Direkt zum Hauptbereich

Das Kabinett des Doktor Parnassus

Heath Ledgers Tod zu Beginn des Jahres 2008 war für die Filmbranche ein großer Verlust, viel zu früh verstarb der talentierte, junge Schauspieler, dessen Karriere mit seinem Auftritt in dem Meisterwerk "The Dark Knight" von Christopher Nolan wohl noch einmal einen ordentlichen Schub bekommen hätte. Während die Dreharbeiten an dem zweiten Teil von Nolans Batman-Trilogie zum Zeitpunkt von Ledgers Tod jedoch längst abgeschlossen waren, befand sich Terry Gilliams ebenfalls mit ihm besetztes Fantasy-Abenteuer "Das Kabinett des Doktor Parnassus" noch mitten in der Produktion, was den Regisseur zum Umdenken zwang...

DAS KABINETT DES DOKTOR PARNASSUS


Vor vielen Jahrhunderten ließ sich der unsterbliche Dr. Parnassus (Christopher Plummer) auf einen Pakt mit dem Teufel, auch Mr. Nick (Tom Waits) genannt, ein. Dabei versprach er ihm, als Preis für seine Unsterblichkeit, alle seine zukünftigen Kinder, sobald sie ihr sechzehntes Lebensjahr erreichen. Nun, in unserer heutigen Welt, zieht Parnassus mit seiner Tochter Valentina (Lily Cole) in einem Theaterwagen durch das Land, um ahnungslose Leute in die Falle eines sehr realen Gedankenspieles zu locken, welches ebenfalls ein Spiel zwischen ihm und dem Teufel darstellt. Als der Teufel jedoch schließlich die Schuld einfordert, taucht der geheimnisvolle Tony (Heath Ledger) auf, welcher die letzte Rettung für Valentina sein könnte...

Eigentlich war Terry Gilliams "Das Kabinett des Doktor Parnassus" bereits abgesagt, denn als mit Heath Ledger einer der Hauptdarsteller mitten in den Dreharbeiten verstarb, schien es erst keine Möglichkeit zu geben, das Proojekt noch angemessen weiterzuführen. Eine Lösung wurde dennoch gefunden: Ledgers Part war in der "realen" Welt so gut wie abgedreht, in der von Gilliam reichlich bunt ausgestatteten Fantasie-Welt übernahmen schließlich die mit Ledger befreundeten Johnny Depp, Jude Law und Colin Farrell den Part, was durch die Geschichte auch einigermaßen logisch erklärt wird. Alle drei spendeten die Gage an Ledgers kleine Tochter und verhalfen so Gilliams Wunschprojekt doch noch zu einer Verwirklichung, die bei uns zu Beginn des Jahres 2010, fast zwei Jahre nach Ledgers Tod, in die Kinos kam. 
Natürlich besitzt "Das Kabinett des Doktor Parnassus" durch den wirklich letzten Auftritt des großartigen, viel zu jung verstorbenen Schauspielers eine ohnehin tragische Note, dies ist aber auch der einzige Punkt, mit welchem Gilliam beim Zuschauer etwaige Emotionen wecken kann. Natürlich muss man ihm Lob angesichts des Gelingen des Projektes aussprechen, welchem so viele Steine in den Weg gelegt wurden, dennoch ist es extremes Stückwerk geworden und Gilliam scheint mehrfach tatsächlich die Kontrolle über den Film verloren zu haben. Die sehr wirre Geschichte interessiert sich eher für die arg bunten, von schlechten Effekten beheimateten Bilderwelten als für seine skurillen Charaktere, sodass der Zuschauer weder Bindung zu den Figuren noch zu der Story an sich aufbauen kann, welcher es an jeglichem roten Faden und auch an einem passenden Spannungsboden fehlt. Gilliam möchte die Zuschauer lieber mit allerlei verrückten Ideen zum Staunen zu bringen, durch die extreme Künstlichkeit der Bilder und das immer Mehr und Mehr von verrückten Dingen, was irgendwann einfach zu viel und zu unsinnig wird, bleibt dieses jedoch abwesend. 
Die Geschichte ist sicherlich originell und auch irgendwie charmant, schafft es aber nie, den Zuschauer zu packen. Das realistische Ambiente unserer heutigen Zeit, welches Themen wie Liebe, Alkoholismus, Sex und Familie anfasst, beißt sich sehr extrem mit den enorm fantastischen Welten, die Gilliam hinter dem Vorhang erschafft. Beide Welten finden niemals passend zueinander, was auch den unterentwickelten Charakteren liegen mag, die zwar von durchaus fähigen Schauspielern verkörpert werden, denen durch das wirre Drehbuch aber nie genügend Luft zum Atmen gegeben wird, da sich der Regisseur lieber direkt in das nächste Wirrwarr aus Bildern und Effekten stürzt. Da wird sogar der große Christopher Plummer ein wenig im Regen stehen gelassen, Andrew Garfield und Lily Cole mühen sich redlich, doch einzig Heath Ledger kann all dies ein wenig zusammenhalten. Sobald Gilliam pünktlich zum Finale dann jedoch komplett überdreht und zum erneuten Male Style über Substanz liegen lässt, dann ist sogar er machtlos. 
Das Drehbuch ist leider eine mittelschwere Katastrophe und auch dem Film merkt man an, dass da inszenatorisch jede Menge Stückwerk der Fall war. Inwiefern dies mit der schwierigen Produktion zusammenhängt, lässt sich rückblickend schwer sagen. Einfacher sagen kann man jedoch, dass "Das Kabinett des Dr. Parnassus" schlichtweg kein guter Film geworden ist.
Fazit: Heath Ledgers Abschied in seinem letzten Film ist ein schöner geworden, der Rest des Films ist wirres Stückwerk, wo Bilder über Geschichte und Charaktere siegen. Zu viel Fantasie ist eben auch nicht immer schön, denn der Film wird niemals passend geerdet.

Note: 4-



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid