Direkt zum Hauptbereich

Mann unter Feuer

Regisseur Tony Scott verstarb im Jahr 2012 sehr überraschend, durch Selbstmord. Kein kleiner Verlust für die Filmwelt, erschuf er doch bekannte, beinahe klassische Thriller, welche jedem Filmfan geläufig sein dürften, darunter "Der Staatsfeind Nr. 1", "Top Gun" und "Crimson Tide". Dabei arbeitete er mehrfach mit Oscar-Preisträger Denzel Washington zusammen, was sich für beide auszahlte, denn die Filme der beiden wurden nicht nur stets zu großen Erfolgen, sondern sie trieben offenbar beide zu Höchstleistungen an... was "Mann unter Feuer" beweist, denn dieser Thriller trägt zwar, wie man es von Scott gewohnt ist, wieder etwas zu dick auf, ist dafür aber hochspannend geraten.

MANN UNTER FEUER


Antiterrorexperte John Creasy (Denzel Washington) ist ein Säufer und würde sich am liebsten umbringen... auch ein eher schlecht bezahlter Job als Bodyguard für die kleine Pita (Dakota Fanning) in Mexiko, wo Entführungen an der Tagesordnung liegen, ändert an diesen Gefühlen nichts. Doch mit der Zeit werden Pita und Creasy zu einem eingespielten Team und letzterer scheint tatsächlich seine Lebensfreude wiederzufinden. Doch dann geschieht das Unerwartete: Pita wird von finsteren Männern entführt, eine Lösegeldforderung wird ausgesprochen. Creasy geht den entgegengesetzten Weg und will die Täter als auch alle verbundenen Hintermänner aufspüren und töten...

Wer sich einen Film von Tony Scott ansieht, der dürfte ungefähr wissen, was er bekommt. Scott war, im Gegensatz zu seinem Bruder Ridley, immer der Regisseur, der den Style über die Substance legte, der seine Filme unbedingt unglaublich krass aussehen lassen wollte und dabei auch gerne mal die Story vernachlässigte. Leider bleibt er diesem auf Dauer anstrengenden Stil auch bei "Mann unter Feuer" treu, obwohl die Story diesmal weitaus mehr hergab. Es ist schon überraschend, aber durchaus angemessen, wenn der Thriller (der mit fast zweieinhalb Stunden eine üppige Laufzeit vorzuweisen hat) sich gut eine Stunde Zeit lässt, bevor die ersten Kugeln fliegen und Denzel Washington in bester Liam-Neeson-Manier auf Feldzug geht und dabei alles umnietet, was ihm im Wege steht. Zuvor werden wir Zeuge einer zwar recht gradlinigen, aber dennoch berührenden und schön erzählten Geschichte über einen Mann, der dank eines kleinen Mädchens seine Lebensfreude zurückfindet. Ohne allzusehr in Kitsch abzudriften werden einzelne Momente durch kleine, prägende Szenen erzählt... wenn auch ab und zu einen Ticken zu lang. Nachdem der Film sich schließlich gewandelt und zu einem zwar spannenden, aber auch recht vorhersehbaren Thriller wird, verschwinden auch die Gefühle, es wird Platz gemacht für brutale Action. Diese beiden Filmhälften beißen sich ein wenig und werden von der Story auch nur geringfügig passend zusammengehalten... macht aber nichts, wenn das Ganze doch immerhin recht spannend zubereitet wird und Denzel Washington eine seiner besten Leistungen in einer an Höhepunkten nicht gerade armen Karriere an den Tag legt. Schwierig wird es nur, wenn Tony Scott seine Werbefilm-Ästhetik auf Gedeih und Verderb durchdrücken will... alles sieht stellenweise aus wie ein Musikvideo und erreicht dabei auch nur einen solchen Tiefgang. Unnormale Farbfilter, extreme Nahaufnahmen mit Zooms, die dabei dennoch eine gewissen Abstand erzählen, ein pathetischer Soundtrack (mit völlig unpassenden Stücken aus dem meisterhaften "Gladiator"), Aufnahmen der gleißenden Sonne, Zeitlupen, gigantische Explosionen, vollkommen überhastete Schnitte, Untertitel, die jede kleine Information auch in schriftlicher Form über den Bildschirm pusten... die ganze Bildsprache ist so überfüllt, so too much, so unpassend in einem Thriller wie diesem, dass man schon bald die Lust verliert. Das Gespür für das Kleine, für die Zurückhaltung ist hier nicht zu finden und macht eigentlich schöne, bewegende Szenarien zu einem Over-the-Top-Drama, welches kein Halten mehr findet und dabei so dick aufträgt, seine Möglichkeiten verschwurbelt, dass es einfach schade ist. Da nützt es wenig, wenn Dakota Fanning, Christopher Walken und natürlich Denzel Washington sich die Seele aus dem Leib spülen, mit seiner Optik begräbt Regisseur Scott all diese wunderbaren Leistungen. Die Story ist gut, der Film ist spannend, wenn auch nicht gerade originell, die Darsteller leisten gute bis hervorragende Arbeit... dennoch lässt "Mann unter Feuer" über weite Strecken kalt, was leider an der Ästhetik und der sinnfreien Optik liegt.

Note: 3


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se