Direkt zum Hauptbereich

Mein Blind Date mit dem Leben

Das deutsche Kino wird 2017 sicherlich wieder den ein oder anderen Hit auffahren: Der Ende 2016 angelaufene "Vier gegen die Bank" erwies sich zwar nicht als eine allzu große Nummer, dafür warten andere deutsche Komödien noch auf ihren Start, nicht zuletzt die sicheren Fortsetzungs-Hits "Bibi & Tina 4" und "Fack Ju Göhte 3". Auch der durch einen starken Trailer beworbene "Mein Blind Date mit dem Leben" dürfte ein Erfolg werden, auch wenn es sich dabei nicht um reine Komödie, sondern viel mehr um ein ansprechendes Drama im Feel-Good-Mantel handelt...

MEIN BLIND DATE MIT DEM LEBEN


Als der junge Schüler Saliya Kahawatte (Kostja Ullmann) kurz vor seinem Abitur beinahe sein gesamtes Augenlicht bis auf verschwommene fünf Prozent einbüßt, scheint sein Traum von einem Job in einem renommierten Hotel verloren. Dennoch bewirbt er sich beim Bayrischen Hof in München... und verschweigt dabei seine Behinderung. Saliya wird aufgenommen und muss eine Probephase bestehen, wobei ihm sein Kollege Max Schröder (Jacob Matschenz) unter die Arme greift, der schon früh von "Sali's" Krankheit erfährt. Als Sali sich jedoch auch noch in die Mitarbeiterin Laura (Anna Maria Mühe) verliebt und die verschiedenen Aufgaben im Hotel beginnen, ihn immer mehr zu überfordern, scheint sein aufgebautes Kartenhaus zusammenzubrechen...

Der Trailer ließ es bereits erahnen: Mit "Mein Blind Date mit dem Leben" erwartet den Zuschauer ein deutscher Film, der zielgerecht zwischen Drama und Komödie springt, ohne dabei irgendjemanden zu verprellen, der dabei aber auch eine schöne, aufbauende Geschichte nach einer wahren Begebenheit erzählt. Das ist natürlich Feel-Good-Kino vom Allerfeinsten, eines, welches so gezielt und genau die Gefühle des Zuschauers anspricht, dass man am Ende eben gar nicht anders kann als den Kinosaal mit einem wohligen Lächeln zu verlassen. Anspruchsvoll ist das nicht immer, dafür erzählt der oscarnominierte Regisseur Marc Rothemund diese Geschichte mit sehr viel Herz, schönem Humor und sympathischen Charakteren, sodass man rundum viel Spaß hat. 
Sämtliche einzelnen Plots erweisen sich dabei durchgehend als effektiv: Sowohl Salis Bemühungen, im Hotel "Bayrischer Hof" Fuß zu fassen als auch seine aufkeimende Freundschaft zu dem deutlich gröberen, dabei aber natürlich auch herzlichen Aufreißer und Sprücheklopfer Max sind sowohl für emotionale als auch für sehr, sehr lustige Szenen gut, wobei man sich zum Glück nie auf dämlichem Fäkalhumor ausruht, sondern gekonnt zwischen trockenem Wortwitz und nettem Slapstick wechselt. Sogar die langsam anrollende Liebesgeschichte zwischen Sali und Laura funktioniert dabei mehr als ordentlich, auch wenn sie zum Schluss dann doch eher halbgar zu ihrem nötigen Happy End kommt... bei all diesen Strapazen und Verquerungen ist auch offensichtlich, dass sich die Macher einige kreative Freiheiten nahmen, um der ohnehin bewegenden, wahren Geschichte noch etwas zusätzlichen Schwung zu verleihen. Das wäre nicht unbedingt nötig gewesen, stört aber auch nicht, da der Film dadurch ein hohes, angenehmes Tempo bekommt, wobei die 111 Minuten beinahe wie im Fluge vorbeiziehen. 
Auch schauspielerisch überzeugt "Mein Blind Date mit dem Leben" praktisch durchgehend. Jacob Matschenz überdreht nur in wenigen Momenten zu sehr, erweist sich ansonsten als grandioser Sidekick, dem die Sympathien des Zuschauers sicher sind. Neben ihm glänzt Kostja Ullmann in der Hauptrolle, der die Balance zwischen Hilflosigkeit, Selbstbewusstsein und Charme hervorragend hält und dabei mehr als einmal brilliert. Neben einer soliden Anna Maria Mühe fällt auch YouTube-Star Nilam Farooq auf, die es zuvor unter dem Namen "daaruum" auf über eine Millionen Abonennten auf der Videoplattform brachte und seit einiger Zeit auch als Schauspielerin aktiv ist. Eine gewisse Präsenz kann man ihr dabei auch nicht absprechen, auch wenn es noch ein wenig an Natürlichkeit mangelt. Gibt man der jungen Dame aber zukünftig noch ein paar Chancen, könnte sie sich diese durch mehr Übung locker aneignen, das Potenzial dazu hat sie sicherlich. Ganz besonders hervorheben muss man an dieser Stelle aber auch Johann von Bülow, der Sali als Leiter des Hotels mehr als einmal das Leben schwer macht und sich dabei als echter Szenendieb erweist, der den Hauptdarstellern mehrfach die Schau stiehlt.
Fazit: Sympathischer Beitrag zum deutschen Kino, der seine wahre Geschichte mit viel Herz und Witz ausstattet. Das ist nicht immer anspruchsvoll, dafür aber sehr sympathisch und auch sehr gut gespielt.

Note: 2-




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se