Die Technik schreitet unglaublich schnell voran. Vor zwei oder drei Jahren hätten wir uns wohl kaum träumen lassen, dass wir eines Tages in sämtlichen Straßen der Welt Jagd auf virtuelle Pokemon machen können und dies ist wohl nur die Spitze des Eisbergs. In Zeiten von Facebook und YouTube ist auch der Reiz nach medialer Aufmerksamkeit im Netz gestiegen... der Traum vom Internet-Star ist nicht mehr nur ein Traum, sondern schnell greifbare Realität. Der Film "Nerve" passt perfekt in diesen Zeitgeist und spinnt die Thematik, die wir schon so gut kennen, sehr interessant weiter...
NERVE
Die junge Highschool-Schülerin Vee (Emma Roberts) erfährt von ihrer Freundin Sydney (Emily Meade) von einem geheimen Internet-Spiel namens "Nerve", in welchem sogenannte "Player" von Zuschauern Aufgaben gestellt bekommen, welche sie dann erfüllen müssen. Für jede bestandene Aufgabe gibt es nicht nur Geld, sondern möglicherweise auch immer neue Zuschauer. Als Vee sich als Playerin versucht, lernt sie Ian (Dave Franco) kennen, der ebenfalls "Nerve" spielt. Gezwungenermaßen werden sie ein Team und schlagen sich durch die anfangs noch spaßigen, später aber auch hochgefährlichen Challenges, wo schließlich das Spiel zu tödlichem Ernst zu werden droht...
Der Trailer zu "Nerve" hatte mich bereits sehr angesprochen und neugierig gemacht... die Thematik, die heute ja ohnehin sehr aktuell ist, schien clever weitergedacht zu sein, das Ding wirkte flott und rund. Also sah ich mir das Ding direkt am deutschen Starttag an, dämpfte meine Erwartungen aber ein wenig, da der Trailer zumindest schon suggerierte, dass man es gegen Ende wohl ein wenig übertreiben würde. Und im Grunde ist es auch genauso gekommen, nur dass der Pfeil am Ende noch ganz klar auf "positiv" stehen bleibt, auch wenn man nicht ohne Schrammen durchs Finale segelt.
Generell habe ich mich aber anderthalb Stunden lang sehr gut unterhalten gefühlt. Die Macher finden genau den richtigen Wechsel zwischen Spannung und Spaß und sorgen auch mal für heruntergeklappte Kinnläden, wenn sich die Zuschauer immer neue, fiesere Challenges einfallen lassen, um die "Player" herauszufordern. Dabei rudert man auch schön mit dem Zeitgeist mit. Immer wieder werden verschiedene Kommentare der Zuschauer eingeblendet, die auf sarkastische, aber auch mal ziemlich ehrliche und erschreckende Art und Weise Vee's und Ians Taten kommentieren. Und manchmal reicht da ein Blick auf die schockierend schnell ansteigenden Zuschauerzahlen, die sich voyuermäßig an mancher Szenerie ergötzen, um einem eine unwohlige Gänsehaut zu bescheren. So weit scheinen wir von einer solchen Realität tatsächlich nicht mehr entfernt und die unverkennbare Anlehnung an soziale, interaktive Netzwerke wie YouTube ist unverkennbar.
Auch die Spannungskurve steigt dabei immer wieder in ungeahnte Höhen und ich habe mich beispielsweise bei einer Motorradfahrt mit verbundenen Augen ziemlich stark in den Sessel gekreist. Die Macher finden dabei auch optisch ansprechende Wege, um das Spiel herüberzubringen, so leuchtet die Stadt gegen Ende immer mehr von angeschalteten Accounts und auch die Sicht aus dem Handybildschirm heraus, die uns ganz nah an die (gar nicht mal so eindimensionalen) Charaktere fesselt, sorgt für einige wirklich nette Spielereien. Auch der Spaß-Level ist besonders in der ersten Hälfte ziemlich hoch, es darf dank einiger trockener Sprüche und nettem Slapstick doch recht viel gelacht und geschmunzelt werden, auch wenn die eigentliche Botschaft darunter eine ziemlich ätzende und düstere bleibt. Denn dass Vee und Ian später auch mit heftigeren Dingen konfrontiert werden, liegt auf der Hand.
Zu Beginn beschreitet man diesen Weg mit Vee's Wandlung zum Superstar und der Entfremdung ihrer alten Freunde noch sehr hübsch, später gehen die Pferde aber mit den Autoren durch, wenn sich so manche Wendung und auch das ein oder andere Plothole als ziemlich bescheuert und überzogen offenbaren. Das eigentlich spannende Finale ist dabei dann so übertrieben und maßlos "krank", dass es auch mal unfreiwillig komisch wirken kann. Der Trailer spielte darauf aber auch schon an, sodass die Enttäuschung angesichts dieses doch eher mauen Showdowns nicht zu groß ausfällt. Bleiben noch Emma Roberts und Dave Franco zu erwähnen, die mit starker Spielfreude agieren und sich von der Story, die ihnen auch mal seltsame Wendungen auf den Leib schneidert, niemals unterkriegen lassen.
Fazit: Flotter Thriller mit aktuellem Thema, der niemals langweilt und Spaß und Spannung auf hohem Niveau bietet. Dass das Finale dabei die Pfade der Glaubwürdigkeit komplett verlässt, fällt zwar auf, kann das Vergnügen aber nicht deutlich schmälern.
Note: 2-
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