer in die Schlagzeilen. Der Grund: Die Besetzung von Shia LaBeouf, welcher sich während des Drehs so sehr in seine Rolle als amerikanischer Soldat auf deutschem Boden während des Zweiten Weltkrieges hineinversetzte, dass er sich wochenlang nicht duschte, sich mehrere Tage in einem Panzer verkroch und sich sogar selbst einen Zahn zog... seine Spielpartner fanden das wohl nicht immer allzu lustig. Nun wollen wir den Film aber ganz nüchtern betrachten und müssen zugeben, dass die hohen Erwartungen, die man bei einem Könner wie Ayer stellen durfte, nicht erfüllt werden können.

HERZ AUS STAHL

April 1945: Der Zweite Weltkrieg nähert sich dem Ende, doch Deutschland hat sich noch nicht ergeben. Don Collier (Brad Pitt) ist der Anführer einer Panzerbesatzung, welche sich durch die Städte kämpft und versucht, diese einzunehmen. Kurz zuvor verlor die Gruppe um Collier, Richtschütze Boyd (Shia LaBeouf), Lader Grady (Jon Bernthal) und Fahrer Trini (Michael Pena) ihren Bugschützen, weshalb ihnen nun von Oberbefehlshaber Waggoner (Jason Isaacs) der junge und erst seit acht Wochen stationierte Norman (Logan Lerman) zugeteilt wird. Überfordert und geschockt von seiner Pflicht bringt der Jungspund seine Kameraden aber immer wieder in Gefahr, weshalb Collier ihn drillen muss...

"Herz aus Stahl" ist immer dann am besten, wenn der Vorhang ein wenig weiter geöffnet wird. In der besten und intensivsten Szene des Films werden keinerlei Schüsse ausgeteilt, keine Granaten fliegen durch die Luft, keine Körper werden durchsiebt. Die fünf Soldaten sitzen mit zwei weiblichen, deutschen Zivilistinnen am Tisch und frühstücken. In dieser wunderbar ausführlichen und intensiven Szene wird in einem kleinen, aber feinen Streit deutlich, was für Menschen da in die Schlacht ziehen und es offenbart sich großes Konfliktpotenzial... leider wird dieses später nur noch sehr spärlich genutzt. Der Konflikt zwischen Norman und Grady beispielsweise hätte hervorragend gut weiter genutzt werden können, um Zwietracht zu säen, um die Figuren weiter zu charakterisieren, um tiefer in ihre Seelen zu blicken, anstattdessen werden solche Tiefgründigkeiten zu Gunsten von intensiven und routiniert inszenierten, dennoch schon bald langwierigen und oberflächlichen Schlachtengemälden hinfort gespült. Wer da im Panzer sitzt und wie sie sich verstehen, das ist viel zu oft unwichtig, sodass es uns am Ende kaum kümmert, wer überlebt und wer nicht und das ist schade. Hier hat der grandiose "Der Soldat James Ryan" noch immer stark die Nase vorn, denn zusätzlich zu einer grausamen Version des Krieges (die auch "Herz aus Stahl" gruselig detailliert schildert) hatte man hier auch starke Figuren, an denen sich der Zuschauer festhalten konnte, an dessen Schicksal er interessiert war. Das ist hier kaum der Fall und nähert sich besonders im Finale einem sinnfreien Blockbuster, wo es möglichst viel krachen muss, wo pathetische Reden geschwungen werden und der Blick steif auf eine Gruppe gerichtet ist, ohne zu schauen, was noch da ist. Hier wirkt "Herz aus Stahl" enttäuschend engstirnig und bleibt sowohl in seiner Storyline als auch in seiner Inszenierung austauschbar. Das klingt nun härter, als es ist, denn der Film bietet spannende Szenarien, intensive und sehr brutale Darstellungen eines schrecklichen Krieges, die das Mark erschüttern und sehr gute Schauspielleistungen (besonders LaBeouf und "The Walking Dead"-Star Jon Bernthal stechen heraus, auch wenn ersterer gerne etwas mehr Szenen haben können)... aber eben nicht mehr. Das Herz wird nicht angesprochen, was die Charaktere angeht, bleiben wir bis zum unpassend-heroischen und amerikanisierten Ende teilnahmslos und einzig blutige Bilder bleiben hängen.

Note: 3

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