Direkt zum Hauptbereich

Let Me In

Horror-Remakes sind selten eine gute Idee, oft schon wurde der Ton des Originals in einer amerikanischen Neuverfilmung verfehlt, wodurch Atmosphäre und Suspense verloren gingen... "Halloween" oder "Freitag der 13." sind da nur zwei von vielen Beispielen. Auch "Let Me In" wurde skeptisch entgegengeblickt, stellte sich dann jedoch als Film heraus, der auch von Fans des Originals "So finster die Nacht" gefeiert wurde. Das Original habe ich nie gesehen (auch wenn ich vorhabe, dies noch nachzuholen), weswegen ich Matt Reeves' Horror-Thriller ohne weitere Vergleiche genießen konnte... und ich habe mich tatsächlich sehr gut unterhalten gefühlt.

LET ME IN


Der zwölfjährige Owen (Kodi Smit-McPhee) lebt zusammen mit seiner Mutter (Cara Buono) in Los Alomos, New Mexico, und hat es dabei nicht leicht. In der Schule wird er böse gehänselt und der telefonische Scheidungskrieg zwischen seinen Eltern färbt auch auf ihn ab, lässt ihn sogar in Gewaltfantasien schwelgen. Als er eines Tages seine neue Nachbarin, die zwölfjährige Abby (Chloe Grace Moretz), kennenlernt, die gemeinsam mit ihrem Vater (Richard Jenkins) hergezogen ist, scheint sich dies zu ändern. Durch die Beziehung zu Abby schöpft Owen neues Selbstbewusstsein. Doch Abby verbirgt ein furchtbares Geheimnis, welches sich nicht mehr lange verstecken lässt...

"Let Me In" ist ein etwas anderer Horrorfilm, der gerade deswegen definitiv seine Fans gefunden hat. Natürlich gibt es einige typische Horrorszenarien, in denen es auch ziemlich blutig zugeht und manch ein Handlungsträger böse dahingerafft wird, was Regisseur Matt Reeves auch stets in sehr atmosphärische Bilder einfängt. Darüber hinaus ist es im Kern jedoch die Geschichte einer sehr untypischen Freundschaft, vielleicht auch einer Liebe, die einen bitteren Beigeschmack erhält, aber dennoch immer wieder zu berühren weiß. 
Abby ist es wegen ihres düsteren Geheimnisses eigentlich nicht erlaubt, wirkliche Freundschaften zu schließen, wovon auch ihr behütender Vater sie abzuhalten versucht. Dennoch sucht sie Nähe und findet diese im traumatisierten Owen, der in seinem Alltag stets schreckliche Dinge über sich ergehen lassen muss. Diese beiden Figuren werden angenehm tief gezeichnet und niemals in Schubladen gesteckt, wovor sich der Film generell scheut. Es gibt keinen wirklichen Bösewicht, keinen Antagonisten, genauso wenig gibt es aber auch echte Helden oder Gutmenschen. Einzig der die Mordfälle in Los Alomos untersuchende Polizist, gespielt von Elias Koteas, könnte in ein solches "Klischee" gesteckt werden, da er jedoch kaum im Mittelpunkt steht, sollte man darüber glatt hinwegsehen. 
Über seinen weiteren Verlauf schraubt sich der Film in Sachen Tempo und Dringlichkeit immer höher, ohne sich dabei zu hetzen. Er bietet einige spektakuläre Wendungen, die auch mal überraschen können (auch wenn die Story als Ganzes doch ein wenig vorhersehbar abläuft) und liefert auch einige hochspannende Szenen, wenn Reeves trickreich auf der Horror-Klaviatur herumspielt, verliert dabei aber niemals die emotionale Beziehung seiner beiden Protagonisten aus den Augen. Nur in wenigen Momenten hätte man sich ein wenig mehr Ausführlichkeit gewünscht, manch ein Wandel eines Charakters ging mir ein wenig zu flott und auch das CGI hätte dringend noch einmal nachbearbeitet werden müssen, denn in den "fantastischeren" Szenen des Films, in denen Abby ihr Geheimnis offenbart, sehen wir doch einige visuelle Tricks, die eher albern als gruselig aussehen. 
Getragen wird der Film zu Großteilen von seinen beiden grandiosen Hauptdarstellern, die für ihr damals junges Alter tatsächlich Meisterhaftes leisten. Chloe Grace Moretz ist natürlich immer gut, hier zeigt sie erneut, mit wie viel Reife und Tiefe sie einen schwierigen Charakter wie Abby ausfüllen kann, ohne dabei an Natürlichkeit und Ausstrahlung zu verlieren. Kodi Smit-McPhee bietet ihr dabei manches Mal Paroli und passt nicht nur optisch in die Rolle des ausgestoßenen und in der großen Welt verlorenen Kindes, welches Anhang sucht. In den emotional erschütternden Szenen spielt er dabei stets ganz groß auf. Neben den beiden sind auch bekannte Namen wie Richard Jenkins in einer tragenden Nebenrolle, die auch in Details einiges an emotionalem Ballast bereithält, sowie "Lost"-Star Dylan Minnette als fieser Schul-Bully zu sehen... ebenfalls Parts, die schnell in Klischees hätten abdriften können, dies dank des cleveren und einfühlsamen Drehbuchs aber niemals tun.
Fazit: Intensiver Horrorfilm, welcher durch die im Mittelpunkt stehende Beziehung zweier unterschiedlicher Kinder an emotionaler Fahrt gewinnt. Durch tolle Bilder und grandiose Schauspieler ein atmosphärisch dichtes Werk, welchem nur in Details ab und zu ein wenig die Puste ausgeht.

Note: 2-






Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr...

Meine Erstsichtungen vom 08.07.24 bis zum 14.07.24

Girl You Know It's True: Musiker-Biopic von Simon Verhoeven, mit Tijan Njie, Elan Ben Ali, Matthias Schweighöfer, Bella Dayne, Mitsou Young und Graham Rogers Dem Film über das umstrittene Musik-Duo Milli Vanilli gelingt das Kunststück, einerseits ungemein unterhaltsam zu sein und andererseits einen der größten Skandale der Musikgeschichte zu erzählen, ohne ihn großartig auszuschlachten. Stattdessen gibt der Film den beiden verrufenen Künstlern ihre Würde zurück, indem er die Hintergründe des Aufstiegs und Falls der beiden Ikonen genau dezidiert und dabei nicht wütend mit dem Finger auf einen bestimmten Schuldigen zeigt - das ist dann auch für Kenner noch hochinteressant, bisweilen spannend und mit einigen emotionalen Tiefschlägen ausgestattet. Trotz einiger Längen hält Simon Verhoevens Regie den Film durchweg am Leben, die Musikszenen sind energetisch inszeniert. Zudem wissen nicht nur Tijan Njie und Elan Ben Ali in den Hauptrollen durchweg zu überzeugen, sondern auch Matthias Schw...

Cold Comes the Night

Die alleinerziehende Mutter Chloe (Alice Eve) leitet ein heruntergekommenes Motel, wo immer wieder zwielichtige Gäste eintrudeln und sogar die örtlichen Prostituierten ein Zimmer nehmen, um sich mit ihren Kunden zu vergnügen. Für Chloes Tochter Sophia (Ursula Parker) ist dies kein geeigneter Wohnort, findet das Jugendamt, und droht deswegen sogar damit, sie Chloe wegzunehmen. Als eines Abends ein mysteriöser Reisender (Bryan Cranston) um ein Zimmer für eine Nacht bittet und sich bereits am Empfang merkwürdig verhält, wird Chloe bereits hellhörig. In der Nacht fallen plötzlich Schüsse und zwei Bewohner der Appartements werden tot aufgefunden. Doch ist dies erst der Beginn einer wahren Tortur, durch welche Chloe in den nächsten Stunden noch wird gehen müssen... Es gibt durchaus einige Filme, bei denen ich mich nachträglich mehr als gewundert habe, warum diese nicht das Licht der Leinwand erblickt haben, sondern direkt für den Heimkinomarkt ausgewertet wurden - noch vor Zeiten von großen ...