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Deepwater Horizon

Und nun wird die nächste, tragische Katastrophe der US-Geschichte für das Kino aufgearbeitet. Katastrophenfilme, die auf realen Begebenheiten beruhen, sind im Kino beinahe schon ein eigenes Genre für sich und brachte beispielsweise mit James Camerons Mega-Blockbuster "Titanic" den bis dato zweiterfolgreichsten Film aller Zeiten heraus. Nun wird auch die Ölbohrkatastrophe der "Deepwater Horizon" aus dem Jahr 2010, bei welcher elf Menschen ihr Leben ließen, für die große Leinwand aufbereitet. Leider konzentriert man sich dabei mehr auf spektakuläre Action als auf wirklich gekonnte Dramatik...

DEEPWATER HORIZON


Mike Williams (Mark Wahlberg) arbeitet als Cheftechniker auf der Ölbohrplattform "Deepwater Horizon" und soll dort mitten im Meer für einundzwanzig Tage die Bohrungen beaufsichtigen. Als Donald Vidrine (John Malkovich), Vorsitzender des Mineralölunternehmens BP, die Arbeiter jedoch zu mehr Tempo anspornt, geschieht ein Unglück. Durch unzureichende Sicherheitsmaßnahmen kommt es zu einer Explosion und kurz darauf steht die Ölbohrplattform in Flammen. Für die Männer und Frauen an Bord beginnt ein Kampf ums Überleben...

Mit "Deepwater Horizon" hätte Peter Berg einen starken Katastrophenfilm mit kritischer Sichtweise abliefern können. Leider macht es sich Berg mit seinem neuesten Film aber etwas zu einfach und ordnet sich den Genre-Konventionen unter. Er beginnt das Werk mit einem angenehm ruhigen, streckenweise aber etwas zu langen ersten Akt, welcher sich über eine gute Dreiviertelstunde hinzieht. In diesem Akt sollen nicht nur die allgemeinen Geschehnisse auf einer Ölbohrplattform dargestellt und der Job der Männer und Frauen auf einer solchen Plattform verständlich dargestellt werden, auch die Figuren sollen nach und nach vorgestellt werden. 
Wo Berg mit der Erklärung der Arbeit für Nichtkenner des Jobs noch einige simple, aber eindrucksvolle Bilder erschafft, so versagt er mit der Vorstellung der einzelnen Figuren doch recht kläglich. Sämtliche Hauptfiguren bleiben größtenteils auf ein Attribut begrenzt, wir erfahren viel zu wenig über sie, und auch wenn sich Peter Berg viel Zeit nimmt, sie alle und ihre eigenen Konflikte in den Mittelpunkt zu rücken, so bleibt man hier sehr deutlich an der Oberfläche. Für gestandene Mimen wie Mark Wahlberg, Kurt Russell und John Malkovich bleibt da leider nicht viel mehr zu tun, als auf Autopilot zu fahren. Ihre Darstellungen überzeugen zwar, dennoch gibt ihnen das mittelmäßige Skript viel zu wenig Chancen, um wirklich aus dem Rahmen der eindimensional geschriebenen Figuren zu brechen, was gerade angesichts einer realen Tragödie mit real existierenden Menschen etwas schade ist. 
Sobald dann kurz vor der Halbzeit die Katastrophe ihren Lauf nimmt und das Tempo ab diesem Zeitpunkt immer weiter erhöht wird, zeigen sich die Auswirkungen einer solch mangelhaften Figurenzeichnung. Einen Großteil der Charaktere hat man bereits während der Sichtung des Films wieder vergessen und die anderen bleiben so blass, dass wir nur selten mit ihnen mitfiebern. Das ist schade, da Berg ansonsten eindrucksvolle und intensive Bilder findet, um diese Katastrophe darzustellen, ohne sich zu sehr an nicht enden wollenden Actionszenen zu ergötzen. Die Schnitte sind hart und rau, die Effekte erstklassig und auch die Kamera kann das hektische Chaos genau als solches einfangen, ohne dass der Zuschauer großartig die Orientierung verlieren würde. Dabei entstehen einige Szenen von beachtlicher Spannung und gegen Ende auch von hoher Dramatik, doch der Eindruck verhärtete sich immer weiter, dass mit etwas mehr Blick auf die Figuren noch mehr drin gewesen wäre. 
Noch dazu verweigert Berg den Blick auf weitere Handlungen, wie die ausgelöste Ölpest im Glof von Mexiko, und konzentriert sich voll und ganz auf die kernigen Männer auf der Ölbohrplattform. Das ist durchaus konsequent und Berg vermeidet es so auch, "Deepwater Horizon" mit zu viel Wirrwarr und Nebenhandlungen zu überladen. Dennoch macht er es sich mit einer solchen Heldengeschichte dann doch etwas zu einfach und liefert einen durchaus stark inszenierten und sehr spannenden Action-Reißer ab, der aber zu sehr an der Oberfläche bleibt.
Fazit: Durch mangelnde Charakterzeichnung bleibt der Film stark an der Oberfläche. Die Actionszenen sind hervorragend inszeniert und auch in Sachen Spannung bietet der Film einiges, leider ist er aber flach geraten und besitzt zu wenige Tiefen.

Note: 3-


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