Direkt zum Hauptbereich

Project Almanac

Mittlerweile ist das Found-Footage-Prinzip, in welchem die Protagonisten ihre Erlebnisse selbst per Handkamera filmen, um dem Zuschauer eine wirkliche "Realität" vorzugaukeln, so dermaßen profitabel, dass man mit diesem schon munter durch etliche Genres gehüpft ist. Nach Superhelden, Monstern und Party-Komödien folgte 2015 also der erste Zeitreise-Thriller und sogar Michael Bay hüpfte als Produzent mit an Bord. Das Ergebnis ist überraschend unterhaltsam, auch wenn nicht alle gefährlichen Klippen umschifft werden können...

PROJECT ALMANAC


Der junge Highschool-Nerd David Raskin (Jonny Weston) entdeckt im Keller seines verstorbenen Vaters Baupläne und Spuren, die darauf hindeuten, dass dieser eine Zeitmaschine erschaffen wollte. Gemeinsam mit seinen Freunden baut Raskin diese Maschine nach und sie funktioniert tatsächlich. Erst will sich die Gruppe mit kleineren Veränderungen der Geschichte ihr eigenes Leben erleichtern, Geldschulden tilgen und fiese Schüler überraschen. Doch mit der Zeit bemerken sie, dass jede ihrer Taten furchtbare Konsequenzen nach sich zieht...

"Project Almanac" ist ein ziemlich unterhaltsamer Zeitreisen-Thriller geworden, bei welchem ich die eher zurückgehaltenen Kritiken nicht ganz nachvollziehen kann. Klar, der Film hat zweifellos seine Schwächen, so ermüden die ewigen, fehlschlagenden Versuche einer ersten Zeitreise zu Beginn ein wenig, die unvermeidliche Liebesgeschichte zwischen David und seinem Schwarm Jessie hat auch nicht wirklich viel Dampf und das letzte Drittel hätte mit etwas mehr Mühe und visuellen Spielereien noch um einiges intensiver sein können. 
Ansonsten habe ich aber gute anderthalb Stunden von 105 Minuten recht viel Spaß gehabt. Der Film erinnert dabei sehr stark an den damaligen Überraschungserfolg "Chronicle", in welchem eine Gruppe Jugendlicher ebenfalls neue Fähigkeiten fand und diese erst für einige harmlose Scherze einsetzte, bevor sie dann merkten, dass sie damit auch gehörigen Schaden anrichten. Ganz so heftig geht es in diesem doch eher spaßigen Thriller dann zwar nicht zu, aber es sind einige vielversprechende Ansätze dabei (die Endlosschleifen, wenn sich der ein und selbe Mensch in einer Zeitzone begegnet, sind grandios) und auch die Charaktere sind sehr nett inszeniert. Klar, es wird sicherlich nichts Neues erfunden und auch das Found-Footage-Prinzip fügt dem Werk nichts hinzu, womit es besser funktionieren würde, aber immerhin hat man die ansonsten in Zeitreisefilmen so oft vorkommenden Logiklöcher größtenteils vermieden und sich auf einen simplen, aber effektiven Kern konzentriert, in welchem die Charaktere immer wieder im Vordergrund stehen. 
Visuell ist das Ganze sehr ansprechend umgesetzt und gerade der Mittelteil, wenn die fünf Jugendlichen viel Schabernack mit ihrer neuen Macht treiben, ist große Unterhaltung. Durch die doch überraschend ausführliche Einführung der Figuren lernen wir auch mit ihnen zu sympathisieren und auch wenn nicht alle von ihnen große Tiefe erfahren, einer von ihnen später sogar ein Dasein im Aus fristen muss, ohne noch einmal großartig erwähnt zu werden, haben wir es mit einem netten Trupp zu tun, dem wir gern durch die Geschichte folgen und welchem wir auch mal einige Teenie-übliche Klischees verzeihen, wenn sie denn so sympathisch eingebunden werden. Dass Michael Bay als Produzent aufsprang ist ebenfalls eine kleine Überraschung, denn der Film entwickelt sich nie zu einem Action-Vehikel, bleibt eher klein und übersichtlich, kann dabei seine Geschichte aber gut präsentieren. 
Fazit: Solider Thriller mit einigen Anlaufschwierigkeiten und Hängern, dafür aber mit sympathischen Charakteren und einer simplen, aber gut inszenierten Geschichte. Einzig auf das Found Footage hätte ersatzlos verzichtet werden können.

Note: 3+




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid