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Zweiohrküken

Ganz gleich, was drin ist, wo Til Schweiger draufsteht, da rennen die deutschen Kinogänger seit einigen Jahren zuverlässig rein. Mit "Keinohrhasen" gelang Schweiger 2007 dabei nicht nur ein finanzieller Achtungserfolg, sondern auch eine recht sympathische Komödie, die jedoch auserzählt scheint, weswegen eine Fortsetzung Zweifel hervorrief. Diese waren durchaus berechtigt, denn was aus "Zweiohrküken" gemacht wurde, das ist nah dran an einem Totalausfall.

ZWEIOHRKÜKEN


Ludo Decker (Til Schweiger) und Anna Gotzlowski (Nora Tschirner) sind im Beziehungsstress. Ludo ist ein Chaot, Anna ein Kontrollfreak und beide fangen dann auch noch an, in der Privatsphäre des anderen zu schnüffeln. Als Anna schließlich eifersüchtig reagiert, als Ludo auf einer Party seine Ex-Freundin Marie (Edita Malovcic) wiedertrifft, schlägt diese zurück und lädt ihren ehemaligen Freund Ralf (Ken Duken) für mehrere Tage in ihre gemeinsame Wohnung ein. Der beginnt rasch damit, Anna anzubaggern, was Ludo schließlich auf die Palme bringt...

"Zweiohrküken" macht als direkte Fortsetzung zum Achtungserfolg "Keinohrhasen" und auch als in sich geschlossener Film so viele Fehler, dass man kaum weiß, wo man anfangen soll. Die Gagquote ist erstaunlich niedrig, auch wenn sich noch so oft gezwungen bemüht wird, Lacher zu ernten... dabei reicht es jedoch nie zu mehr als einem Schmunzeln, meist zu genervtem Achselzucken. Schweiger greift penetrant immer wieder in die Klamaukkiste und wirft mit geschmacklosen, pubertären Penis-, Intimbehaarungs-, Titten- und Fäkalwitzchen um sich, die niemand unter elf wirklich lustig finden dürfte. Da holen einen bereits zwei der ersten "Gags" auf den Boden der Tatsachen zurück, wenn Nora Tschirner in ihrem ersten Auftritt einen Lara-Croft-ähnlichen Vorbau vorzeigt und Tils reale Tochter Emma dem Möchtegern-Pädagogen Ludo kräftig ins Gesicht furzt. Das ist dann im Film auch genauso peinlich, wie es sich hier liest. Später wird der Humor auch nicht besser, auch wenn Matthias Schweighöfers Alleingang noch Hoffnung macht. Seine Figur wird grob gesagt für die Handlung gar nicht gebraucht, durch seine 2009 aber plötzlich ernorm gestiegene Prominenz konnte man den Mann natürlich nicht außen vor lassen, also kalauert sich dieser nun größtenteils im Alleingang durch slapstickartige Sequenzen, die jeglichen Einfallsreichtum und jegliches Tempo schmerzlich vermissen lassen. Tempo verliert der Film nach anfänglich amüsanten Dialogszenen auch immer weiter, die Story ist so dünn, dass sie kaum einen Notizzettel füllen würde, dementsprechend wird gestreckt, wo es nur geht. Die Konflikte sind reißbrettartig und die Situationen, wegen denen diese erst entstehen, sind so übertrieben und stumpfsinnig, dass man immer wieder schockiert den Kopf schüttelt. Schmerzlich habe ich auch Alwara Höfels, die als Annas beste Freundin Miriam im ersten Teil mit trockenen Sprüchen unterhalten hat und hier nun ohne weitere Erklärungen abwesend bleibt. Von vorne bis hinten wirkt "Zweiohrküken" hier nur noch erzwungen, ist geschmacklos und kann seinen Konflikten nicht einmal annährend so etwas wie Bedeutung oder Tiefe beimessen, wobei auch die Gagquote im Keller bleibt. Versierte Schauspieler bleiben dabei im Regen stehen, was besonders im Falle Nora Tschirners sehr schade ist, während Schweiger seine routinierte, diesmal weitaus blassere Vorstellung abliefert. Gastauftritte von Heiner Lauterbach und Uwe Ochsenknecht bleiben weit hinter den Cameos des Originals, in denen Jürgen Vogel oder Rick Kavanian auftraten, weit zurück, aber vermutlich hatten diese beim Lesen des Skripts auch keinen Bock, sich so zum Affen machen. Man kann es ihnen kaum verübeln. Erst gegen Ende, als all die sinnlosen Streitereien zu einem Klimax kommen und man sich durch etliche Längen gewurschtelt hat, kommt reges Interesse am Plot auf, welches mit einem kitschigen Schluss und der (ohnehin über den ganzen Film) zu laut eingespielten Musik, welche die genuschelten Dialoge fortweht, aber wieder zerstört wird. Am Ende sind da ein paar amüsante Dialogszenen, der Rest ist Schmarrn. "Keinohrhasen" war zwei Jahre zuvor immerhin noch eine zwar langatmige, aber ganz unterhaltsame Komödie, das hier ist einfach schlecht. Gut, dass kein dritter Teil mehr kam.

Note: 5




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